Rn. 36
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Gemäß § 38 Abs 1 S 2 Hs 1 EStG ist in den Fällen der ArbN-Entsendung auch das im Inland ansässige aufnehmende Unternehmen als zum LSt-Abzug verpflichteter inländischer ArbG anzusehen, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt (wirtschaftlicher ArbG). Geregelt werden sog Inbound-Fälle, dh vor allem Fälle, in denen eine inländische Konzerngesellschaft, ohne arbeitsrechtlicher ArbG zu sein, sog Management-Fees an ausländische Konzerngesellschaften für die Entsendung leitender Mitarbeiter nach Deutschland zahlt.
Rn. 37
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Eine ArbN-Entsendung iSd § 38 Abs 1 S 2 EStG liegt vor, wenn ein ArbN mit seinem ausländischen ArbG (entsendendes Unternehmen) vereinbart, für eine bestimmte Zeit bei einem verbundenen inländischen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem ArbG abschließt oder als wirtschaftlicher ArbG anzusehen ist (BMF BStBl I 2001, 796). Schließt das aufnehmende Unternehmen dagegen selbst eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem ArbN, ist es regelmäßig als inländischer ArbG iSd § 38 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG anzusehen und als solcher bereits zum LSt-Abzug verpflichtet. § 38 Abs 1 S 2 EStG greift damit nur dann ein, wenn der ArbN im Auftrag seines ausländischen ArbG in dem aufnehmenden inländischen Unternehmen wie ein ArbN tätig wird, ohne im rechtlichen Sinne ArbN des aufnehmenden ArbG zu sein.
Um in dem inländischen Unternehmen wie ein ArbN tätig zu sein, muss dieser in die betriebliche Organisation des aufnehmenden Unternehmens eingebunden sein, was sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse bestimmt. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, ob das aufnehmende Unternehmen die Verantwortung oder das Risiko für die durch die Tätigkeit des ArbN erzielten Ergebnisse trägt und der ArbN den fachlichen Weisungen des aufnehmenden Unternehmens unterworfen ist. Des Weiteren kann bei der Einordnung berücksichtigt werden, wer über Art und Umfang des täglichen Arbeitsablaufs – Arbeitszeit, Art und Umfang konkreter Tätigkeiten, Ort der Arbeitsleistung –, die Höhe der Bezüge, die Teilnahme an einem etwaigen Erfolgsbonus- und Aktienerwerbsplan des Konzerns oder die Urlaubsgewährung entscheidet, wer die Arbeitsmittel stellt, das Risiko für die Lohnzahlung im Nichtleistungsfall trägt, das Recht der Entscheidung über Kündigung oder Erlassung hat oder für die Sozialversicherungsbelange des ArbN verantwortlich ist, in wesen Räumlichkeiten die Arbeit erbracht wird, welchen Zeitraum das Tätigwerden im aufnehmenden Unternehmen umfasst, wem gegenüber Abfindungs- und Pensionsansprüche erwachsen und mit wem der ArbN Meinungsverschiedenheiten aus dem Arbeitsvertrag auszutragen hat (BFH BStBl II 2022, 562; 2005, 547; BMF BStBl I 2018, 643 Rz 132f).
Da es letztlich um das Gesamtbild der Verhältnisse geht, muss der Einfluss des aufnehmenden Unternehmens auf das Arbeitsverhältnis nicht so ausgeprägt sein, dass dieses zB zwingend die Höhe des Gehalts bestimmen können oder ihm die Ausübung des Kündigungsrechts zustehen muss.
Rn. 38
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Im Falle der ArbN-Entsendung erledigt der ArbN Arbeiten des aufnehmenden Unternehmens und wird dabei im Interesse und auf Rechnung dieses Unternehmens tätig. Davon abzugrenzen sind Werk- und Dienstverträge, in dessen Rahmen Dienstleistungen im Betrieb des Auftraggebers im Namen und auf Rechnung des Auftragnehmers erbracht werden; in diesen Fällen ist der ArbN nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert, auch wenn er dort seine Arbeitsleistung erbringt (BMF BStBl I 2001, 796; 2018, 643 Rz 131).
Rn. 39
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die FinVerw geht aus Vereinfachungsgründen bei der ArbN-Entsendung zwischen international verbundenen Unternehmen von nicht mehr als drei Monaten von einer widerlegbaren Anscheinsvermutung dahingehend aus, dass das aufnehmende Unternehmen mangels Einbindung des ArbN nicht als wirtschaftlicher ArbG anzusehen ist (BMF BStBl I 2018, 643 Rz 142).
Rn. 40
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer ArbN-Entsendung iSd § 38 Abs 1 S 2 EStG ist, dass das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn für die von dem entsandten ArbN geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt (FG Sa EFG 2013, 1706; FG Mchn DStRE 2018, 468, dazu s Ackermann, IWB 2017, 705) oder – ab dem VZ 2020 – nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zumindest hätte tragen müssen.
Rn. 41
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Eindeutig ist insofern der Fall, wenn das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn selbst, sei es im Namen des entsendenden Unternehmens oder im eigenen Namen, an den ArbN auszahlt. Wie sich jedoch aus § 38 Abs 1 S 2 Hs 2 EStG ergibt, trägt das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn darüber hinaus auch dann wirtschaftlich, wenn ihm dieser von dem entsendenden Unternehmen in Rechnung gestellt wird. In welcher konkreten Form der Arbeitslohn an das aufnehmende Unternehmen weiterbelastet wird, ist dabei ohn...