Kein Abgeltungsteuersatz für Ehegatten-Darlehen bei finanzieller Beherrschung
Hintergrund
Der Ehemann (M) gewährte seiner Ehefrau (F) für die Anschaffung und Renovierung eines Mietshauses teilweise besicherte Darlehen. F war mangels eigener Mittel und Kreditwürdigkeit auf die Darlehensgewährung durch M anwiesen. Der Zinssatz betrug 4 % bis 5,35 %. Die in den Jahren 2007 und 2008 fälligen Zinsen waren bis 2009 gestundet und wurden von F in 2009 an M gezahlt.
Für 2009 erklärte M Zinserträge von rund 27.000 EUR, für die er die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes beantragte. F machte einen entsprechenden Werbungskostenüberschuss bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das FA versagte den Abgeltungsteuersatz und unterwarf die Zinserträge der tariflichen Steuer. Es verwies auf die Regelung in § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Danach ist der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind. Ebenso entschied das FG und wies die Klage ab.
Zur Begründung ihrer Revision trugen die Eheleute vor, der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes bei Darlehen zwischen Ehegatten verletze den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Gebot des Schutzes der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG), wenn - wie hier - die Darlehen einem Fremdvergleich standhielten und ein Gestaltungsmissbrauch ausgeschlossen sei.
Entscheidung
Eheleute fallen zwar unter den Begriff der "nahestehenden Person". Denn das sind alle natürlichen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Ein allein aus der Eheschließung abgeleitetes persönliches Interesse reicht jedoch nicht aus, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Ein solches Näheverhältnis liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Darlehensgeber auf den Darlehensnehmer einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Das ist im Streitfall zu bejahen. Denn F verblieb hinsichtlich der Finanzierung kein Entscheidungsspielraum, da ein fremder Dritter das Objekt nicht zu 100 % finanziert hätte. F war bei der Darlehensaufnahme von M als Darlehensgeber absolut finanziell abhängig.
In dieser Auslegung ist die Versagung des Abgeltungsteuersatzes nicht grundgesetzwidrig. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 GG verbietet es, Ehegatten im Vergleich zu Ledigen allein deshalb steuerlich schlechter zu stellen, weil sie verheiratet sind. Liegen jedoch - unabhängig von der ehelichen Lebensgemeinschaft - Beweisanzeichen für die Annahme gleichgerichteter Interessen vor, ist der Einwand, Verheiratete seien schlechter gestellt, unbegründet. Denn die Benachteiligung der Verheirateten folgt dann nicht aus einer unwiderlegbaren an die Ehe anknüpfenden Vermutung eines Gestaltungsmissbrauchs, sondern ergibt sich aus konkreten Anhaltspunkten, die für eine enge Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten im Einzelfall sprechen. Der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes beruht im Streitfall somit nicht auf dem aufgrund der Eheschließung vermuteten persönlichen Näheverhältnis der Eheleute, sondern auf dem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis der F von M, da kein fremder Dritter die Gesamtfinanzierung des Objekts übernommen hätte. Die Revision wurde daher zurückgewiesen.
Hinweis
Nach der im Streitfall und bis 2010 gültigen Fassung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG war der Abgeltungsteuersatz bei einem Näheverhältnis stets ausgeschlossen, auch wenn keine missbräuchliche Ausnutzung der Steuersatzspreizung in Rede stand. Die Vorschrift wurde von der Verwaltung allerdings einschränkend ausgelegt und nur auf die Fälle angewandt, in denen der Darlehensnehmer die Zinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen kann und sich damit ein Gesamtbelastungsvorteil ergibt (BMF v. 9.10.2012, BStBl I 2012, 953, Tz. 136, letzte Änderung v. 3.1.2014, BStBl I 2014, 58 ). Diese zusätzliche Voraussetzung für den Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes wurde durch das JStG 2010 ab 2010 in die Regelung eingefügt. Der BFH ergänzt noch, dass sich die Problematik nicht stellt, wenn die Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich nicht standhalten. Für diesen Fall sind die Zinseinkünfte beim Darlehensgeber nicht anzusetzen und beim Darlehensnehmer nicht abziehbar.
Urteil v. 28.1.2015, VIII R 8/14, veröffentlicht am 11.3.2015
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