Keine außergewöhnliche Belastung für Unterhaltsaufwendungen an die BAföG-beziehende Lebensgefährtin
Hintergrund: Unterhaltszahlungen an die studierende Lebensgefährtin
A führte im Streitjahr 2014 mit seiner damaligen Lebensgefährtin und späteren Ehefrau (E) in eheähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt. E befand sich im Studium und war an der Universität immatrikuliert. Sie bezog geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (ca. 2.000 EUR). Außerdem erhielt sie eine elternunabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), wovon ihr im Streitjahr monatlich 670 EUR ausgezahlt wurden (je zur Hälfte als Zuschuss und als Darlehen).
A machte für das Streitjahr Unterhaltsaufwendungen für E in Höhe von 6.000 EUR nach § 33a EStG geltend. E sei als unterhaltsberechtigte Person i.S.v. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG zu berücksichtigen. Denn ihr habe wegen seiner, des A, Unterhaltsleistungen keine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zugestanden. Er habe den überwiegenden Teil ihrer Lebenshaltungskosten getragen.
Das FA berücksichtigte die Unterhaltsaufwendungen nicht.
Das FG wies die Klage ab. A könne nicht mit einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellt werden. Denn E habe nicht aufgrund der Unterhaltsleistungen des A keinen Anspruch auf Sozialleistungen gehabt, sondern wegen ihres im Rahmen des BAföG förderungsfähigen Studiums.
Entscheidung: Keine abziehbaren Unterhaltszahlungen an die durch BAföG geförderte Lebensgefährtin
Der BFH wies die Revision des A zurück. Die Aufwendungen des A sind nicht im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Denn bei E handelt es sich weder um eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person noch um eine einer solchen gleichgestellte Person i.S. von § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG.
Keine zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung
A war gegenüber E vor der Eheschließung nicht zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet. Denn die Unterhaltspflicht trifft nur Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandte in gerader Linie (§ 1360 BGB, § 5 LPartG, §§ 1601, 1589 BGB).
Keine Gleichstellung mit einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person
E ist keine einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellte Person i.S.v. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG. Ihr sind keine zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des A gekürzt worden. Zwar hatte E keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Das beruht jedoch nicht auf etwaigen Unterhaltsleistungen des A, sondern auf ihrem Bezug von Leistungen nach dem BAföG. Denn nach § 7 Abs. 5 SGB II, § 22 Abs. 1 SGB XII und § 11 Abs. 1 BAföG sind – von Härtefällen abgesehen - Ansprüche des "Auszubildenden" (hier E) auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe ausgeschlossen.
Keine Zwangslage aufgrund zu geringer BAföG-Leistungen
A beruft sich darauf, er habe die (geringverdienende) E im Rahmen der eheähnlichen Lebensgemeinschaft wie bei einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund einer - wegen zu geringer BAföG-Leistungen entstandenen - sittlichen Zwangslage unterhalten müssen. Dem steht entgegen, dass der Abzug von Unterhaltsaufwendungen aufgrund sittlicher Verpflichtung seit der Änderung des § 33a Abs. 1 EStG durch das JStG 1996 ausgeschlossen ist (BFH v. 23.10.2002, III R 57/99, BStBl II 2003, 187). In § 33a Abs. 1 Satz 3 (früher Satz 2) EStG wurden lediglich diejenigen Personen gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellt, deren Sozialleistungen "mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden".
Damit werden "freiwillige" Unterhaltszahlungen nur dann wie zivilrechtlich geschuldete Zahlungen behandelt, wenn für den Leistenden eine vergleichbare Zwangslage wie bei einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten gegeben ist. Das ist nur der Fall, wenn gesetzlich unwiderlegbar vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person sichergestellt ist, und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden (BFH v. 23.10.2002, III R 57/99, BStBl II 2003, 187, unter II.2.c aa).
Da E im Streitfall wegen etwaiger Unterhaltsleistungen des A weder einen Anspruch auf Sozialleistungen verloren hat noch ein solcher deshalb gekürzt wurde, befand sich A folglich nicht in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete.
Hinweis: Keine Berücksichtigung als allgemeine außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG
Selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung, E zu unterhalten, kommt eine Berücksichtigung der Aufwendungen des A als allgemeine außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG nicht in Betracht. Denn für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a Abs. 4 (früher Abs. 5) EStG eine abschließende Regelung (BFH v. 23.10.2002, III R 57/99, BStBl II 2003, 187, Rz 24). Typische Unterhaltsaufwendungen sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeklammert und in § 33a EStG abschließend geregelt. Eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG kommt daneben nicht in Betracht. Nur dann, wenn durch außergewöhnliche Umstände zusätzliche, durch die Pauschalregelungen in § 33a Abs. 1 bis 3 EStG nicht abgegoltene (untypische) Aufwendungen, etwa Krankheitskosten, entstehen, können diese nach § 33 EStG abgezogen werden (BFH v. 4.7.2002, III R 8/01, BStBl II 2002, 760, Rz 18).
Kein ALG II oder Sozialhilfe für Auszubildende
Auszubildende sind – von Härtefällen abgesehen – vom Bezug von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe ausgeschlossen (§ 7 Abs. 5 SGB II, § 22 Abs. 1 SGB XII, § 11 Abs. 1 BAföG). Dieser Ausschluss von Sozialleistungen beruht somit nicht auf den Unterhaltszahlungen des A. Folglich bestand für ihn keine vergleichbare Zwangslage wie im Fall einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung.
BFH Urteil vom 31.03.2021 - VI R 2/19 (veröffentlicht am 27.05.2021)
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