Verbindliche Zahlungsfrist könnte Finanzierungsdruck erhöhen

Viele Unternehmen warten nach dem Versand einer Rechnung erst einmal vergeblich auf ihr Geld. Häufig erfolgen die Zahlungen verspätet. Der EU-Vorschlag zu einer verbindlichen Zahlungsfrist stößt auf große Kritik. Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Druck auf das Forderungsmanagement steigt.

Ein effektives Forderungsmanagement ist für Unternehmen überlebenswichtig. Offene Forderungen müssen so zeitnah wie möglich eingetrieben werden. Nur so kann die Liquidität eines Unternehmens langfristig gesichert werden. Dabei spielt es eine große Rolle, welche Zahlungsfristen ein Unternehmen seinen Kunden gewährt.

Vorschlag zu einer verbindlichen Zahlungsfrist stößt auf Kritik

Ein Vorschlag der EU-Kommission sieht eine verbindliche Zahlungsfrist von 30 Tagen im Geschäftsverkehr vor. Doch noch handelt es sich um einen Entwurf, der auch scharf kritisiert wird, beispielsweise vom DIHK.  

"Bei vielen Händlern, aber auch Herstellern herrscht große Unruhe über die geplante Zahlungsverzugsverordnung", berichtet etwa Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Ganze Branchen rechnen mit schweren wirtschaftlichen Schäden. Gerade für kleine und mittlere Händler drohen die Finanzierungskosten deutlich zu steigen."

Liquidität sichern

Großzügige Zahlungsfristen geben Unternehmen die Möglichkeit, Zahlungen möglichst spät zu leisten und auf diese Weise ihre finanzielle Performance zu optimieren. Doch es gibt einen Unterschied zwischen einer Zahlung, die im Rahmen der Zahlungsfrist herausgezögert wird und einer verspäteten Zahlung.

Klar ist: Gerät der Rechnungsempfänger in Zahlungsverzug, besteht Handlungsbedarf. Fehler sind menschlich – und eine Rechnung kann einmal verbummelt werden. Doch die Liquidität des betroffenen Unternehmens leidet bei verspäteten Zahlungseingängen. Mithilfe von Zahlungserinnerungen, Mahnungen oder sogar einem gerichtlichen Mahnverfahren soll der Schuldner zur Zahlung bewegt werden. Je mehr Zeit vergeht, desto größer das Risiko, dass eine Forderung komplett ausfällt. Doch wie steht es aktuell um die Zahlungsmoral von Unternehmen?

Days Sales Outstanding weltweit gestiegen

Mit der Kennzahl "Days Sales Outstanding" (DSO) kann ermittelt werden, wie lange es dauert, bis Kunden eine Rechnung begleichen. Eine aktuelle Allianz Trade Studie zeigt, dass sich die Zahlungsmoral weltweit verschlechtert hat. Im Schnitt warteten Unternehmen im Jahr 2023 rund 59 Tage lang auf ihr Geld. Im Jahr 2022 waren es lediglich 56 Tage. Ein DSO-Anstieg von 3 Tagen ist erheblich und erhöht die Liquiditätsrisiken.

Mehr Insolvenzen in Deutschland zu erwarten

Deutsche Unternehmen zeigen sich hier etwas zuverlässiger: Rechnungen wurden hier bereits im Schnitt nach 54 Tagen bezahlt. Dennoch heißt dies nicht, dass deutsche Firmen aufatmen können:

"Je länger Unternehmen auf ihr Geld warten müssen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Rechnung gar nicht bezahlt wird", sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Insofern ist die Zahlungsmoral ein wichtiger Indikator für potenzielle Zahlungsausfälle und damit Vorbote für Insolvenzen. Deutsche Unternehmen haben zwar immer noch eine vergleichsweise gute Zahlungsmoral, dennoch erwarten wir, dass die Insolvenzen in der Bundesrepublik im Jahr 2024 um +13% steigen werden."

Nicht in allen Ländern sind Unternehmen so schnell zahlungswillig. Das zeigt sich beispielsweise im Vergleich mit Frankreich, Spanien oder Italien. Sehr späte Zahlungseingänge wurden 2023 außerdem für Unternehmen in Asien festgestellt.

Kapitalbedarf von Unternehmen steigt

Die Studie zeigt, dass Unternehmen immer mehr Betriebskapital benötigt. Zudem könnte sinkende Rentabilität (u.a. aufgrund der immer noch angespannten Kostensituation) sich so auswirken, dass Rechnungen tendenziell noch später bezahlt werden – und entsprechend vorfinanziert werden müssen. Das Thema Cashflow-Management wird also voraussichtlich für CFOs in den kommenden Monaten mit Herausforderungen verbunden sein. Es bleibt außerdem abzuwarten, welche Entwicklungen sich seitens der EU-Kommission noch ergeben werden.


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