Rz. 4
In § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a und b GrStG wurden mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuerreformgesetz) die Steuermesszahlen bei der sog. Grundsteuer B für unbebaute Grundstücke, bebaute sog. Wohngrundstücke und bebaute sog. Nichtwohngrundstücke ursprünglich einheitlich mit 0,34 Promille festgelegt. Diese Festlegung der einheitlichen Steuermesszahl ergab sich ausweislich der Gesetzesbegründung aus der Erwägung, Messbetragsvolumen herbeizuführen, das dem bisherigen Messbetragsvolumen möglichst nahekommt (sog. intertemporäre Aufkommensneutralität). Dabei wurde in der Gesetzesbegründung auch zutreffend erkannt, dass die Höhe der einheitlich festgelegten Steuermesszahl noch keine Aussage darüber trifft, wie hoch das Grundsteueraufkommen für die Gemeinden bzw. wie hoch die Grundsteuerbelastung für die Steuerpflichtigen am Ende ist. Dies wird allein durch die Hebesätze der Gemeinde festgelegt. Folglich steht hinter der Festlegung der Steuermesszahl der Gedanke, diese in einer Höhe festzulegen, die dazu führt, dass die Gemeinden ihre Hebesätze möglichst nicht oder nur geringfügig ändern müssen, um das bisherige Grundsteueraufkommen zu generieren. Bei einer bundeseinheitlichen Betrachtung muss hierfür aber von durchschnittlichen Werten auf der gesamten Bundesebene (Gesamtaufkommen der Grundsteuer B im gesamten Bundesgebiet, bundesdurchschnittliche Hebesätze, Summe aller Grundsteuerwerte im Bundesgebiet) ausgegangen werden. Länderspezifische Unterschiede werden dabei nicht berücksichtigt.
Rz. 5
Auf der Grundlage der Gesetzesfassung des Grundsteuerreformgesetzes vom 29.11.2019 ist der Freistaat Sachsen von der Festlegung der Steuermesszahlen für Grundstücke abgewichen, im Einzelnen also
- bei unbebauten Grundstücken um +0,02 Promille-Punkte (0,36 statt 0,34 Promille),
- bei bebauten sog. Wohngrundstücken um +0,02 Promille-Punkte (0,36 statt 0,34 Promille) und
- bei bebauten sog. Nichtwohngrundstücken um +0,38 Promille-Punkte (0,72 statt 0,34 Promille).
Rz. 6
Durch das Gesetz zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz) wurde die Steuermesszahl für bebaute sog. Wohngrundstücke (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GrStG) von 0,34 Promille auf 0,31 Promille gesenkt. Die Absenkung wurde im Gesetzesentwurf der Bundesregierung mit der parallel vorgenommenen Erhöhung (Mirkozensus 2018 statt 2014 als Basis) der pauschalen Nettokaltmieten in der Anlage 39 (zu § 254 BewG) begründet, die nach Bundesländern, Gebäudetypen, Wohnungsgrößen und Gebäudealter differenzieren und eine maßgebliche Größe bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts nach dem (vereinfachten) Ertragswertverfahren für bebaute sog. Wohngrundstücke (§ 252 BewG) sind. Wenn es in der Gesetzesbegründung weiter heißt, dass durch die Absenkung "weiterhin ein aufkommensneutrales Messbetragsvolumen auf Bundesebene" herbeigeführt werden soll, wird deutlich, dass sich die Aufkommensneutralität auf einen Vergleich mit der bis 2025 geltenden Rechtslage bezieht (sog. intertemporäre Aufkommensneutralität). Hätte man die Steuermesszahlen nicht verändert, hätten die Gemeinden aufgrund der Erhöhung der pauschalen Nettokaltmieten im Bundesschnitt ein höheres Grundsteueraufkommen generiert, wenn sie ihren bisher und auch zukünftig zwingend einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B (§ 25 Abs. 4 Nr. 2 GrStG) unverändert lassen bzw. nur geringfügig anpassen würden. Für dieses Ziel wurde jedoch die Verfassungskonformität geopfert, weil nunmehr für unbebaute Grundstücke und bebaute Nichtwohngrundstücke (jeweils 0,34 Promille) einerseits und bebaute Wohngrundstücke (0,31 Promille) andererseits unterschiedliche Steuermesszahlen gelten (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG).
Rz. 7
Nach dem BVerfG ist der Gesetzgeber zwar frei, für die Bemessung der Grundsteuer verschiedene Bewertungsmethoden zu wählen, wenn diese jeweils für sich genommen in der Lage sind, das gesetzte Bewertungsziel (Verkehrswert bzw. objektiv-realer Wert) relations- und realitätsgerecht zu ermitteln. Unterstellt man, dass diese verfassungsrechtliche Anforderung durch die Wahl des Bodenrichtwerts für unbebaute Grundstücke (§§ 246, 247 BewG), des vereinfachten Ertragswertverfahrens für bebaute Wohngrundstücke (§ 250 Abs. 2, § 251, §§ 252–257 BewG) und des vereinfachten Sachwertverfahrens für bebaute Nichtwohngrundstücke (§ 250 Abs. 3, § 251, §§ 258–260 BewG) unter Berücksichtigung der dem Gesetzgeber zustehenden Typisierungsbefugnis (dazu noch Rz. 25) nachgekommen ist, führt jedes Verfahren für sich genommen zur Herausbildung eines objektiv-realen Wertes. Im gleichheitsrechtlichen Sinne (Art. 3 Abs. 1 GG) sind diese Werte dann "wesentlich gleich" und werden sie im Steuermessbetragsverfahren dann unterschiedlich behandelt, ist dies gleichheitsrechtlich rechtfertigungsbedürftig. Die vom Gesetzgeber angeführte interte...