Rn. 351
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Steuerrechtlich ohne Bedeutung für die Qualifikation der Einkünfte ist der Umstand, dass die Berufung in den Aufsichtsrat der Gesellschaft im Zusammenhang mit der hauptamtlichen Tätigkeit des Mitgliedes steht; hiernach gehören auch Aufsichtsratsvergütungen der ArbN-Vertreter nicht zu den Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis (vgl BFH BStBl III 1957, 161; 1965, 443; 1966, 450; BStBl II 1972, 810; FG Nds EFG 1994, 1119 rkr). Insb hat der BFH die sog Ausflusstheorie aufgegeben (hierzu s Rn 33).
Eine abweichende Betrachtung ist mE daher auch nicht für Beamte als Vertreter ihres Dienstherren gerechtfertigt. Insb lässt sich ein abweichendes Ergebnis nicht aus dem "Treuhandgedanken" ableiten (so aber noch BFH BStBl III 1957, 226). Wohl unverändert die FinVerw, nach der die den behördlichen Mitgliedern des Verwaltungsrates durch Dritte gezahlten Aufwandsentschädigungen Arbeitslohn darstellten (Erl FinMin Sachsen v 08.08.1994, StEK EStG § 3 Nr 612; OFD Ffm v 23.09.2013, S 2337 A 26 St 211). Dagegen FG Nds EFG 1994, 1119 rkr, allerdings mit der im Hinblick auf BFH BStBl II 1979, 414; 1979, 415 gemachten Einschränkung, dass bei einem Beamten die Ausübung des Hauptamtes automatisch mit der Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat verbunden sein könne (zur Problematik Lohr, DStR 1997, 1230, 1232; Carlé, KÖSDI 1996, 10 743, 10 749; Brandt in H/H/R, § 18 EStG Rz 268 mwN (Februar 2020); Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 152; Altehöfer in Lademann, § 19 EStG Rz 45; Hutter in Blümich, § 18 EStG Rz 152). Auch die Beamtenvertreter haben allerdings bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit als Aufsichtsrat primär im Interesse der Gesellschaft zu handeln und sind insoweit nicht weisungsgebunden. Insb lässt sich eine Sonderbehandlung der Beamtenvertreter auch angesichts der Tatsache nicht mehr rechtfertigen, dass andere ArbN-Vertreter, bei denen sogar der Zusammenhang mit der Haupttätigkeit vielfach noch ausgeprägter sein dürfte, inzwischen nach einhelliger Auffassung Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit iSv § 18 Abs 1 Nr 3 EStG erzielen.
Rn. 351a
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Die Ermittlung der Einkünfte erfolgt idR im Wege einer Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs 3 EStG ohne Pflicht zur Buchführung, jedoch mit gewissen Besonderheiten.
Rn. 352
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Zu den BE gehören neben Aufsichtsratsvergütungen (vgl § 113 AktG) in Form von Geldleistungen, Sitzungsgeldern, Tagegeldern, Reisekostenerstattungen und Aufwandsentschädigungen auch Sachleistungen, zB Gestellung eines Pkw (BFH BStBl II 1988, 266), Zahlung einer Reise durch Geschäftspartner (BFH BStBl II 1988, 995), kostenlose Theaterkarten (FG Ha EFG 1992, 129), die Gestellung von Büroräumen und Personal, soweit dies über den zur Erfüllung der Aufgaben als Aufsichtsratsmitglied notwendigen Umfang hinausgeht (ebenso Brandt in H/H/R, § 18 EStG Rz 267 (Februar 2020); Stuhrmann in K/S/M, § 18 EStG Rz B 240).
Sondervergütungen an ein Aufsichtsratsmitglied fallen unter § 18 Abs 1 Nr 3 EStG, wenn die vom Aufsichtsrat erbrachten Leistungen Ausfluss dieser Funktion sind (RFH RStBl 1938, 1124), zB bestimmte Beratungsleistungen (BFH BStBl III 1966, 688; BFH v 21.02.1961, I 59/60, HFR 1961, 105). Vergütungen an Beiratsmitglieder, die gleichzeitig Mitunternehmer sind, stellen Sondervergütungen iSv § 15 Abs 1 Nr 2 EStG dar (ebenso Carle, KÖSDI 1996, 10 743, 10 749; Socher, DStR 1967, 237).
Einnahmen haben keinen Zusammenhang mit der Tätigkeit als Aufsichtsrat, wenn das Mitglied für die Gesellschaft aufgrund besonderer Verträge für eindeutig außerhalb der Funktionen als Aufsichtsrat liegende Leistungen erbringt und hierfür eine besondere Vergütung erhält (RFH RStBl 1928, 305), zB für die Prozessführung durch RA im Auftrag der Gesellschaft (BFH BStBl III 1966, 688; RFH RStBl 1928, 305). Entsprechendes gilt für die Vermittlung eines Grundstückskaufes (wofür § 22 Nr 3 EStG eingreift).
Verzugszinsen wegen rückständiger Aufsichtsratsvergütung stellen Einnahmen aus KapVerm dar (RFH RStBl 1938, 110; mE zweifelhaft, da wirtschaftlicher Zusammenhang mit der selbstständigen Arbeit).
Beratung nach Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat ist im Gegensatz zur bisher an dieser Stelle vertretenen Auffassung keine sonstige selbstständige Arbeit; es liegt keine den gesetzlichen Bsp ähnliche Tätigkeit vor.
Rn. 353
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BA sind alle Aufwendungen, die durch die Tätigkeit als Aufsichtsrat usw veranlasst sind. Verluste, die ein Mitglied des Aufsichtsrats durch Hingabe von Darlehen oder Übernahme von Bürgschaften erleidet, gehören nicht dazu (RFH RStBl 1931, 104). Das Gleiche gilt für Zinsen, die jemand für einen Kredit zu zahlen hat, um Aufsichtsrat einer AG zu werden (BFH BStBl III 1961, 431), sowie für Ausgaben, die in nicht unerheblichem Umfang als privat angesehen werden, wie zB die Kosten einer geselligen Veranstaltung.
Rn. 353a
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Die Abführung von Teilen der Aufsichtsratsvergütung durch ArbN an soziale Zwecke der Belegschaft sind ...