Rz. 6

Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen gem. § 200a Abs. 1 AO stellt nach einhelliger Ansicht einen vollstreckbaren Verwaltungsakt i. S. d. § 118 Abs. 1 AO dar, gegen den Einspruch und Klage möglich sind.[1] Es ist auf die Erfüllung der den Stpfl. nach § 200 Abs. 1 S. 1 AO treffenden Verpflichtung gerichtet, bei der Feststellung der Sachverhalte mitzuwirken, die für die Besteuerung erheblich sein können.[2] Im Einzelnen nennt § 200 Abs. 1 S. 2 AO in diesem Zusammenhang die Erteilung von Auskünften, die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren und anderen Unterlagen und die Abgabe der zu deren Verständnis erforderlichen Erläuterungen sowie die Unterstützung der Finanzbehörde bei der Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 AO.

 

Rz. 7

Das schriftliche oder elektronische Dokument, welches das qualifizierte Mitwirkungsverlangen enthält, muss sich nicht notwendigerweise auf die Auskunft zu einer einzelnen Frage oder die Vorlage einer einzelnen Frage beschränken. Häufig wird der Stpfl. in ein und demselben Dokument zur Beantwortung einer Mehrzahl von Fragen oder einer Mehrzahl von Unterlagen aufgefordert werden. Nach Ansicht von Seer[3] handelt es sich in diesem Fall um einen Sammelverwaltungsakt, der mehrere Regelungen umfasst. Dies könnte zur Folge haben, dass jeder einzelne Punkt für sich ein Mitwirkungsverlangen darstellen würde, das jeweils für sich die in den Abs. 2-6 vorgesehenen Rechtsfolgen auslöst, also insbesondere zur Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes führen könnte. Um diese Konsequenz zu vermeiden, will Krumm[4] nicht die "Fragen zählen", sondern die verschiedenen Mitwirkungsverlangen "handlungsbezogen, zeitlich und thematisch" voneinander abgrenzen. Wenn der Prüfer in einem Schreiben mehrere Fragen stelle, handele es sich um ein Mitwirkungsverlangen. Wenn er später weitere Fragen stelle, komme es darauf an, ob diese dasselbe Thema wie das erste Schreiben beträfen oder ob sie einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand hätten. Im ersten Fall liege ein nur inhaltlich ergänztes einheitliches Mitwirkungsverlangen, im zweiten Fall lägen mehrere selbstständige Mitwirkungsverlangen vor.[5]

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein einheitliches oder mehrere selbstständige Mitwirkungsverlangen vorliegen, ist im Hinblick auf die in den Abs. 2-5 ergebenden Rechtsfolgen von erheblicher Bedeutung. Insbesondere hängt davon ab, ob das Mitwirkungsverzögerungsgeld und ggf. auch der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nur einmal oder mehrfach festgesetzt werden können.[6] Unter den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und Praktikabilität liegt es einerseits nahe, die Zahl der Mitwirkungsverlangen allein nach der Zahl der schriftlichen oder elektronischen Dokumente zu bestimmen, in denen sie gestellt werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es von der Entscheidung des Prüfers abhängt, ob er an ein und demselben Tag gestellte, aber unterschiedliche Sachverhaltskomplexe betreffende Fragen und Vorlageverlangen in einem Dokument zusammenfasst oder auf mehrere Dokumente verteilt. Schließlich ist zu beachten, dass die Frist für die Feststellung der Mitwirkungsverzögerung nach Abs. 1 S. 4 verwaltungsaktbezogen ist. Dies spricht dafür, die in einem einheitlichen Dokument zusammengefassten Fragen und/oder Vorlagenverlangen grundsätzlich als Einheit anzusehen und damit als ein einziges Mitwirkungsverlangen zu qualifizieren. Eine Mehrzahl von Mitwirkungsverlangen kann nur vorliegen, wenn die von dem Prüfer gestellten Fragen und/oder Vorlageverlangen unterschiedliche Sachverhaltskomplexe betreffen. Dies ist der Fall, wenn sie nicht bloß der Konkretisierung und Detaillierung des ein und dieselbe Frage betreffenden Mitwirkungsverlangens dienen, sondern sich auf klar voneinander abgrenzbare Gegenstände beziehen, die unabhängig voneinander aufgeklärt werden können. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Prüfer die von ihm angenommene inhaltliche Selbstständigkeit verschiedener, aber äußerlich in einem Dokument zusammengefasster Mitwirkungsverlangen eindeutig zum Ausdruck bringen. Umgekehrt schließt es der Gesichtspunkt der selbstständigen sachlichen Aufklärbarkeit eines Sachverhalts aus, inhaltlich zusammenhängende und voneinander abhängiger Fragen und/oder Vorlageverlangen willkürlich auf verschiedene Dokumente aufzuteilen, um eine möglichst große Zahl qualifizierter Mitwirkungsverlangen zu generieren, die jeweils für sich die Rechtsfolgen der Abs. 2-5 auslösen können.

 

Rz. 8

Die Rechtmäßigkeit des qualifizierten Mitwirkungsverlangens setzt voraus, dass die Auskünfte oder Unterlagen, auf deren Erteilung oder Vorlage es gerichtet ist, steuerrelevant sind, d. h. für die Beurteilung des geprüften Sachverhalts von Bedeutung sein können und die dem Stpfl. abverlangte Mitwirkungshandlung im Einzelfall geeignet, erforderlich und angemessen ist, um die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln.[7] Hat die Finanzbehörde nach § 199 Abs. 2 S. 3, 1. Halbs. AO im Einvernehmen mit dem Stpfl. Rahmenbedin...

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