Kindergeld trotz Wegfalls der Meldung als Arbeitsuchender

Stellt die Arbeitsagentur die Vermittlung mangels einer Pflichtverletzung des Kindes zu Unrecht ein, besteht die Meldung als Arbeitsuchender unbefristet fort.

Hintergrund

Zu entscheiden war, ob der 20-jährige Sohn (S) als arbeitsuchendes Kind für das Kindergeld zu berücksichtigen ist. 

S war seit April 2009 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Letztmals im August 2009 setzte er sich mit der Agentur in Verbindung. Anfang Dezember nahm er einen Termin bei der Agentur ohne Angabe von Gründen nicht wahr. Die von der Agentur versandte Mitteilung, sie beabsichtige, die Arbeitsvermittlung einzustellen, blieb unbeantwortet. Darauf fertigte die Agentur unter dem 5.1.2010 eine Verfügung, mit der sie die Arbeitsvermittlung einstellte. Mit Wirkung vom 11.1.2010 meldete sie S aus der Arbeitsvermittlung ab. 

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom November 2010 ab Februar 2010 auf, weil S bei der Agentur nicht mehr als arbeitsuchendes Kind gemeldet sei. Zugleich forderte sie den Vater auf, das für den Streitzeitraum gewährte Kindergeld zu erstatten.

Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, der Vater bestreite den Zugang der Einstellungsverfügung, die damit nicht wirksam bekannt gegeben worden sei. Der Status als arbeitssuchend sei daher nicht entfallen.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des FG besteht allein wegen des Fehlens einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung die Meldung als Arbeitsuchender nicht zeitlich unbefristet fort. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob das Kind die ihm (nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III) obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Agentur die Vermittlung zu Recht eingestellt hat, entfällt der Kindergeldanspruch mit Ablauf des Monats, in dem das arbeitsuchende Kind von der Agentur aus der Vermittlung abgemeldet wurde. Sollte die Agentur die Vermittlung hingegen zu Unrecht eingestellt haben, besteht die Meldung und damit der Kindergeldanspruch zeitlich unbefristet fort. 

Die Pflicht zur Vermittlung des Arbeitsuchenden ist - anders als früher - nicht mehr auf drei Monate beschränkt; sie besteht grundsätzlich unbefristet fort. Die Agentur kann allerdings die Vermittlung einstellen, wenn der Arbeitsuchende seine Pflichten - Einreichung von Unterlagen, Einhaltung der der Eingliederungsvereinbarung oder der ihm durch Verwaltungsakt auferlegten Eigenbemühungen - ohne wichtigen Grund nicht erfüllt. Als "Sanktion" sieht das Gesetz für diesen Fall eine "Vermittlungssperre" für 12 Wochen vor. Entscheidend für den Fortbestand der Arbeitsuchendmeldung ist daher, ob das Kind eine entsprechende Pflichtverletzung begangen hat.

Der BFH betont, dass - anders als früher - nicht mehr bei jeglicher mangelnder Mitwirkung die Vermittlung eingestellt werden kann. Nunmehr ist erforderlich, dass einer der gesetzlich genannten Fälle (§ 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III: mangelnde Einreichung von Unterlagen, Verstoß gegen die Eingliederungsvereinbarung oder die auferlegten Eigenbemühungen) vorliegt. Damit berechtigt nicht mehr jede Terminversäumnis zur Einstellung der Vermittlung, sondern nur, wenn z.B. die Pflicht zum Erscheinen in der Eingliederungsvereinbarung festgelegt ist. 

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, um festzustellen, ob eine Pflichtverletzung durch S vorliegt, die unter einen der gesetzlichen Fälle fällt.  

Hinweis

Das bedeutet für den Fall einer zwar nicht wirksam bekanntgegebenen, gleichwohl aber inhaltlich zu Recht erfolgten Vermittlungseinstellung, dass der Kindergeldanspruch nach Ablauf des Monats entfällt, in dem das arbeitsuchende Kind aus der Vermittlung abgemeldet wurde. Hat die Agentur dagegen die Vermittlung mangels einer beachtlichen Pflichtverletzung zu Unrecht eingestellt, besteht die Meldung zeitlich unbefristet - ggf. bis zum Erreichen des 21. Lebensjahrs - fort. 

Die Familienkasse trägt die Feststellungslast für eine dem Kind obliegende Pflicht. Umgekehrt trägt der Kindergeldberechtigte die Feststellungslast dafür, dass das Kind die ihm obliegenden Pflichten erfüllt oder nur aus wichtigem Grund verletzt hat.  

Der BFH ergänzt noch, dass in Fällen, in denen - anders als hier - eine wirksame Einstellungsverfügung vorliegt, diesem ressortfremden Verwaltungsakt Tatbestandswirkung zukommen dürfte, so dass die Familienkasse an ein dadurch ausgelöstes Erlöschen der Arbeitsuchendmeldung gebunden wäre. 

Urteil v. 10.4.2014, III R 19/12, veröffentlicht am 23.7.2014

Alle am 23.7.2014 veröffentlichten BFH-Entscheidungen im Überblick


Schlagworte zum Thema:  BFH-Urteile, Arbeitsagentur, Familienkasse, Kindergeld