Einlage wertgeminderter Beteiligungen und Forderungen aus Gesellschafterdarlehen
Hintergrund: Verlust bei Veräußerung wertgeminderter Anteile
X war ursprünglich alleiniger Gesellschafter der O-GmbH. 1996 gründete er ebenfalls als Alleingesellschafter eine Verwaltungs-GmbH (V-GmbH), stattete sie mit einem Stammkapital von 1 Mio. DM aus und verkaufte seine Beteiligung an der O-GmbH an die V-GmbH für 6 Mio. DM. Aufgrund des hohen eingezahlten Stammkapitals der O-GmbH ergab sich bei X für 1996 ein Verlust nach § 17 EStG von 20 Mio. DM.
Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte X in 1996 der V-GmbH ein Darlehen von zunächst 4 Mio. DM, das sich durch Zuschreibung der Zinsen laufend erhöhte. Im Januar 2001 veräußerte X zunächst 25 % der Anteile an der V-GmbH zum Preis von 1 DM an den in Aussicht genommenen Unternehmensnachfolger N. Im August 2001 erwarb X das von einem Dritten an die O-GmbH vermietete Grundstück. Im Dezember 2001 veräußerte X weitere 74 % Anteile an der V-GmbH für 1 DM an N und erklärte gleichzeitig den Verzicht auf das der V-GmbH gewährte Darlehen einschließlich noch nicht abgerechneter Zinsen.
X machte für das Streitjahr 2001 Verluste aus der Veräußerung seiner Anteile an der V-GmbH und aus dem Darlehensverzicht nach § 17 EStG geltend (insgesamt rund 7 Mio. DM). Das FA erkannte den Verlust nicht an, da er wegen der zum August entstandenen Betriebsaufspaltung (aufgrund des Grundstückserwerbs) im BV entstanden sei und die Anteile (75 %) an der V-GmbH zu diesem Zeitpunkt lediglich mit ihrem Teilwert in das BV einzulegen waren. Das FG gab der Klage (im zweiten Rechtsgang) im Wesentlichen statt.
Entscheidung: Bewertung von GmbH-Anteilen bzw. von eigenkapitalersetzenden Darlehen
Der BFH wies die Revision des FA im Streitpunkt als unbegründet zurück.
- X hat im August 2001 aufgrund der Vermietung des Grundstücks an die O-GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet. Dem steht nicht entgegen, dass er an der O-GmbH (Betriebs-Kapitalgesellschaft) nicht unmittelbar, sondern lediglich mittelbar über die zwischengeschaltete V-GmbH beteiligt war. Die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung kann auch durch eine nur mittelbare Beteiligung entstehen.
- Zum 31.12.2001 (Veräußerung der Anteile an der V-GmbH) hat keine Betriebsaufgabe stattgefunden. Eine Betriebsaufgabe liegt nicht vor, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage zum Buchwert in ein anderes BV des Steuerpflichtigen übergeht. X hat aus der Veräußerung vielmehr einen laufenden Verlust erzielt. Denn er hatte sich im Dezember 2001 an der O-GmbH still beteiligt. Das Grundstück ist zum Buchwert in das Sonder-BV des X bei der atypischen stillen Gesellschaft übergegangen. Das schließt die Annahme einer Betriebsaufgabe aus. Möglicherweise bestand die Betriebsaufspaltung auch über den 31.12.2001 hinaus fort.
- Bei der Ermittlung der Höhe des Verlusts ist die Einlage der wertgeminderten, zuvor nach § 17 EStG steuerverstrickten Beteiligung an der V-GmbH in das BV des Besitz-Einzelunternehmens zum 1.8.2001 im Wege einer erweiternden Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b EStG nicht mit dem (niedrigeren) Teilwert, sondern mit den höheren AK anzusetzen. Die dem steuerverstrickten PV zuzuordnende Wertminderung kann auch nach Einlage der Beteiligung in das BV geltend gemacht werden.
- Die Grundsätze zur Bewertung der Einlage wertgeminderter Beteiligungen i.S. des § 17 EStG in ein BV sind entsprechend auf die Bewertung der Einlage solcher wertgeminderter Gesellschafterdarlehensforderungen anzuwenden, deren Ausfall sich im Falle der weiteren Zugehörigkeit der Forderung und der korrespondierenden Beteiligung zum PV bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuerrechtlich ausgewirkt hätte. Damit wird eine planwidrige Regelungslücke geschlossen. Als Einlagewert ist daher nicht der Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung in den Fällen des § 17 EStG als nachträgliche AK zu berücksichtigen wäre.
- Ein Finanzplandarlehen setzt regelmäßig voraus, dass der Darlehensgeber verpflichtet ist, das Kapital dem Schuldner langfristig zu überlassen. Bei der erforderlichen Gesamtschau ist neben den Konditionen vor allem zu berücksichtigen, ob zumindest nach Einschätzung des Gesellschafters das Darlehen für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele unentbehrlich war und ob eine Verpflichtung zur langfristigen Belassung des Kapitals bestand.
Hinweis: Finanzplandarlehen auch ohne Ausschluss des Kündigungsrechts
Der BFH erläutert ausführlich die Indizien, die für ein Finanzplandarlehen sprechen können. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau kann ein Finanzplandarlehen auch dann angenommen werden, wenn das gesetzliche Kündigungsrecht nicht ausgeschlossen ist, sich aber aus den objektiven Umständen ergibt, dass der Darlehensgeber verpflichtet ist, das Darlehen langfristig zu überlassen.
Rechtsänderung mit Vertrauensschutz
Der Streitfall betrifft die Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23.10.2008). Für Sachverhalte, die sich – anders als der Streitfall – erst nach Aufhebung des zivilrechtlichen Eigenkapitalersatzrechts ereignet haben, hat der BFH entschieden, dass die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen nicht mehr anzuwenden sind. Der Streitfall stellt daher einen Altfall dar, der nach der bisherigen Rechtslage zu beurteilen ist. Überdies anerkennt der BFH für die Anwendung der bisherigen Grundsätze aus Vertrauensschutzgründen eine Übergangsfrist bis zum 27.9.2017 (BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15, BFH/NV 2017, 1501).
BFH, Urteil v. 29.11.2017, X R 8/16, veröffentlicht am 11.04.2018.
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