Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung

Bei Übertragung eines verpachteten Geschäftshauses an einen Erwerber, der die Verpachtung nur für einen Teil des Gebäudes fortsetzt, liegt hinsichtlich dieses Grundstücksteils eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor. 

Hintergrund

Streitig war das Vorliegen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen. A errichtete in 1999 bis 2001 ein Geschäftshaus. Das Erdgeschoss vermietete sie an ihren Ehemann B und das Obergeschoss an Dritte. A verzichtete für die Vermietungsumsätze auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG (steuerfreie Grundstücksvermietung) und nahm aus den Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch. In 2007 veräußerte sie das Gebäude an eine GmbH. Sie verzichtete dabei nicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (steuerfreie unter das GrEStG fallende Umsätze). Die GmbH übernahm das Mietverhältnis mit dem Ehemann nicht und nutzte das Erdgeschoss für eigene unternehmerische Zwecke. Die Mietverhältnisse mit Dritten führte sie dagegen unverändert fort. 

A nahm - offenbar unter Zugrundelegung einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen - für 2007 keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor. Das FA meinte abweichend davon, es liege weder ganz noch teilweise eine Geschäftsveräußerung vor. Die Vorsteuer sei daher zu berichtigen. Dem folgte das FG und wies die Klage mit der Begründung ab, ein selbständiger Unternehmensteil, der zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen führen könne, setze ein zivilrechtlich selbständiges Wirtschaftsgut voraus. 

Entscheidung

Eine Vorsteuerberichtigung unterbleibt bei einer Grundstücksveräußerung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung. Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung ist, dass ein Unternehmen oder ein in der Unternehmensgliederung gesondert geführter Betrieb  im Ganzen übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a UStG). Es liegt dann keine Änderung der Verhältnisse vor, da der Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen wird, sondern der Erwerber den bisherigen Berichtigungszeitraum fortführt (§ 15a Abs. 6a UStG a.F., jetzt Abs. 10). Entgegen der Auffassung des FA und des FG lehnt der BFH hinsichtlich der an Dritte verpachteten Räume eine Änderung der Verhältnisse ab. Die Lieferung des Gebäudes von A an die GmbH ist insoweit als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar. Der Begriff der Geschäftsveräußerung umfasst die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Entscheidend dafür ist die Lage im Zeitpunkt der Übertragung. Außerdem muss der Erwerber beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. 

Hiervon ausgehend liegen die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung hinsichtlich der ursprünglich an den Ehemann verpachteten Räume nicht vor, da die GmbH diese Flächen nicht weiterhin verpachtet, sondern für eigene Zwecke genutzt hat. Anders ist es bezüglich der an Dritte vermieteten Räume. Diese sind ein selbständiger Unternehmensteil. Der vermietete Grundstücksteil muss nicht ein "zivilrechtlich selbständiges Wirtschaftsgut" sein. Der Begriff des Teilvermögens (Art. 19 MwStSystRL) umfasst vielmehr eine Kombination von Unternehmensbestandteilen, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreichen, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde. Dabei ist es unerheblich, wenn der Veräußerer gleichzeitig mit der Übertragung eine andere wirtschaftliche Tätigkeit - hier die Vermietung an den Ehemann - einstellt. 

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat zur Feststellung der Höhe der Vorsteuerberichtigung den Inhalt und Umfang der Mietverträge mit den Dritten und die Gesamtfläche des Gebäudes zu ermitteln.

Hinweis

Der BFH stellt klar, dass eine Geschäftsveräußerung bei teilweiser Vermietung eines Grundstücks nicht voraussetzt, dass der vermietete Grundstücksteil zivilrechtlich selbständig ist. Der unionsrechtliche Begriff des Teilvermögens (Art. 10 MwStSystRL) erfordert eine einheitliche Auslegung unabhängig von der Ausgestaltung des nationalen Zivilrechts. Der BFH verweist auf die Parallele bei der Begründung von Miteigentum an einem teilweise vermieteten Grundstück. Hier geht die unternehmerische Vermietungstätigkeit auf die Bruchteilsgemeinschaft über, wobei sich die Geschäftsveräußerung auf den vermieteten Grundstücksteil beschränkt.

BFH, Urteil v. 6.7.2016, XI R 1/15, veröffentlicht am 21.9.2016



Schlagworte zum Thema:  Geschäftsveräußerung, Umsatzsteuer