Gewerbliche Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG"
Hintergrund: Vermögensverwaltende "Einheits-GmbH & Co. KG"
Bei der sog. Einheitsgesellschaft als Sonderform der GmbH & Co. KG werden die Anteile an der Komplementär-GmbH nicht von den Kommanditisten, sondern von der KG selbst gehalten. Der BFH hatte zu entscheiden, ob eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG auch nach Überführung der Anteile an der Komplementär-GmbH in das Gesamthandsvermögen der KG (Einheitsgesellschaft) noch gewerblich geprägt ist i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Kommanditisten wurden alleinige Gesellschafter der GmbH und übertrugen ihre GmbH-Anteile auf die KG. Nach den in § 7 des Gesellschaftsvertrags getroffenen Sonderregelungen über die "Wahrnehmung der Rechte an der Komplementärin (Einheitsgesellschaft)" übten die Kommanditisten ihre Gesellschaftsrechte an der Komplementärin durch Beschlussfassung über die jeweilige Maßnahme aus. Die Eintragungen in das Handelsregister erfolgten am 5.2.2008.
Das FA stellte die Gewinne für die Streitjahre 2008 und 2009 zunächst erklärungsgemäß als gewerbliche Einkünfte fest. Nach einer Bp in 2011/2012 gelangte es zu der Auffassung, dass ab 5.2.2008 bei der KG die Voraussetzungen einer gewerblichen Prägung nicht mehr erfüllt seien, da nunmehr auch die Kommanditisten geschäftsführungsbefugt seien. Dies führe mit Wirkung vom 5.2.2008 zu einer Betriebsaufgabe. Somit sei ein Aufgabegewinn hinsichtlich des Immobilienbesitzes zu erfassen. Die folgenden Einkünfte seien Einkünfte aus VuV. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG änderte die Feststellungsbescheide dahin, dass für beide Streitjahre Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden.
Entscheidung: Komplementär-GmbH als prägende Kraft
Der BFH wies die dagegen gerichtete Revision des FA zurück.
Wie bei jeder GmbH & Co. KG existieren auch bei der "Einheits-GmbH & Co. KG" zwei rechtlich selbstständige Gesellschaften mit zwei getrennten Rechtssphären. Bei der "Einheits-GmbH & Co. KG" ist allerdings die KG als Alleingesellschafterin der GmbH für deren Willensbildung zuständig. Die KG wird in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH – sofern keine abweichenden Regelungen existieren – von der Komplementär-GmbH, diese wiederum von ihren Geschäftsführern, vertreten. Dies kann zu Interessenkollisionen bei der Willensbildung in der Komplementär-GmbH führen. Denn ohne abweichende Regelungen wären die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH z. B. dazu berufen, über ihre eigene Bestellung, Abberufung und Entlastung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) zu entscheiden sowie das Weisungsrecht gegenüber sich selbst auszuüben (§ 37 Abs. 1 GmbHG).
Der Vermeidung dieses – zumindest faktischen - Interessenkonflikts dient die in § 7 GesV getroffene Regelung. Eine derartige Regelung beseitigt aber nicht die Prägewirkung der Komplementär-GmbH. Entscheidender Gesichtspunkt für die Prägung ist, dass die Kapitalgesellschaft als Vollhafter die eigentliche Unternehmenstätigkeit auf der Ebene der KG ausübt. Das trifft auch bei einer "Einheits-GmbH & Co. KG" zu, bei der den Kommanditisten – wie in § 7 GesV – die Geschäftsführungsbefugnis nur beschränkt auf den Bereich der Ausübung der Gesellschaftsrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH übertragen wird. Denn eine solche gesellschaftsvertragliche Regelung lässt die Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit durch die Komplementärin unberührt. Die den Kommanditisten eingeräumten Befugnisse betreffen unmittelbar nur den Rechtskreis der Komplementär-GmbH. Sie berühren nicht unmittelbar die eigentliche Unternehmenstätigkeit auf Ebene der KG und können daher keine "prägende" oder "entprägende" Kraft auf Ebene der KG entfalten. Die Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit auf Ebene der KG bleibt ausschließlich bei der Komplementär-GmbH.
Hinweis: "Einheits-GmbH & Co. KG" kann Gestaltungsaufwand reduzieren
Der BFH zieht eine Parallele zur "beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG", die dazu dient, den Einfluss der Kommanditisten auf die GmbH und damit die Unternehmenstätigkeit sicherzustellen. Ebenso ist es bei der "Einheits-GmbH & Co. KG". Diese Sonderform wird insbesondere zur Vermeidung des bei einer "beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG" gegebenen – nicht unerheblichen – Gestaltungsaufwands gewählt, der erforderlich ist, um die Identität der Beteiligungsverhältnisse dem Grunde und der Höhe nach an beiden Gesellschaften zu wahren. Bei der "Einheits-GmbH & Co. KG" ist eine entsprechende Verzahnung der Gesellschaftsverträge der KG und GmbH entbehrlich, weil die Kommanditisten nur noch mittelbar über ihre KG-Beteiligung an der Komplementär-GmbH beteiligt sind und mithin nur noch eine Gesellschaftsbeteiligung existiert. Somit sind keine komplizierten gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen für den Fall von Anteilsübertragungen erforderlich, weil ein Ausscheiden aus der KG zugleich auch eine Beendigung der – mittelbaren – GmbH-Beteiligung mit sich bringt. Eine konfliktfreie Willensbildung bei der Komplementär-GmbH wird dadurch sichergestellt, dass den Kommanditisten die Ausübung der Gesellschaftsrechte aus oder an den von der KG gehaltenen GmbH-Anteilen eingeräumt wird.
BFH, Urteil v. 13.7.2017, IV R 42/14, veröffentlicht am 13.9.2017.
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