Ansatz der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwehrwache
Das Schleswig-Holsteinische FG hat entschieden, dass die Feuerwehrwache, der ein Berufsfeuerwehrmann ausschließlich zugeordnet ist und die er an jedem seiner Arbeitstage von seinem Wohnort aus zur Ableistung seines Schichtdienstes anfährt, auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 22.9.2010, VI R 54/09, BFHE 231 S. 127, Urteil v. 9.6.2011, VI R 58/09, BFHE 234 S. 155) die regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG darstellt. Bei den Werbungskosten kann daher lediglich die Entfernungspauschale angesetzt werden.
Geklagt hatte ein Berufsfeuerwehrmann, der bei der Stadt A beschäftigt und im Streitjahr ausschließlich der Hauptfeuerwehrwache zugeordnet war. Die Wache fuhr der Kläger im Rahmen seines Schichtdienstes, den er in der Regel von 7:30 Uhr bis 7:30 Uhr am darauffolgenden Tag ableistete, im Streitjahr von seinem Wohnort aus an 83 Tagen an. Von der Feuerwehrwache aus nahm der Kläger an Einsätzen zur Lebensrettung, zum Löschen von Bränden oder zur Gefahrgutbeseitigung teil. Nach Beendigung der Einsätze kehrte er regelmäßig zur Wache zurück. Ansonsten verrichtete er während der Dienstzeit nach einem genauen Dienstplan auf der Wache Werkstattdienste, machte Fahrzeugkontrollen und Fahrzeugreinigung sowie Wachreinigung. Ferner nahm er an Ausbildungs- und Sporteinheiten teil. In den Abend- und Nachtstunden - am Wochenende zum Teil auch tagsüber - sah der Dienstplan für den Kläger Bereitschaftszeit vor.
In seiner Einkommensteuererklärung hatte der Kläger für die insgesamt 83 Fahrten zur Hauptfeuerwehrwache Werbungskosten als Reisekosten bei Auswärtstätigkeit geltend gemacht und seiner Berechnung die Entfernungskilometer für Hin- und Rückfahrt zu Grunde gelegt. Er war der Auffassung, dass die Feuerwehrwache nach der neueren Rechtsprechung des BFH nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimme sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung. Der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit eines Berufsfeuerwehrmanns liege aber vor Ort bei den jeweiligen Einsätzen. Demgegenüber fielen die Bereitschaftszeit und die in der Feuerwehrwache ausgeübten Tätigkeiten qualitativ nicht ins Gewicht.
Dem sind das Finanzamt und der 5. Senat des FG nicht gefolgt. Sie sahen die Feuerwehrwache als regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG an, so dass lediglich die Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwehrwache angesetzt wurde. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der Feuerwehrwache um eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers des Klägers, die der Kläger auch mit Nachhaltigkeit aufgesucht habe. Die Wache sei auch der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers, an der er typischerweise schwerpunktmäßig tätig geworden sei. Er müsse während der gesamten 24-Stunden Schicht grundsätzlich in der Wache anwesend sein; dort würden auch wichtige Arbeiten zur Erhaltung der Einsatzfähigkeit der Feuerwehr verrichtet. Meldungen für die Einsätze liefen in der Wache auf; nach Beendigung eines Einsatzes kehre der Kläger auch regelmäßig zur Wache zurück. Auch in zeitlicher Hinsicht verbringe der Kläger in der Regel mehr Zeit auf der Wache als in den Einsätzen. Erst die ständige, nur durch die Einsätze unterbrochene Anwesenheit des Klägers und seiner Berufskollegen auf der Wache gewährleiste die Funktionsfähigkeit und ständige sofortige Einsatzbereitschaft der Berufsfeuerwehr. Anders als z. B. ein Betriebsprüfer im Finanzamt suche der Kläger daher die Wache auch nicht nur gelegentlich auf, um etwa in geringfügigem Umfang an Dienstbesprechungen oder Verwaltungstätigkeiten teilzunehmen.
Vor diesem Hintergrund liege der ortsgebundene qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit in der Feuerwehrwache, auch wenn das Außenbild eines Feuerwehrmanns von der eigentlichen Einsatztätigkeit des Löschens von Bränden, der Lebensrettung oder der Gefahrgutbeseitigung geprägt sei. Auch dann, wenn man als ein weiteres Kriterium für eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ darauf abstellte, ob der Arbeitnehmer sich in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung seiner Wegekosten - z. B. durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder ggf. durch Wohnsitznahme - hinwirken könne, sei dieses Kriterium im Streitfall erfüllt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 24.6.2013, 5 K 233/12
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