Prof. Dr. Vassil Tcherveniachki
"Handelt es sich bei dem Gläubiger der Erträge im Sinne des Satzes 1 um einen unbeschränkt steuerpflichtigen, unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter einer ausländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder um eine Personengesellschaft, an der ein solcher Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gilt § 39 Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung nicht, soweit die in Satz 1 genannten Aufwendungen in dem anderen Staat zum Abzug zugelassen sind und die den Aufwendungen entsprechenden Erträge durch die vom deutschen Recht abweichende Zurechnung keiner tatsächlichen Besteuerung unterliegen."
Rz. 58
Sekundärregelung für ausländische vermögensverwaltende Personengesellschaften und in- und ausländischen Personengesellschaften. Mit § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG wird Art. 9 Abs. 2 Buchst. b i.V.m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. e ATAD umgesetzt. Hierbei soll § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG Besteuerungsinkongruenzen in einem Sonderfall, nämlich bei der Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf ausländische vermögensverwaltende Personengesellschaften oder in- und ausländische Personengesellschaften verhindern. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO regelt die Zurechnung von Gesamthandsvermögen für Fälle, in denen für steuerliche Zwecke eine getrennte Zurechnung erforderlich ist. Demnach wird Gesamthandsvermögen den Beteiligten so zugerechnet, als wären diese nach Bruchteilen beteiligt ("Bruchteilsbetrachtung"). Damit wird für steuerliche Zwecke eine Bruchteilsgemeinschaft fingiert, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung notwendig ist. Infolgedessen kann § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO dazu führen, dass Leistungsbeziehungen zwischen einer aus deutscher Sicht Personengesellschaft, die im Staat ihrer Errichtung als intransparenter Rechtsträger qualifiziert wird, und ihrem unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter steuerlich nicht anerkannt werden. Dies hätte zur Folge, dass den im Ausland abzugsfähigen Aufwendungen (z.B. Zinszahlungen) der Gesellschaft an ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter keine korrespondierenden Erträge im Inland gegenüberstehen. Um diese Besteuerungsinkongruenz zu verhindern, suspendiert § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Infolgedessen werden die Leistungsbeziehungen zwischen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern steuerlich anerkannt, so dass die damit verbundenen Erträge beim Gesellschafter der Besteuerung unterliegen. Insoweit wird die ausländische vermögensverwaltende Personengesellschaft de facto als eine intransparente Rechtsform behandelt. Damit beinhaltet § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG einen "sekundären" Steuertatbestand, der weitgehend von der Abzugsbeschränkung gemäß § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG unabhängig ist. Die Vorschrift kommt zur Anwendung, wenn die Besteuerungsinkongruenz nicht durch Abzugsverbot für die Aufwendungen im anderen Staat beseitigt wird. Da die ATAD-Vorgaben für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich sind, dürfte diese Sekundärregelung vor allem in Drittstaatenfällen von Bedeutung sein.
Rz. 59
Tatbestandsvoraussetzungen. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind im Wesentlichen dieselben wie in § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG. Dies gilt insbesondere für den Begriff der Aufwendungen. Ferner bezieht sich die Sonderregelung auf den Vergütungsschuldner. Die Suspendierung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO betrifft auch nur Forderung des unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters der Personengesellschaft; sie erfasst keine Verbindlichkeiten. Im Übrigen ist unklar, warum eine Unterscheidung in "ausländische" vermögensverwaltende Personengesellschaften einerseits und wohl "in- oder ausländische" Personengesellschaften andererseits erforderlich sein soll. Die steuerlichen Folgen des § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG lassen sich anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen:
Beispiel
Die im Inland ansässig D-GmbH ist zu 70 % an der US-LLC mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in den USA beteiligt. Im Rahmen des Check-the-Box-Verfahrens wird die US-LLC für steuerliche Zwecke als intransparent behandelt. Die US-LLC hat ein verzinsliches Darlehen von der D-GmbH erhalten und mit diesem Darlehen Wertpapiere angeschafft. Nach Maßgabe des LLC-Erlasses ist die US-LLC auf Grundlage der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen aus deutscher steuerlicher Sicht als Personengesellschaft anzusehen.
Vor diesem Hintergrund sind die Zinszahlungen der US-LLC im Inland zu 70 % nicht steuerlich zu berücksichtigen. Da die Nichtsteuerbarkeit auf der unterschiedlichen steuerlichen Qualifikation der US-LLC in Deutschland und den USA beruht, ist § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar. Als Rechtsfolge kommt es i.H.v. 70 % der Aufwendungen zur Nichtanwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Darlehensverbindlichkeit aufgrund der Nichtanwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO der Personengesellschaft zuzurechnen ist. Dies hätte zur F...