Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
Rn. 137
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Für die Anwendung von § 50d Abs 7 EStG müssen Einkünfte iSd § 49 Abs 1 Nr 4 EStG (s § 49 Rn 199–203 (Viebrock)) vorliegen, die aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts iSd jeweiligen abkommensrechtlichen Kassenstaatsklausel gewährt werden. Resultieren diese Einkünfte aus einem Dienstverhältnis mit einer anderen Person als dem Träger der öffentlichen Kasse und werden die Dienstvergütungen ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht, legt Abs 7 als Rechtsfolge die Fiktion eines Dienstverhältnisses mit dem Träger der öffentlichen Kasse für die Auslegung des jeweiligen DBA fest.
Träger der öffentlichen Kasse müssen der Vertragsstaat, eine seiner Gebietskörperschaften oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts sein, die in der Kassenstaatsklausel des einschlägigen DBA enthalten sind. Das jeweilige DBA kann den Anwendungsbereich des Kassenstaatsprinzips auch auf juristische Personen erweitern, die nicht in Art 19 OECD-MA genannt werden (zB Art 19 Abs 4 Buchst a DBA Dänemark; Art 18 Abs 4 DBA Japan; Art 19 Abs 4 Österreich). § 50d Abs 7 EStG knüpft an die einschlägigen abkommensrechtlichen Definitionen an und stimmt daher nicht mit dem Begriff der (inländischen) öffentlichen Kasse iSd § 49 Abs 1 Nr 4 EStG überein.
Hinsichtlich der Aufbringung aus öffentlichen Mitteln ging die FinVerw (FinSen Berlin vom 24.07.2006, DB 2006, 2153) mit der hM (FG Berlin vom 02.02.2005, EFG 2005, 1946; Wassermeyer/Drüen in Wassermeyer, DBA (März 2019), Art 19 MA Rz 41; Dürrschmidt in Vogel/Lehner, DBA (6. Aufl), Art 19 Rz 27; Lampert in Schönfeld/Ditz, DBA (2. Aufl), Art 19 DBA Rz 29) bislang davon aus, dass für die Anwendung von § 50d Abs 7 EStG eine unmittelbare Zahlung aus einer öffentlichen Kasse vorliegen muss. Wurden die Mittel lediglich durch eine öffentliche Kasse refinanziert, sollte § 50d Abs 7 EStG nicht gelten.
In BFH vom 28.03.2018, BFH/NV 2018, 1118 hat der BFH eine veranlassungsbezogene Auslegung dieses Merkmals vorgenommen und § 50d Abs 7 EStG im Rahmen eines obiter dictums auch auf mittelbare Zahlungen ausgedehnt, die nur von einer öffentlichen Kasse finanziert wurden (glA BFH vom 08.09.2021, I R 17/18, BFH/NV 2022, 372). Unseres Erachtens sollte der Anwendungsbereich des Abs 7 eng ausgelegt werden. Eine unilaterale Erweiterung des Kassenstaatsprinzips im Hinblick auf mittelbare Finanzierungen bei Entwicklungshilfeprojekten ist nur dann geboten, wenn das einschlägige DBA nicht bereits Spezialregelungen enthält. Außerhalb von Entwicklungshelferklauseln ist eine einseitige Ausdehnung des deutschen Besteuerungsrechtes im Zusammenhang mit Kassenstaatsklauseln nur dann zu rechtfertigen, wenn es andernfalls zu einer Keinmalbesteuerung der betreffenden Einkünfte käme (kritisch auch Danz/Reichenberger, ISR 2019, 97; Lamprecht/Bischof, ISR 2018, 385).
In welchen Fällen die in Frage stehenden Zahlungen als im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht gelten, wurde gesetzlich nicht festgelegt. Die Rspr sieht dies bei einem Finanzierungsanteil aus öffentlichen Kassen von mindestens 75 % erfüllt (BFH vom 28.03.2018, BFH/NV 2018, 1118; in diesem Sinne Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 102 (12/2022); Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 116 (12/2021): mehr als 50 %; Boochs in Lademann, § 50d EStG Rz 361 (08/2017): mehr als ein Drittel). Die Wesentlichkeitsgrenze bezieht sich uE auf die Gesamtvergütung des StPfl und ist nicht projektbezogen aufzuteilen (aA in einem obiter dictum BFH vom 28.03.2018, BFH/NV 2018, 1118).
Rn. 138–139
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei