Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstückserwerb bei Erbauseinandersetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch einen Miterben zur Nachlassteilung ist grunderwerbsteuerfrei. Dies gilt auch dann, wenn Geschwister als Miterben in einer notariellen Vereinbarung das bestehende Gesamthandeigentum in Bruchteilseigentum umwandeln und gleichzeitig die Übertragung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks gegen Ausgleichszahlung regeln.
2. Die Begründung von Bruchteilseigentum an einem Grundstück im Rahmen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben stellt von vornherein eine Zwischenlösung dar, wenn wirtschaftlich letztlich gewollt ist, dass der hälftige Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf den eine Ausgleichszahlung leistenden Miterben übergeht und dieser Alleineigentum erwerben soll.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 3, § 6 Abs. 1; BGB §§ 741, 1008; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vorliegen.
Der am 25.05.1998 verstorbene Vater der Klägerin, Herr I. O., war Alleineigentümer eines bebauten Grundstücks in der I-Straße 8 in T-Stadt (eingetragen beim Amtsgericht I-Stadt im Grundbuch von C-Stadt, Gebäude- und Freifläche in Größe von 781 m² – nachfolgend auch Grundstück genannt –). Er wurde von seiner am 26.11.2016 nachverstorbenen Ehefrau, Frau J. O., zu ½ Anteil sowie von seinen beiden Kindern, der Klägerin und ihrer Schwester, Frau N. O., zu je ¼ Anteil beerbt. Frau J. O. wurde zu je ½ von ihren beiden Töchtern, der Klägerin und ihrer Schwester beerbt. Die Klägerin und ihre Schwester waren somit über die Erbengemeinschaft nach ihrem Vater und der (Unter-)Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter im wirtschaftlichen Ergebnis zu je ½ an dem Grundstück beteiligt.
In einer notariellen Vereinbarung vom 08.06.2017 schlossen die Klägerin und ihre Schwester einen Teilerbauseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag. Unter § 2 (Aufhebung der Erbengemeinschaft, Bruchteilsgemeinschaft) bewilligten und beantragten sie „zum Zwecke der Teilerbauseinandersetzung die Aufhebung der Erbengemeinschaft nach den verstorbenen Eltern und die Umwandlung des bestehenden Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum zu den der Erbquote entsprechenden Berechtigungsbruchteilen und die Eintragung im Grundbuch”. Die Bruchteilseigentumsverhältnisse stellten sich wie folgt dar: Schwester der Klägerin: ½ – Anteil aus Erbfolge, Klägerin: ½-Anteil aus Erbfolge. Weiter vereinbarten sie unter § 3 (Erbauseinandersetzung und Übertragung) die Übertragung des ½-Anteils aus der Erbfolge an dem Grundstück von der Schwester der Klägerin auf die Klägerin gegen Zahlung einer Gegenleistung i.H.v. 31.500 EUR. Im Ergebnis sollte damit die Klägerin gegen Ausgleichzahlung an ihre Schwester alleinige Eigentümerin des Grundstücks werden. Unter § 6 (Auflassung) erklärten die Vertragsparteien die Auflassung in der Art, dass der ½-Anteil der Schwester der Klägerin aus der Erbfolge an dem Grundstück auf die Klägerin als Eigentümerin übergeht. Zugleich bewilligten und beantragten sie die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urkunde vom 08.06.2017 (UR-Nr. 286/2017 des Notars Dr. X, T-Stadt) Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 19.06.2017 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer i.H.v. 2.047 EUR (6,5 % von 31.500 EUR) im Hinblick auf den Erwerb des hälftigen Anteils an dem Grundstück fest.
Der Klägerin legte Einspruch ein und machte geltend, der Erwerb des Anteils an dem Grundstück sei nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei. Sie, die Klägerin, und ihre Schwester seien Miterben geworden und die Übertragung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks sei zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgt. Soweit der Beklagte im Verlauf des Einspruchsverfahrens auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz vom 16.04.2015 (4 K 1380/13) verwiesen habe, betreffe dieser Fall einen anderen Sachverhalt. In dem dort entschiedenen Fall habe zwischen der Erbauseinandersetzung mit Begründung von Bruchteilseigentum und dem grunderwerbsteuerauslösenden Erwerb von Miteigentumsanteilen ein Zeitraum von mehreren Jahren gelegen. Zudem sei die Bruchteilsgemeinschaft in das Grundbuch eingetragen worden. Im Streitfall liege mit der notariellen Urkunde vom 08.06.2017 dagegen ein einheitliches Vertragswerk vor, welches eindeutig den Grundstückserwerb zur Teilung des Nachlasses zum Gegenstand gehabt habe. Die Begründung des Bruchteilseigentums sei hierfür lediglich ein notwendiger Zwischenschritt. Dabei sei es nie beabsichtigt gewesen, diese Bruchteile ins Grundbuch einzutragen. Bereits mit der Übertragung des Anteils gemäß § 3 der notariellen Urkunde sei die Bruchteilsgemeinschaft an dem Grundstück obsolet geworden.
Am 02.08.2017 erfolgte sodann die Eintragung der Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstücks im Grundbuch. Bis dahin war noch ihr Vater als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Eine Zwischeneintra...