Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage der Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen
Leitsatz (NV)
Beim Erwerb von Genossenschaftsanteilen i.S. des § 17 EigZulG kann die Einlage nicht durch Abtretung des Anspruchs auf Eigenheimzulage erbracht werden.
Normenkette
EigZulG § 17
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Eigenheimzulage bei der Anschaffung von Genossenschaftsanteilen.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) trat am 15. Dezember 2002 mit 20 gezeichneten Genossenschaftsanteilen im Wert von 5 113 € der Wohnungsgenossenschaft X-e.G. (im Folgenden: WG) bei. Am Tag des Beitritts leistete sie 10 v.H. (= 25,56 €) der gesetzlichen Hafteinlage. Hierüber hatte die Genossenschaft mit der Klägerin folgende Vereinbarung getroffen:
"Der/die Unterzeichnende bekommt seine Einzahlungsverpflichtung wie folgt gestundet: Die Bezahlung der Bearbeitungsgebühren und anschließend die Erbringung der Einlage erfolgt direkt durch die abgetretene Eigenheim- und Kinderzulage. Es sind eigene Zuzahlungen möglich, jedoch nicht notwendig, und können auch später nicht verlangt werden. Auf Grund gesetzlicher Vorschriften müssen 10 v.H. der Hafteinlage (255,65 €) sofort eingezahlt werden. Diese Einzahlung von 25,56 € und die Einzahlung des Eintrittsgeldes auf o.g. Konto der WG X-eG sind Voraussetzung, dass der Vorstand das Mitglied aufnimmt.
… Diese Regelung gilt unter folgenden Voraussetzungen: es wird ein Anteil von 2.556,50 € je Kind (für das er Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhält), mindestens 5.113 € gezeichnet. …."
Die Klägerin beantragte Eigenheimzulage ab 2002 sowie Kinderzulage für ihre Tochter. Zugleich zeigte die Klägerin die Abtretung gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) an. Der Erklärung war die Bestätigung der WG über eine geleistete Einlage in Höhe von 25,56 € beigefügt.
Das FA setzte die Eigenheimzulage 2002 auf 1 € und die Kinderzulage auf 25 € fest. Dem weiter gehenden Begehren der Klägerin, die Eigenheimzulage von einem betragsmäßig höheren Geschäftsguthaben --gebildet aus dem zuvor abgetretenen Anspruch auf Eigenheimzulage (Grundförderung und Kinderzulage)-- zu bemessen, entsprach das FA nicht.
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 418 veröffentlichten Urteil ab. Bei der Festsetzung der Eigenheimzulage sei nur die tatsächlich geleistete Zahlung für den Erwerb der Genossenschaftsanteile als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe den Begriff der "geleisteten Einlage" in unzulässiger Weise auf Einzahlungen reduziert. Zudem habe die Überprüfung, ob Grundförderung und Kinderzulage die Bemessungsgrundlage des § 17 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) überschreite, erst mit Ablauf des 8-jährigen Begünstigungszeitraumes zu erfolgen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Eigenheimzulage für 2002 auf 257 € festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend haben FG und FA lediglich die tatsächlich für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen geleistete Zahlung bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage des Fördergrundbetrages berücksichtigt.
1. Nach § 17 Satz 1 und Satz 2 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage --neben weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen-- einmal für die Anschaffung von Geschäftsanteilen von mindestens 5 113 € an einer eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen. Der Fördergrundbetrag beträgt nach § 17 Satz 4 EigZulG jährlich 3 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 1 227 € pro Förderjahr. Ferner kann der Anspruchsberechtigte eine jährliche Kinderzulage nach § 17 Satz 5 EigZulG in Höhe von 256 € beanspruchen.
Bemessungsgrundlage für die festzusetzende Eigenheimzulage ist die "geleistete Einlage" (§ 17 Satz 3 EigZulG), bei der es sich um eine Geld(ein)zahlung handeln muss (z.B. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 17 Rz. 35; Boeker in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 17 EigZulG Anm. 14; Blümich/Erhard, § 17 EigZulG Rz. 26; Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz. 554; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl., Tz. 634).
