Der Neuregelung des § 200a Abs. 1 AO-E lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob und in welchem Umfang ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen zu begründen ist. Nach § 200a Abs. 1 S. 2 AO-E soll eine "weitergehende Begründung" des Mitwirkungsverlangens nicht erforderlich sein, wenn die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen hat und der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten dennoch nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist. Dies könnte dahingehend zu verstehen sein, dass nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser die "Androhung" des qualifizierten Mitwirkungsverlangens die eigentliche Begründung entbehrlich macht. In ähnlicher Weise sieht AEAO Nr. 1 zu § 200 vor, dass einfache Mitwirkungsverlangen nicht begründet werden müssen.
Hinweis auf vergebliche Mitwirkungsaufforderung: Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Erlass eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens – ebenso wie bei einem einfachen Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO – um eine Ermessensentscheidung handelt. Ohne Begründung lassen sich die Ermessenserwägungen der Finanzbehörde nicht nachvollziehen. Da für den Erlass eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens, wie dargelegt, die Kooperationswilligkeit des Steuerpflichtigen maßgeblich ist, sollte die Begründung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens zumindest einen Hinweis darauf enthalten, dass der Steuerpflichtige zuvor vergeblich zur Mitwirkung aufgefordert wurde, das qualifizierte Mitwirkungsverlangen also zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen erforderlich ist.
Hinweis auf Steuerrelevanz und Verhältnismäßigkeit: Hinzu kommt, dass bereits ein einfaches Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO nur rechtmäßig ist, wenn die angeforderten Auskünfte und/oder Unterlagen steuerrelevant sind, also für die steuerliche Beurteilung des geprüften Sachverhalts von Bedeutung sein können, und die eingeforderte Mitwirkungshandlung verhältnismäßig, also im Einzelfall geeignet, erforderlich und angemessen ist, um die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln (Peters/von Freeden in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, Rz. 1.532). Die Überprüfung des Mitwirkungsverlangens auf seine Verhältnismäßigkeit hin ist nur möglich, wenn die Finanzbehörde die Gründe, aus denen der Prüfer bestimmte Auskünfte oder Unterlagen fordert, im Mitwirkungsverlangen darlegt (Peters/von Freeden in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, Rz. 1.532).
Dies gilt umso mehr, wenn auch die "nicht vollständige" Erfüllung des Mitwirkungsverlangens die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes auslösen soll. Die Frage, ob ein Mitwirkungsverlangen nicht vollständig erfüllt wurde, kann im Einzelfall schwierig zu beantworten sein. Die Begründung des Mitwirkungsverlangens kann hier wertvoll sein, um die Intention des Prüfers nachzuvollziehen und so zu ermitteln, wann aus Sicht des Prüfers eine "nicht vollständige" Erfüllung des Mitwirkungsverlangens vorliegt.
Vor diesem Hintergrund dürfte ein rechtmäßiges qualifiziertes Mitwirkungsverlangen unter Berücksichtigung des dargestellten gestuften Vorgehens Folgendes verlangen:
- 1. Stufe: Begründetes einfaches Mitwirkungsverlangen, in dem die Steuerrelevanz der angeforderten Auskünfte und/oder Unterlagen sowie die Verhältnismäßigkeit des Mitwirkungsverlangens dargelegt wird;
- 2. Stufe: "Androhung" eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens;
- 3. Stufe: Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen, in dem zur Begründung Bezug auf die bisherigen vergeblichen Aufforderungen zur Mitwirkung genommen wird.