rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Tenor
Unter Änderung des Bescheides vom 23.01.1996 wird die Einkommensteuer 1991 auf DM 4.395 festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf DM 360 festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Zu ihrem Haushalt gehören drei in den Jahren 1980, 1982 und 1983 geborene Kinder. Im Jahre 1991 (Streitjahr) war der zu 50 % in seiner Erwerbsfähigkeit geminderte Kl. als Studienrat nichtselbständig tätig. Die Klägerin (Klin.) erledigte neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau Buchführungsarbeiten für eine Arztpraxis auf der Basis eines pauschaliert lohnversteuerten Arbeitsverhältnisses.
Die Kl. machten mit ihrer Einkommensteuer-(ESt-)Erklärung 1991 Kinderbetreuungskosten für ihre drei Kinder in Höhe des Pauschbetrages geltend. Der Beklagte (Bekl.) folgte dem mit dem ESt-Bescheid 1991 vom 21.12.1992 nicht. Die Kl. legten hiergegen Einspruch ein, der im Streitpunkt erfolglos blieb (Einspruchsentscheidung (EE) des Bekl. vom 05.01.1994). Der Bekl. führte aus, die Betreuungskosten seien nicht wegen der Behinderung des Kl., sondern wegen der Berufstätigkeit beider Kl. entstanden.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kl. tragen vor, ihnen seien im Streitjahr Aufwendungen für die Betreuung ihrer drei Kinder entstanden. Sie legen hierzu Bestätigungen vom 12.06.1994 von 2 Betreuungspersonen mit folgendem Wortlaut vor: „Ich habe 1991 häufig die Kinder der Familie … bzw. beaufsichtigt. Meine Leistungen wurden mir den Stunden entsprechend vergütet.”
Die Klin. habe ihre Arbeitnehmertätigkeit mindestens einmal wöchentlich – gewöhnlich mittwochs – an Nachmittagen – in der Arztpraxis ausgeübt. Während dieser Abwesenheitszeiten habe sie eine Aufsicht für die Kinder benötigt.
Die Kl. meinen, die Betreuungskosten seien auch wegen der Behinderung des Kl. entstanden. Die Kl. legen hierzu eine Bescheinigung des Klinikums Minden vom 29.04.1994 vor, wonach der Kl. am Ende des Arbeitstages kranheits- und behinderungsbedingte Ruhephasen benötige, durch die die Betreuung seiner Kinder eingeschränkt sei. Wegen der Einzelheiten dieser Bescheinigung wird auf Bl. 20 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Kl. beantragen,
die ESt-Festsetzung des Streitjahres zu ändern und dabei Kinderbetreuungskosten in Höhe der Pauschbeträge von insgesamt DM 1.440 steuermindernd zu berücksichtigen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, behinderungsbedingte Kinderbetreuungskosten seien nicht entstanden. Im übrigen sei er an die Verwaltungsanweisung in Abschn. 195 Abs. 3 Satz 7 der Einkommensteuerrichtlinien 1990 (EStR 1990) gebunden.
Der Bekl. hat den ESt-Bescheid 1991 vom 23.01.1996 erlassen, mit dem er die Festsetzung nachträglich für vorläufig gem. § 165 Abgabenordnung (AO) erklärt hat. Die Kl. haben diesen Bescheid gem. § 68 FGO zum Verfahrensgegenstand gemacht.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gem. § 33 c Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG können unbeschränkt einkommensteuerpflichtige und nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung zum Haushalt gehörender, unter 16 Jahre alter Kinder mit einem Pauschbetrag von DM 480 je Kind als außergewöhnliche Belastung geltend machen, soweit die Aufwendungen wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung oder wegen Krankheit eines Ehegatten erwachsen, wenn der andere Ehegatte erwerbstätig oder ebenfalls krank oder behindert ist. Hiernach sind Aufwendungen zur Betreuung eines Kindes nicht begünstigt, die Ehegatten wegen ihrer beiderseitigen Berufstätigkeit erwachsen. Betreuungsaufwendungen erwachsen „wegen” einer Erkrankung oder Behinderung des Steuerpflichtigen, wenn dieser infolge Erkrankung oder Behinderung daran gehindert ist, das Kind selbst zu betreuen, d.h. wenn die Fremdbetreuung wegen Krankheit oder Behinderung eines Ehegatten objektiv erforderlich ist (vgl. Senatsurteil vom 31.10.1991, AZ.: 1 K 2808/91 E, EFG 92, 465).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die streitigen Betreuungskosten von pauschal insgesamt DM 1.440 durch die Behinderung des Kl. veranlaßt waren.
Im Streitjahr war der Kl. zwar in einem Vollzeitarbeitsverhältnis als Studienrat nichtselbständig tätig. Allein diese nur vormittags außerhalb der Wohnung ausgeübte Berufstätigkeit hätte es dem Kl. jedoch nicht unmöglich gemacht, seine drei Kinder nachmittags zu beaufsichtigen und zu betreuen. Hieran war er nach der ärztlichen Bescheinigung vom 29.04.1994 vielmehr ausschließlich deshalb gehindert, weil er am Ende des Arbeitstages, also nachmittags, krankheits- und behinderungsbedingte Ruhephasen benötigte. Die Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten im Sinne von § 33 c Abs. 5 EStG, im Streitfall der Klin., erstreckte sich auch zumindest teilweise auf die Zeiträume (Nachmittage), in denen der Kl. die Kinderbetreuung behinder...