Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 194 Abs. 1 Satz 2 AO bleibt es grundsätzlich der Finanzbehörde überlassen, auf welche Steuerarten, Besteuerungszeiträume oder abgegrenzte Sachverhalte sie die Außenprüfung erstrecken will. Sie ist dabei auch bei Kleinstbetrieben nicht an einen bestimmten Prüfungsturnus oder Prüfungsrhythmus gebunden (BFH v. 23.06.2003, X B 165/02, BFH/NV 2003, 1147 m. w. N.). Sie wird sich bei ihrer Entscheidung an den den Umständen des Einzelfalls zu entnehmenden sachlichen Gesichtspunkten (steuerliche Gewichtigkeit, Aufklärungsbedürftigkeit, endgültige Steuerausfälle oder Steuererstattungen, nicht unbedeutende Gewinnverlagerungen u. Ä.) orientieren und Prüfungsschwerpunkte bilden (FinMin NRW v. 16.05.1995, S 1502 – 4 – V C 5, sog. "Rationalisierungserlass"). Sie hat dabei auch zu berücksichtigen, inwieweit Einzelermittlungen außerhalb der Außenprüfung in gleicher Weise zum Ziel führen (s. § 193 AO Rz. 2). Ist eine umfassende Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht erforderlich, kann sie eine abgekürzte Außenprüfung nach § 203 AO durchführen, die sich auf die "Prüfung einzelner Besteuerungsgrundlagen eines Besteuerungszeitraums oder mehrerer Besteuerungszeiträume" beschränkt (§ 4 Abs. 5 BpO). Sie kann die Prüfung auch auf einen oder mehrere gegenwartsnahe Prüfungszeiträume beschränken (zeitnahe Außenprüfung nach § 4a BpO; s. Rz. 11). Im Rahmen der Ermessensausübung sollen bei Anordnung und Durchführung von Prüfungsmaßnahmen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringstmöglichen Eingriffs beachtet (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BpO) und die Außenprüfung auf das Wesentliche abgestellt (§ 7 BpO). Der Prüfungsumfang ergibt sich regelmäßig aus der Prüfungsanordnung (BFH v. 12.10.1994, XI R 75/93, BStBl II 1995, 289).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO betrifft den ganzen Steuerfall (s. § 193 AO Rz. 9). Die Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO beschränkt sich auf die ihre Zulässigkeit begründenden Besteuerungsgrundlagen, die die Verpflichtung zur Entrichtung, Einbehaltung und Abführung betreffen, wie sich aus dem Wortlaut des § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO ("soweit") zweifelfrei ergibt (Schallmoser in HHSp, § 193 AO Rz. 62). Entsprechendes soll auch für die Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gelten und die Prüfung auf die steuerlichen Verhältnisse beschränkt sein, auf denen die Zulässigkeit der Außenprüfung beruht (so Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 194 AO Rz. 21), obwohl der Gesetzeswortlaut hier wie in § 193 Abs. 2 Nr. 3 AO "wenn" und nicht "soweit" lautet. M.E. gehören auch Ermittlungsmaßnahmen, die mittelbar aufgrund von Feststellungen hinsichtlich der die Prüfungszulässigkeit begründenden steuerlichen Verhältnisse erforderlich werden, zum Prüfungsumfang nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AO zulässiger Außenprüfungen. Anders als im Fall der Zulässigkeit nach § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO ist in diesen Zulässigkeitsfällen der die Zulässigkeit begründende Sachverhalt nicht eindeutig abgrenzbar, vielmehr kann sich als Folge von Prüfungsfeststellungen Ermittlungsbedarf hinsichtlich weiterer Sachverhalte z. B. zur Finanzierung von Aufwendungen, zur Geldverwendung u. Ä. ergeben. Dessen Erfüllung ist m. E. ebenfalls von § 193 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AO gedeckt. Anderenfalls müssten neue oder erweiternde Prüfungsanordnungen erlassen werden oder die Außenprüfung bliebe unvollständig.
Tz. 4a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Außenprüfung kann auch durchgeführt werden, um festzustellen, ob Steuern vorsätzlich oder leichtfertig verkürzt worden sind (BFH v. 04.11.1987, II R 102/85, BStBl II 1988, 113, s. § 193 AO Rz. 4). Ergeben sich dabei zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit, ist die für diese Vorgänge zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten (§ 10 BpO).