Rz. 125
Bei allen Gestaltungsmodellen sollte die wertmäßige Verteilung des Vermögens unter den Erben beachtet werden, um nachträgliche Belastungen durch mögliche Ausgleichsansprüche zu vermeiden.
Unternehmensnachfolge bei 4 Erbberechtigten
U ist Inhaber eines mittelständischen Bauunternehmens. Er verwaltet zudem Immobilien für seine Kunden, weil er sämtliche Baumaßnahmen günstig anbieten kann. U ist verheiratet und hat 3 Kinder. Aufgrund hoher Investitionen für Grundstücke, Maschinen und Material konnte U bisher nur ein geringes Privatvermögen für seine Altersvorsorge aufbauen. U möchte wissen, wie eine Unternehmensnachfolge bei optimaler Absicherung der Familie aussehen könnte.
Das Vermögen des Unternehmers liegt im Wesentlichen im Unternehmen, dem 4 mögliche Erben gegenüberstehen. Bei der gesetzlichen Erbfolge würde das Vermögen auf alle Erben im Wege der Gesamtrechtsfolge übergehen. Im Rahmen der Erbengemeinschaft hätten die Miterben zwar die Möglichkeit, sich über den Nachlass auseinanderzusetzen, jedoch könnte dies im Extremfall die Liquidation des Unternehmens und den Verkauf des Privatvermögens bewirken.
Zur gleichmäßigen Verteilung des Vermögens auf alle Erben wären verschiedene Modelle geeignet: Gleichstellungsgelder, Beteiligungen oder die Aufspaltung des bestehenden Unternehmens in verschiedene Unternehmen. Gesellschaftsrechtlich wäre die Verfügung von Todes wegen mit eventuellen Auflagen oder ein Erbvertrag denkbar.
Rz. 125a
Gleichstellungsgelder sind einmalige Zahlungen unter den Erben, die Benachteiligungen beim Erbfall vermeiden sollen. Diese Zahlungen werden an weichende Miterben geleistet, um Verletzungen des Pflichtteilsrechts zu umgehen. Steuerlich können Gleichstellungsgelder zu einer (Teil-)Entgeltlichkeit führen. Laut Rspr. sind Schenkungen unter solchen Auflagen wie gemischte Schenkungen als teilentgeltlich zu behandeln, soweit die Gleichstellungsgelder aus eigenen Mitteln erbracht werden.
Rz. 126
So könnte im Beispiel in Rz. 125 der Unternehmer das Privatvermögen seiner Frau hinterlassen und das Unternehmen an eines seiner Kinder übertragen, das für die Nachfolge infrage kommt. Durch Erbvertrag oder Auflage im Rahmen der Verfügung von Todes wegen muss dann bestimmt werden, in welcher Höhe die beiden anderen Kinder bzw. die Ehefrau durch Gleichstellungsgelder abgefunden werden.
Rz. 127
Wichtig ist hier insbes. die endgültige Regelung der Beziehungen zwischen den Erben und die Sicherstellung der Existenz des Unternehmens. Notwendige unternehmerische Entscheidungen werden nur von einer Person getroffen und nicht bei einer Erbengemeinschaft im Streit hinausgeschoben.
Rz. 128
Nachteilig kann die finanzielle Überlastung des Erben als Unternehmensnachfolger sein. Fallen Ausgaben für die zu zahlende ErbSt und im Unternehmen dringend erforderliche Investitionen zusammen, muss der Nachfolger u. U. Kredite aufnehmen. Schwierig ist ebenso die Bewertung des Nachlasses zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrags auf den unbestimmten Todeszeitpunkt.
Rz. 129
Um diese Folgen zu vermeiden, werden häufig Konstruktionen über vermögensmäßige Beteiligungen oder Beteiligungen am Ertrag des Unternehmens gewählt. Hier muss dem Nachfolger die Flexibilität gesichert werden, das Unternehmen ohne die operative oder gesellschaftsrechtliche Mitbestimmung der anderen Erben zu führen. In seltenen Fällen kann es sinnvoll sein, mehrere Erben an der Unternehmensführung zu beteiligen. Mögliche Beteiligungsformen ohne Mitbestimmung sind u. a.
- stimmrechtslose Beteiligung mit Gewinnbezugsrecht,
- stille Gesellschaft,
- Unterbeteiligung.
Rz. 130
Bei der stimmrechtslosen Beteiligung mit Gewinnbezugsrecht hält der Betreffende einen normalen Gesellschaftsanteil. Er haftet nach außen wie jeder andere Gesellschafter. Im Gesellschaftsvertrag sind seine Gesellschafterrechte eingeschränkt, sodass er keinen Einfluss auf operative Entscheidungen hat.
Rz. 131
Eine stille Gesellschaft erfordert nach § 230 HGB eine Beteiligung am Handelsgewerbe eines Kaufmanns. Bei der stillen Gesellschaft tritt der stille Gesellschafter nicht nach außen in Erscheinung und haftet also auch nicht im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten des Inhabers aus dem Betrieb des Handelsgewerbes. Man unterscheidet zwischen der typisch stillen Gesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft, wobei diese Terminologie durch das Steuerrecht geprägt ist. Ob eine atypisch oder eine typisch stille Gesellschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtbetrachtung zu prüfen (§ 15 EStG Rz. 364).
Rz. 131a
Eine atypische stille Gesellschaft liegt vor, wenn der stille Gesellschafter wie ein Kommanditist am Gesellschaftsvermögen des Geschäftsinhabers beteiligt ist (Hauptform der atypischen stillen Gesellschaft). Zudem ist eine atypisch stille Gesellschaft gegeben, wenn die Mitwirkungsbefugnisse des stillen Teilhabers intensiver als in den §§ 230ff. HGB ausgestaltet sind. Die dem gesetzlichen Grundfall entsprungene typische stille Gesellschaft ist keine Mitunternehmer...