Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
"(4) Den Stiftungen stehen sonstige Zweckvermögen, Vermögensmassen und rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Personenvereinigungen gleich."
Rz. 201
Maßgebende Rechtsträger. Der Begriff "Stiftung" i.S. von § 15 zielt auf einen bestimmten Typ von Rechtsform und nicht auf einen bestimmten Namen ab (vgl. zum Begriff Rz. 162 f.). Diesen Grundsatz verdeutlicht § 15 Abs. 4 dahin gehend, dass es weder auf die Rechtspersönlichkeit, noch auf einen bestimmten Terminus technicus ankommt, unter dem die "Stiftung" nach außen hin auftritt. Die in § 15 Abs. 4 angesprochenen Zweckvermögen, Vermögensmassen und Personenvereinigungen müssen KSt-subjekte sein und unter § 1 Abs. 1 KStG subsumiert werden können, falls sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hätten (vgl. auch Rz. 76). Zweckvermögen und Vermögensmasse sind, entsprechend dem Begriffsverständnis in §§ 1 bis 3 KStG, synonym zu verstehen. Praktischer Hauptanwendungsfall ist der ausländische Trust, unabhängig davon, ob er nach dem Truststatut rechtsfähig oder nichtrechtsfähig ist. Dem steht nicht entgegen, dass der BFH in seinem Urteil v. 5.11.1992 die Wertung des FG nicht beanstandet, das einen auf der Insel Jersey errichteten, nicht rechtsfähigen Trust als ausländische Familienstiftung i.S.d. § 15 Abs. 1 beurteilte. Der Trust muss aber selbst Einkünfteerzielungssubjekt sein, d.h., die Einkünfte des Trusts dürfen steuerrechtlich gesehen keiner anderen Person zuzurechnen sein. Der Begriff der "Personenvereinigung" wird im Körperschaftsteuerrecht teilweise als Oberbegriff für Körperschaften und sonstige Personenvereinigungen verwendet (§ 3 Abs. 1, § 8 Abs. 5 KStG). Andere Normen (§ 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 8b, § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG) stellen Personenvereinigungen und Körperschaften nebeneinander. Da Abs. 4 die rechtsfähigen Personenvereinigungen ausdrücklich miteinschließt, dürften hier Körperschaften, insb. Kapitalgesellschaften, prinzipiell miterfasst sein. Personengesellschaften, die nach deutschem Steuerrecht als transparente Rechtsträger einzustufen sind. Unter den Begriff können allerdings ausländische Personengesellschaften gefasst werden, wenn sie auf der Grundlage eines Rechtsformvergleichs im Inland wie eine Körperschaft zu behandeln sein sollten (vgl. Nachweise in § 7 AStG Rz. 10.2 ff.).
Rz. 202
Eingrenzung des Tatbestands. Aufgrund der Weite des Tatbestands, der auch dem Umstand geschuldet ist, Umgehungen zu verhindern, ergibt sich rechtssystematisch das Erfordernis einer Abgrenzung, und zwar in zwei Richtungen. Zum einen ist eine gewisse funktionale Äquivalenz zur Stiftung zu fordern, d.h., die Satzung muss Bezugs- und Anfallsberechtigte zulassen. Zum anderen gibt es Überschneidungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, da Zweckvermögen, Vermögensmassen und Personenvereinigungen fallen gleichermaßen unter § 15 Abs. 4 wie aber auch unter §§ 7 ff. AStG (vgl. zum Verhältnis von § 15 zu § 7 ff. Rz. 84).
Rz. 203
Bezugs- oder Anfallsberechtigung zu mehr als der Hälfte. Darüber hinaus müssen selbstverständlich auch die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 oder Abs. 3, bezogen auf das jeweilige Zweckvermögen, die Vermögensmasse oder Personenvereinigung, gegeben sein, d.h., der "Stifter", seine Angehörigen und/oder deren Abkömmlinge müssen zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sein.
Rz. 204– 210
frei