Nachträglicher Schuldzinsenabzug nach Veräußerung der Immobilie
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese erwarb in 2001 eine Immobilie, die sie vermietete. In 2014 wurde die Immobilie veräußert. Bezüglich der Fälligkeit des Kaufpreises wurde die Regelung getroffen, dass dieser zunächst gestundet werden und eine Verzinsung von 6,00 % erfolgen sollte. Die Zahlung des Kaufpreises sollte dann in monatlichen Raten bis Dezember 2019 erfolgen. Die Eintragung des Eigentumswechsels sollte erst nach der vollständigen Zahlung des Kaufpreises erfolgen. In der Feststellungserklärung 2015 erklärte die Klägerin keine Vermietungseinnahmen mehr, wohl aber Schuldzinsen aus den Darlehen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. Die Zinseinnahmen deklarierte sie als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt erkannte die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an. Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, der ursprüngliche Finanzierungszusammenhang zwischen den Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei durch den Verkauf nicht erloschen, da der aus dem Verkauf zugeflossene Teil des gestundeten Kaufpreises nicht ausgereicht habe, um die Darlehensverbindlichkeiten vollständig zu tilgen. Nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren wurde Klage erhoben.
Schuldzinsenabzug als nachträgliche Werbungskosten?
Das zuständige Finanzgericht Düsseldorf sah indes die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet an. Zwar sei der überwiegende Teil der Schuldzinsen durch die Klägerin gezahlt worden. Bei diesen sei jedoch durch die Veräußerung der Immobilie der Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgelöst worden und stattdessen ein neuer Zusammenhang zu den Einkünften aus Kapitalvermögen begründet worden. Zwar entfalle der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang zwischen einem Darlehen und einer Immobilie nicht allein deshalb, weil die Immobilie veräußert werde. Die Geltendmachung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach einer Veräußerung sei aber nur dann möglich, wenn und soweit die Verbindlichkeiten aus dem Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Maßgeblich sei hierbei insbesondere, was mit dem Veräußerungserlös geschehe. Schafft der Steuerpflichtige sich eine neue Einkunftsquelle an, besteht der Zusammenhang mit dem neuen Objekt fort. Hier habe der Steuerpflichtige durch die Stundung des Kaufpreises eine neue Quelle angeschaffte, die durch die Zinsen zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Die Gestaltung ähnele der einer Veräußerung einer Immobilie gegen eine Leibrente. Auch hier habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgelöst wird.
Gestaltungen erst mit verbindlicher Auskunft abklären
Die gewählte Gestaltung hat auf den ersten Blick durchaus Charme. Der Kaufpreis wird gestundete und in Raten abgelöst. Deshalb kann die Darlehensverbindlichkeit nicht in voller Höhe sofort aus dem Veräußerungserlös zurückgezahlt werden, so dass weiterhin Zinsen gezahlt werden müssen, die als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärt werden. Die erhaltenen Zinsen stellen offensichtlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, die der Abgeltungsteuer von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag unterliegen. Leider hat das Finanzamt dieser schönen Gestaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht, da es durch die Veräußerung den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Einkünften aus der Vermietung und dem Darlehen als aufgelöst ansah. Kurz – nach der Veräußerung war die Klägerin keine Vermieterin mehr, sondern sie erzielte ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen. Mit diesen Einkünften aus Kapitalvermögen stehen die gezahlten Zinsen nunmehr in einem wirtschaftlichen Zusammenhang. Allerdings sind bei Einkünften aus Kapitalvermögen die Werbungskosten nicht abzugsfähig. Hätte man dies erkennen können? Bei einem Blick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Abzugsfähigkeit von Zinsen nach einer Veräußerung gegen Leibrentenzahlung hätte man zumindest vorsichtig sein müssen. Eine Absicherung durch eine verbindliche Auskunft hätte sich hier im Vorwege durchaus angeboten.
Das Urteil ist vorläufig nicht rechtskräftig, da das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zur Rechtsfortbildung zugelassen hat.
FG Düsseldorf, Urteil v. 10.07.2018, 10 K 1911/17 F, Haufe Index 12067386
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