a) Hierfür spricht zum einen der Wortlaut der Vorschrift. Der Begriff der "geleisteten Einlage" knüpft --ähnlich wie die "geleistete Einlage" in § 15a Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an die Begriffsbestimmung in § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (siehe dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Dezember 2002 IX R 24/00, BFH/NV 2003, 894, unter II. 1.)-- an § 7 Nr. 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) an. Danach muss die Satzung der Genossenschaft "den Betrag, bis zu welchem sich die Genossen mit Einlagen beteiligen können (Geschäftsanteil), sowie die Einzahlungen auf den Geschäftsteil, zu welchen jeder Genosse verpflichtet ist", bestimmen. Es wird also zwischen "Einlagen" (abstrakter/konstitutiver Geschäftsanteil) und konkreten "Einzahlungen" differenziert. Die sog. Pflichteinzahlungen sollen die Genossenschaft mit den für ihren Geschäftsbetrieb notwendigen flüssigen Mitteln ausstatten (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 15. Juni 1978 II ZR 13/77, Der Betrieb --DB-- 1978, 1777, unter 3. b). Dies geschieht --entsprechend der gesetzlichen Differenzierung zwischen Einlagen und Einzahlungen-- zwingend (vgl. Lang/ Weidmüller/Metz/Schaffland, Genossenschaftsgesetz, 33. Aufl., § 7 Rdn. 27; Gräser H/P/G/R, GenG, 2. Aufl., § 7 Rn. 7; Bauer, Genossenschafts-Handbuch, § 7 GenG Rdnr. 8; Müller, Kommentar zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 2. Aufl., § 7 Rn. 10) oder zumindest üblicherweise (Beuthin, GenG, 14. Aufl., § 7 Rn. 6) in Form einer Geldzahlung.
b) Für eine Beschränkung auf Geld(ein)zahlungen spricht auch der Zweck des § 17 EigZulG: Denn durch die Einbeziehung des Erwerbs von Anteilen an eigentumsorientierten Wohnungsbaugenossenschaften in die Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz sollten auch im Bereich des genossenschaftlichen Wohnens Anreize für die Bildung und den Erwerb von Wohneigentum geschaffen werden. Zudem sollte durch die Einbeziehung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen in die Eigenheimzulagenförderung erreicht werden, die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften durch Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals zu verbessern, um so die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau zu schaffen (BTDrucks 13/2784, S. 40).
c) Die Systematik des § 17 EigZulG bestätigt ebenfalls dieses Ergebnis. Hiernach muss der Steuerpflichtige zunächst eigenes Kapital aufbringen. Denn auch wenn er sich an der Genossenschaft nur mit der Mindesteinlage von (im Streitjahr 2002) 5 113 € beteiligt und diese sofort in voller Höhe einzahlt, erhält er die Eigenheimzulage nur als Zulageauf seine Vorleistung über die Dauer des Begünstigungszeitraumes verteilt.
2. Nach diesen Grundsätzen ist es ausgeschlossen, dass die --die Bemessungsgrundlage bildende-- Einlage derart durch Abtretung eines Anspruchs auf Eigenheimzulage geleistet werden kann, dass das Geschäftsguthaben (fast) ausschließlich durch die festzusetzende Eigenheimzulage erbracht wird. Denn die Eigenheimzulage kann nicht, wie bereits FG und FA zutreffend herausgestellt haben, zur Bemessungsgrundlage ihrer selbst werden.
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin als Zahlung auf die Genossenschaftsanteile nur einen Betrag in Höhe von 25,56 € geleistet.
Zu Recht hat das FA --unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 25,56 €-- den Fördergrundbetrag gemäß § 17 Satz 4 EigZulG auf 1 € festgesetzt. Zwar beträgt die daneben zu gewährende Kinderzulage gemäß § 17 Satz 5 EigZulG jährlich 256 €. Die Summe aus Fördergrundbetrag und Kinderzulage darf jedoch nach § 17 Satz 6 EigZulG die Bemessungsgrundlage nicht überschreiten. Diese Begrenzung des Gesamtfördervolumens ist vom FA bereits bei der erstmaligen Festsetzung der Eigenheimzulage zu beachten (Wacker, a.a.O., § 17 Rz. 50). Das FA hat daher zutreffend die Förderung auf die Höhe der geleisteten Einlage begrenzt und die Kinderzulage bei einem Betrag von 25 € gekappt.
b) Weder eine hiervon abweichende Satzung der WG noch die vereinbarte "Stundung" der Einzahlungsverpflichtung führen zu einer anderen Beurteilung. Eine unterschiedliche Sachbehandlung gegenüber Herstellungs- und Anschaffungskosten i.S. des § 8 Satz 1 EigZulG liegt bereits deshalb nicht vor, weil mit der Stundungsvereinbarung keine Fälligkeitsabrede getroffen, sondern die vertragliche Hauptleistungspflicht der Klägerin unmittelbar gestaltet wurde. Denn hiernach war die Klägerin nur zu einer Einzahlung in Höhe von 25,56 € verpflichtet. Auf einen höheren Betrag konnte sie auch nicht in Anspruch genommen werden. Auf die gewählte Bezeichnung als "Stundung" kommt es daher nicht an.
Fundstellen
Haufe-Index 1497804 |
BFH/NV 2006, 1065 |
HFR 2006, 559 |