Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 815
Nachweispflicht des Steuerpflichtigen. Für die – den Stpfl. begünstigende – Anrechnung ausländischer Steuern statuiert § 68 b Satz 1 EStDV eine Nachweispflicht des Stpfl. hinsichtlich der Höhe der ausländischen Einkünfte und der Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer. Diese Nachweispflicht ist allerdings keine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die Anrechnung der ausländischen Steuer, sondern eine steuerverfahrensrechtliche Bestimmung, die eine Beweisbeschaffungspflicht darstellt. Eine solche Pflicht des Stpfl. besteht aber bereits unabhängig von § 68 b Satz 1 EStDV nach allgemeinen Grundsätzen, vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 AO.
Rz. 816
Nachweis keine materielle Tatbestandsvoraussetzung. Das FG Saarland leitet aus § 68 b Satz 1 EStDV ein (zwingendes) Schätzungsverbot hinsichtlich der anrechenbaren ausländischen Steuern ab. Dem ist allerdings nicht zuzustimmen, da der Nachweis der ausländischen Steuerfestsetzung und Zahlung – anders als bei der Steueranrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG – keine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die Anrechnung bzw. den Abzug der ausländischen Steuer ist (s. Anm. 815).
Rz. 817
Anforderungen an den Nachweis. Der Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer muss durch Vorlage entsprechender Urkunden erfolgen. Die Verordnung nennt hierfür beispielhaft Steuerbescheid und Quittung über die Zahlung. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, so dass der Nachweis auch anderweitig geführt werden kann. Hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis sind die Grenze des Machbaren und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Daraus folgt, dass soweit bei Abzugs- bzw. Anmeldesteuern, bei denen eine (isolierte) Steuerfestsetzung im Ausland unterbleibt, nicht die Vorlage eines Steuerbescheids verlangt werden kann. In Fällen, in denen die Steueranmeldung keine Rückschlüsse auf die angemeldete Steuer des Einzelnen ermöglicht, kann als Nachweis sogar die Bescheinigung eines Dritten (Arbeitgeber, Kreditinstitut etc.) über den Einbehalt und die Abführung der ausländischen Steuer an die zuständige Stelle ausreichend sein. Um sich allerdings auf diese "Erleichterungen" hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis der ausländischen Steuer berufen zu können, obliegt es dem Stpfl. die Art und Weise der ausländischen Steuerfestsetzung und Erhebung darzulegen.
Rz. 818
Keine unwiderlegbare Vermutung. § 68 b EStDV führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Stpfl. den Nachweis allein durch Vorlage entsprechender Urkunden führen kann. Vielmehr steht es Finanzverwaltung und Rechtsprechung insbesondere bei Bescheinigungen von Dritten frei, die vorgelegten Urkunden als Beweismittel auf deren Echtheit und Wahrheit hin zu würdigen.
Rz. 819
Fiktive Quellensteuer. Für fiktive Quellensteuern, die nur im Rahmen des DBA für Zwecke der Anrechnung als gezahlt gelten (s. Anm. 758), bedarf es mangels tatsächlicher Festsetzung und Erhebung der Steuer im Ausland keines Nachweises.
Rz. 820
Ermessensnorm. Nach § 68 b Satz 2 EStDV kann von der Finanzbehörde bei einer Urkunde in einer fremden Sprache eine beglaubigte Übersetzung verlangt werden. Damit werden im Rahmen der Anrechnung der ausländischen Steuern strengere formale Anforderungen an die Übersetzung der Urkunde gestellt, als bei der Grundregel des § 87 Abs. 2 Satz 1 AO, nach der im Regelfall eine "einfache" Übersetzung ausreicht und nach Satz 2 nur in begründeten Ausnahmefällen eine beglaubigte Übersetzung verlangt werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass § 68 b Satz 2 EStDV aufgrund der Formulierung "kann" eine Ermessensnorm darstellt. Folglich ist bei der Ermessensausübung durch die Finanzbehörde auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, so dass für § 68 b Satz 2 EStDV die Anforderung einer beglaubigten Übersetzung ebenfalls die Ausnahme darstellen wird.
Rz. 821
frei