FG: Abweichen von Pauschbeträgen für Auslandsübernachtungen

Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlich angefallenen Kosten für Übernachtungen im Ausland die in den Richtlinien genannten Pauschbeträge nicht unwesentlich unterschreiten, darf die Verwaltung weitere Ermittlungen über die Höhe der dem Steuerpflichtigen erwachsenen Kosten anstellen und bei einem nicht unwesentlichen Unterschreiten den Ansatz der Pauschalen wegen der ansonsten vorliegenden offensichtlich unzutreffenden Besteuerung ablehnen.

Hintergrund:

Der in den BMF-Schreiben über die Pauschbeträge geregelte Dienstreisetypus stellt auf eine einzelne Dienstreise an einem einzelnen Tag durch eine einzelne Person ab. Anhaltspunkte für eine nicht unwesentliche Unterschreitung der Pauschbeträge bestehen daher bei Dienstreisen, in deren Rahmen zwei Personen über mehrere Tage, Wochen und sogar Monate immer wieder an den gleichen Orten den Dienstgeschäften nachgingen.

Im Urteilsfall waren zwei Mitunternehmer gemeinsam als Monteure auf Baustellen in den Niederlanden tätig. Sie erklärten Betriebsausgaben i.H.v. 23.200 EUR in Form von Pauschbeträgen für Übernachtungen, welche im Streitjahr für die Niederlande 100 EUR betrugen. Nachdem das Finanzamt die Höhe dieser Betriebsausgaben nicht anerkannt hat, wurde Einspruch eingelegt. Einspruchsbegründung: die Kosten seien in zutreffender Anwendung des entsprechenden BMF-Schreibens angesetzt worden, da es nicht immer möglich gewesen sei, entsprechende Belege vorzulegen. Die Baustellen hätten sich häufig geändert, so dass jede Woche eine neue Unterkunft hätte gesucht werden müssen. Das beklagte Finanzamt meint dagegen, der Ansatz der Übernachtungspauschalen führe zu einer unzutreffenden Besteuerung.

Entscheidung:

Die Klage ist unbegründet. Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anwendung der Pauschalen für Übernachtungen im Ausland. Diese seien nämlich bei einer vom Normaltypus abweichenden Art der Dienstreise nicht bindend, wenn sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würden. Während der in dem BMF-Schreiben geregelte Dienstreisetypus auf eine einzelne Dienstreise an einem einzelnen Tag durch eine einzelne Person abstellt, ist im Streitfall über mehrere Dienstreisen zu befinden, bei denen die Gesellschafter über mehrere Tage, Wochen und sogar Monate immer wieder an den gleichen Orten den Dienstgeschäften nachgingen. Da in solchen Fällen günstigere Konditionen angeboten oder zumindest ausgehandelt werden können, sind die Pauschbeträge für Übernachtungskosten auf diesen Dienstreisetypus nicht zugeschnitten. Da die Klägerin keinerlei Belege vorgelegt hat, wurden die Kosten der Auslandsübernachtungen mit lediglich ca. 30 EUR je Tag geschätzt.

(FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.1.2012, 1 K 1386/09)

Praxishinweis:

Das für die Steuerpflichtigen nachteilige Urteil ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung, da sehr häufig bei Auslandsreisen auf die günstigen Pauschbeträge zurückgegriffen wird. Sinn und Zweck der Übernachtungspauschalen ist es, den Steuerpflichtigen von der Notwendigkeit zum Sammeln von Belegen zu befreien. Das Urteil des Gerichts widerspricht dem Vereinfachungsgedanken und fordert die Steuerpflichtigen letztendlich auf, doch die tatsächlichen Kosten nachzuweisen, da die genannten Voraussetzungen für die Anerkennung der Auslandspauschalen – eintägige Dienstreise einer einzelnen Person – unrealistisch sind. Es ist leider davon auszugehen, dass die Finanzämter in Zukunft die Übernachtungspauschalen kritischer beurteilen werden. Es sei noch darauf hingewiesen, dass das Hessische Finanzgericht (Urteil v. 16.3.2009, 11 K 1498/05, EFG 2009 S. 1836) immerhin bestimmt hat, dass die Anwendung der Pauschbeträge selbst dann nicht zu einer unzutreffenden Besteuerung führt, wenn die tatsächlichen Übernachtungskosten die Pauschalen um 40% unterschreiten.


Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Dienstreise, Übernachtung