5.1 Grund der Regelung
Rz. 68
Abs. 4 regelt die Anwendung des § 171 Abs. 4 S. 3 AO in Fällen der Mitwirkungsverzögerung. § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. wurde ebenso wie § 200a AO durch das DAC 7-UmsG v. 20.12.2022 mit Wirkung vom 1.1.2023 in das Gesetz aufgenommen. Während bis dahin der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall ihrer Hinausschiebung erstrecken sollte, ohne weitere zeitliche Begrenzung bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide bzw. bis zum Verstreichen von drei Monaten nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO hinausgeschoben war, endet diese Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Um der Gefahr zu begegnen, dass nicht mitwirkungsbereite Stpfl. den Abschluss der Außenprüfung durch eine hinhaltende Mitwirkungsverzögerung bis zum zwischenzeitlichen Eintritt der Festsetzungsfrist hinauszögern, schränkt Abs. 4 die Anwendung des § 171 Abs. 4 S. 3. 1. Halbs. AO n. F. in Fällen der Mitwirkungsverzögerung ein oder schließt diese in Wiederholungsfällen sogar gänzlich aus. Abs. 4 S. 3 sieht die entsprechende Geltung dieser Regelungen in Fällen vor, in denen der Stpfl. nicht unverzüglich darauf hingewiesen hat, dass ihm die geforderte Mitwirkung unmöglich ist. Die sich aus Abs. 4 ergebende Verlängerung der Festsetzungsverjährung gilt nach § 181 Abs. 1 S. 1 AO auch für die Feststellungsfrist für gesonderte Feststellungen.
5.2 Hinausschiebung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO (Abs. 4 S. 1)
Rz. 69
Abs. 4 S. 1 sieht eine Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. für den Fall vor, dass wegen einer Mitwirkungsverzögerung ein Mitwirkungsverzögerungsgeld nach Abs. 2 festgesetzt wurde.
Die Verlängerung knüpft nicht an das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung als solcher, sondern an die deshalb erfolgte Festsetzung eines Mtwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 an. U. E. kommt es auch in diesem Fall nicht auf den Festsetzungsakt als solchen an, sondern darauf, dass dieser rechtlichen Bestand hatte. Wird die Festsetzung aus welchen Gründen auch immer aufgehoben, kommt eine Anwendung des Abs. 4 S. 1 nicht in Betracht (beachte für den Fall der Anfechtung aber die Rechtsfolgen nach Abs. 5). Wie sich aus der Vergangenheitsform "wurde" ergibt, setzt die Anwendung des Abs. 4 S. 1 voraus, dass die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes vor Ablauf der Frist des § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. erfolgt ist. Eine danach erfolgende Festsetzung führt also nicht zur rückwirkenden Verlängerung einer bereits abgelaufenen Festsetzungsfrist.
Fraglich ist, welche rechtliche Bedeutung dem Erfordernis zukommt, dass die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes "wegen einer Mitwirkungsverzögerung nach Abs. 2" erfolgt ist. Da die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 stets das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 1, 1. Satzteil voraussetzt, erscheint es auf den ersten Blick redundant. Dies würde allerdings voraussetzen, dass dem Verwaltungsakt, mit dem die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes erfolgt, Bindungswirkung für die Feststellung einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 zukäme, dem Stpfl. durch dessen Bestandskraft im Rahmen des Abs. 4 S. 1 also der Einwand abgeschnitten wäre, dass die Festsetzung zu Unrecht erfolgt sei. Eine solche Feststellungswirkung des Bescheids kann dem Gesetzestext u. E. nicht entnommen werden. Die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes stellt daher eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Anwendung des Abs. 4 S. 1 dar. In einem Rechtsstreit über die Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist ist das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 1, 1. Halbs. daher selbstständig zu prüfen. Ausgeschlossen ist der Stpfl. bei Bestandskraft des Festsetzungsbescheids allerdings mit dem Einwand, dass die Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 6 entschuldbar gewesen sei. Die Entschuldbarkeit steht dem Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung nicht entgegen (s. Rz. 29).
Rz. 70
Die Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist gilt nach Abs. 4 S. 1 für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt. Eine Beschränkung auf die Steuerarten und/oder Veranlagungszeiträume, auf die sich das nicht oder nicht hinreichend erfüllte Mitwirkungsverlangen bezog, sieht das Gesetz nicht vor. Auch eine einschränkende Auslegung ist im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht möglich. U.E. ist die Anwendung des Abs. 4 S. 1 allerdings auf die Steuern und Veranlagungszeiträume beschränkt, auf die sich die Außenprüfung im Zeitpunkt des Erlasses des qualifizierten Mitwirkungsverlangens erstreckte. Wird der Prüfungsumfang danach erweitert, sind die von der Erweiterung betroffenen Steuern von Abs. 4 S. 1 nicht betroffen.
R...