Zunächst wird die absolute Höhe der Forderungen und deren Verteilung untersucht. Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ausgewiesen als Gewinn oder Verlust in der Bilanz, ist ein Geschäft mit der Fakturierung abgeschlossen. Die Bezahlung stellt nur noch einen Tausch zwischen zwei Aktivposten der Bilanz dar. Die Risiken steigen jedoch mit der absoluten Höhe der Forderungen:
- Je höher die Forderungen sind, desto größer ist der Finanzierungsbedarf; die anfallenden Zinsen verursachen Kosten.
- Je höher der Forderungsbestand ist, desto größer ist das Risiko des Forderungsausfalls.
- Je höher die Forderungen sind, desto schwerer sind sie zu überwachen.
Die absolute Höhe der Forderungen hat Einfluss auf den Cashflow und auf das Working Capital. Beides sind wichtige Kennzahlen, die bei der Analyse von Bilanzdaten durch Geld- und Kreditgeber eine immer wichtigere Rolle spielen.
Berechnung von Kennzahlen
Für die Erkennung von Risiken spielt vor allem die Verteilung der offenen Forderungen auf Kunden und Kundengruppen eine ausschlaggebende Rolle. Ein hoher Forderungsbestand, der sich auf viele kleine Kunden verteilt, ist i. d. R. sicherer vor einem großen Ausfall als derjenige, der sich nur auf wenige große Schuldner bezieht. Der Controller sollte daher entsprechende Kennzahlen für sein Unternehmen entwickeln.
Kennzahlen für die Forderungsanalyse |
durchschnittliche Forderungshöhe |
Summe der Forderungen |
Anzahl der Kunden mit offenen Forderungen |
prozentualer Anteil der drei größten Schuldner an Gesamtforderungen |
Ermittlung der drei größten Schuldner; Division derer Verbindlichkeiten durch die Gesamtforderungen |
durchschnittliches Alter der Forderungen |
Alter jeder Forderung x Höhe der Forderung |
Gesamtforderungen |
Anteil der fälligen Forderungen |
Ermittlung der fälligen Forderungen; Division des Betrages durch Gesamtforderungen |
Tab. 1:Kennzahlen für die Forderungsanalyse
Im individuellen Fall können weitere oder veränderte Kennzahlen notwendig sein. Diese zu ermitteln ist Aufgabe des Controllings. Dazu können regelmäßige Berechnungen z. B. in den Monatsabschluss des Rechnungswesens integriert werden. Digitale Anwendungen in der Finanzbuchhaltung beinhalten solche Kennzahlen bereits.
Die Kennzahlen selbst beschreiben eine Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für weiter gehende Aussagen ist es notwendig, Veränderungen im Zeitablauf festzustellen. Ermitteln Sie die Kennzahlen daher regelmäßig und tragen Sie diese in Tabellen ein, damit Sie Veränderungen erkennen können.
Kundengruppenbezogene Auswertungen
In der täglichen Arbeit mit den Forderungen hat sich in vielen Anwendungen erwiesen, dass die Sicherheit der Forderungen auch von bestimmten Kundengruppen abhängt. Verkauft das Unternehmen seine Produkte gleichzeitig an private Kunden und, vielleicht unter einer anderen Marke, an Händler, sind die Konditionen und das Zahlungsverhalten für die beiden Gruppen mit großer Wahrscheinlichkeit unterschiedlich. Alle Überlegungen über Maßnahmen, die zur Verringerung des Forderungsbestandes und zur Vermeidung von Risiken getroffen werden, müssen für jede der unterschiedlichen Kundengruppen separat angestellt werden.
Wichtig ist auch hier, Verschiebungen schnell zu erkennen und für die Liquidität zu berücksichtigen. Wird z. B. der Anteil des Verkaufs ins Ausland (nicht EU) erhöht und zahlen diese Kunden sofort (z. B. gegen Dokumente), so erhöht sich der finanzielle Spielraum des Unternehmens. Sinkt der Umsatzanteil dieser Kundengruppe, kann sich die Liquidität verschlechtern, ohne dass sich die Gesamtsituation des Unternehmens verändert.
Kundengruppe |
Umsatz / Jahr |
Forderungen |
%-Anteil Umsatz |
%-Anteil Forderungen |
durchschn. Alter (Tage) |
1 |
Intercompany |
1.500.000 |
165.000 |
12,2 % |
12,9 % |
15,3 |
2 |
Einzelhandel |
2.850.000 |
310.000 |
23,2 % |
24,3 % |
41,8 |
3 |
Großhandel Inland |
4.852.500 |
298.750 |
39,5 % |
23,4 % |
11,1 |
4 |
Großhandel EU-Ausland |
2.150.050 |
485.000 |
17,5 % |
38,1 % |
63,0 |
5 |
Großhandel, nicht EU |
785.250 |
15.300 |
6,4 % |
1,2 % |
84,6 |
6 |
Sonstige |
145.850 |
515 |
1,2 % |
0,0 % |
0,0 |
|
|
12.283.650 |
1.274.565 |
|
|
39,7 |
Tab. 2:Analyse der Forderungen nach Kundengruppen
KG |
Kunde |
Umsatz / Jahr |
Forderungen |
%-Anteil Umsatz |
%-Anteil Forderungen |
durchschn. Alter (Tage) |
1 |
Merlin AG |
1.200.500 |
98.500 |
9,8 % |
7,7 % |
10,0 |
1 |
Wupperflach GmbH |
299.500 |
66.500 |
2,4 % |
5,2 % |
23,2 |
|
|
1.500.000 |
165.000 |
12,2 % |
12,9 % |
15,3 |
2 |
Traum E. Müller |
585.200 |
128.000 |
4,8 % |
10,0 % |
62,0 |
2 |
Werner Mühlen |
785.000 |
75.850 |
6,4 % |
6,0 % |
31,2 |
2 |
Karlseen Hausbedarf |
184.000 |
25.800 |
1,5 % |
2,0 % |
15,7 |
2 |
Sonstige |
1.295.800 |
80.350 |
10,5 % |
6,3 % |
28,0 |
|
|
2.850.000 |
310.000 |
23,2 % |
24,3 % |
41,8 |
Tab. 3:Analyse der Forderungen nach Kunden der jeweiligen Kundengruppe
Die Unterschiede im Zahlungsverhalten zwischen den einzelnen Kundengruppen können durchaus gerechtfertigt sein. Während z. B. im Ausland (nicht EU) i. d. R. gegen Vorkasse oder Dokumente verkauft wird, was einen niedrigen Forderungsbestand zur Folge hat, haben die Importeure im EU-Ausland lange Zahlungsfristen vereinbart. Dies kann üblich und gerechtferti...