Betrugsschaden als Werbungskosten
Hintergrund: Betrug durch den Grundstücksmakler
A beabsichtigte, ein Villengrundstück zu erwerben und teilweise zu vermieten. Nachdem der Kauf wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen nicht zustande kam, spiegelte der Immobilienmakler X dem A vor, von der Verkäuferin mit dem Verkauf beauftragt zu sein. A müsse allerdings im Hintergrund bleiben und ihm, X, den Kaufpreis in bar übergeben. A übergab darauf im Streitjahr 2000 dem X 3,5 Mio. DM als Kaufpreis, 400.000 DM als Provision und 100.000 US-$ als "Handgeld" in bar. Der Verkauf kam jedoch nicht zustande. X verwendete das Geld für sich. Er wurde strafrechtlich belangt und zur Rückzahlung verurteilt. A erwarb schließlich noch in 2000 das Objekt und vermietete es ab 2003 teilweise.
A machte für 2000 den anteilig auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Betrugsschaden (3,55 Mio. DM) als vorab entstandene Werbungskosten bei VuV geltend. Das FA und ihm folgend das FG lehnten dies mit dem Hinweis ab, mangels einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Veräußerin fehle es an einem objektiven Zusammenhang der Zahlungen mit den später erzielten Einkünften aus VuV.
Entscheidung: Vergebliche Aufwendungen als Werbungskosten
Der BFH widerspricht dem FA und dem FG. Vorab entstandene Werbungskosten können bei VuV abgezogen werden, sobald sich der Steuerpflichtige endgültig entschlossen hat, durch Vermieten Einkünfte zu erzielen (Vermietungsabsicht). Hat der Steuerpflichtige noch kein Objekt, muss sich die Absicht auch darauf richten, ein Objekt in absehbarer Zeit anzuschaffen (Erwerbsabsicht) oder herzustellen (Bebauungsabsicht). Vergebliche Aufwendungen, die im Fall der Anschaffung zu Anschaffungskosten geführt hätten, sind in dem Zeitpunkt als Werbungskosten abziehbar, in dem deutlich wird, dass es nicht mehr zu einer Verteilung als AfA kommen wird, weil die Aufwendungen voraussichtlich dauerhaft ohne Gegenleistung bleiben werden oder ihre Rückzahlung nicht zu erlangen sein wird.
Entgegen der Auffassung des FG schließt das Fehlen einer verbindlichen rechtlichen Grundlage den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung nicht aus. Voraussetzung für die Abziehbarkeit ist lediglich, dass sich der Steuerpflichtige endgültig zum Erwerb und zur Vermietung entschlossen hat. Daran besteht vorliegend kein Zweifel. Allein schon daraus, dass A das Objekt im dritten Anlauf und nach wenigen Monaten tatsächlich erworben hat, lässt sich schließen, dass er von Anfang an zum Erwerb entschlossen war.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Denn es stand nicht fest, wann für A feststand, dass die Gegenleistung ausbleiben und eine Rückzahlung von X nicht zu erlangen sein würde. Entscheidend ist, in welchem Zeitpunkt (retrospektiv) aus Sicht des A genügend Anhaltspunkte für die (damals) prognostische Annahme vorlagen, dass er von X betrogen wurde und er sein Geld wohl nicht zurückerlangen würde. Das FG hat diese Feststellungen nachzuholen und außerdem aufzuklären, inwieweit die verlorenen Aufwendungen dem vermieteten Gebäudeanteil zuzuordnen sind.
Hinweis: Wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung
Der BFH bestätigt den Grundsatz des Abzugs vergeblicher Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten, wenn eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht. Voraussetzung ist lediglich der endgültige Entschluss zur Vermietung. Auch ohne vertragliche Grundlage kann der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietung anerkannt werden. Unerheblich ist auch, ob der Steuerpflichtige fremdüblich oder unkonventionell gehandelt oder die übliche Sorgfalt vernachlässigt hat. Auch leichtsinniges Handeln oder die Täuschung durch einen Betrüger schließen daher den Werbungskostenabzug nicht aus. Anders wäre es nur dann, wenn der Steuerpflichtige selbst tatsächlich nicht mit einem Erfolg seiner Zahlungen rechnen konnte, weil er die Umstände erkennen konnte, die den Erwerb des Objekts objektiv unmöglich machten. Ohne nähere Kenntnis der Einzelumstände kann für den Streitfall aber wohl nicht davon ausgegangen werden, A hätte angesichts der ungewöhnlichen Abwicklung (Überbringung des Barbetrags ins Ausland ohne Vertrag und Sicherung) nicht davon ausgehen können, dass der Kauf gelingen werde.
Der Werbungskostenabzug ist in dem Zeitpunkt möglich, zu dem aufgrund einer Prognose mit "großer Wahrscheinlichkeit" davon ausgegangen werden kann, dass die Gegenleistung ausbleiben und eine Rückzahlung der Aufwendungen nicht zu erlangen sein wird. Eine Gewissheit ist für diese Prognose nicht erforderlich.
BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 24/16; veröffentlicht am 28.6.2017.
Alle am 28.6.2017 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 18.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024
-
Minderung der Miete durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen
16.12.2024
-
Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
16.12.2024
-
Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
16.12.2024
Aber: auch wenn er damit rechnen musste, dass der Makler das Geschäft nicht hinbekommt, so konnte er wohl nicht erahnen, dass das Geld für ihn verloren sein würde.
Die Entscheidung ist daher richtig. Dr. Schäuble muss ihm die Hälfte über die Steuer zurückzahlen. Das fg muss die Sache noch genau ansehen!