Anschaffungskosten der nach Optionsausübung erworbenen Aktien
Hintergrund: Aufwendungen für die Option zum Erwerb von Aktien
Die A-GmbH (A) verwaltet Unternehmensbeteiligungen. Am 9.12.1986 erwarb sie von einer Bank (C) emittierte Optionsanleihen. Die mit den Anleihen verknüpften Optionsscheine berechtigten zum Erwerb von Aktien der C zu einem Basispreis je Aktie. Am 15.12.1986 veräußerte A die Anleihen ohne die Optionsscheine, die sie zurückbehielt und in ihrem AV zum 31.12.1986 mit den AK aktivierte. Zum 31.12.1987 schrieb sie die Optionsscheine um rund 1/3 auf den geminderten Teilwert ab. In 1996 (Streitjahr) übte A ihr Optionsrecht aus und erwarb Aktien der C zu dem in den Optionsbedingungen festgelegten Basispreis. Sie aktivierte die Aktien zum 31.12.1996 mit diesen AK in Höhe des gezahlten Basispreises zuzüglich Buchwert der Optionsscheine.
Das FA vertrat die Auffassung, die Aktien seien mit den AK (Basispreis) zuzüglich der ursprünglichen AK der Optionsscheine (vor Teilwertabschreibung) zu aktivieren. Die Differenz zwischen dem Buchwert der eingesetzten Optionsscheine und deren historischen AK sei steuerpflichtiger Ertrag. Denn für den Erwerb der Aktien sei die volle Optionsprämie als Gegenleistung aufgewendet worden. A wandte dagegen ein, die bei Erwerb der Optionsanleihen für die Optionsscheine gezahlte Prämie sei lediglich in Höhe der im Zeitpunkt der Optionsausübung noch aktivierten (teilwertberichtigten) Beträge, nicht aber der historischen AK der Optionsscheine den AK der Aktien als Anschaffungsnebenkosten hinzuzurechnen.
Das FG gab der Klage statt. Neben dem Basispreis sei das WG "Option" zur Anschaffung der Aktien aufgewendet worden. Dieses WG sei mit der Ausübung entfallen und es sei ein Aufwand in Höhe des weggefallenen WG, somit in Höhe des Buchwerts entstanden.
Entscheidung: Ansatz der Aktien mit dem Basispreis zuzüglich der historischen AK der Option
Der BFH widerspricht dem FG. Bestandteil der AK der erworbenen Aktien ist zunächst der von A für den Erwerb geleistete Basispreis (§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB). Zu den AK als Nebenkosten des Erwerbsvorgangs (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB) gehört außerdem das von A im Dezember 1986 im Rahmen des Erwerbs der Optionsanleihe für die Option zum Erwerb der Aktien tatsächlich gezahlte Entgelt. Als AK dieses Vermögensgegenstands gilt der Preis für den Erwerb der Option. Die Option war daher als eigenständiger Vermögensgegenstand mit dem für die Optionseinräumung gezahlten Entgelt, d.h. mit den historischen AK der Option, zum 31.12.1986 zu aktivieren.
Wertänderungen während der Haltezeit der Option sind für die Höhe der AK unerheblich
Bei der Ausübung der Option sind die von A für die Einräumung der Option gezahlten Beträge als Anschaffungsnebenkosten der erworbenen Aktien zu erfassen. Werterhöhungen oder Wertminderungen (Teilwertabschreibungen), die während der Haltezeit der Option im BV des Optionsinhabers eingetreten sind, berühren die Qualifizierung der Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten ausgehend vom Ursprungsbetrag (der Höhe nach) nicht. Daher wirkt sich bei einer wertgeminderten Option die Differenz zu den historischen AK im Zeitpunkt der Ausübung des Rechts gewinnerhöhend aus. Der zwischenzeitlich im BV eingetretene Wertverlust des Optionsrechts berührt den Erwerbsaufwand nicht. Nur der Ansatz der historischen AK für das Optionsrecht, nicht der Buchwert, entspricht dem Prinzip der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen.
Hinweis: Die Option ist ein selbständiges Wirtschaftsgut
Das Optionsrecht ist als ein eigenständiges Wirtschaftsgut zu qualifizieren. Bis zur Ausübung unterliegt sie einem "eigenen Schicksal". Wird das Recht an Dritte veräußert, findet eine Gewinnrealisierung statt, verbleibt es im Betriebsvermögen, kann eine Teilwertabschreibung möglich sein, wird es endgültig nicht genutzt, ist es erfolgswirksam auszubuchen. Die Frage, mit welchem Wert das Optionsrecht bei Ausübung der Option in die AK der erworbenen Aktien eingeht, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Der BFH entscheidet die Frage überzeugend dahin, dass die historischen AK und nicht der Buchwert der Option maßgeblich sind. Der Erwerb der Option bewirkt, dass bereits in Höhe des dafür aufgewendeten Betrags Anschaffungsnebenkosten des nachfolgenden Aktienerwerbs vorliegen. Mit dem Erwerb der Option werden bereits die Bedingungen des "Hauptgeschäfts" fixiert. Auf diese Bemessung (historische AK) wirkt sich eine Teilwertberichtigung oder auch eine Wertaufholung nicht aus. Im Streitfall (Streitjahr 1996) galt noch das Zuschreibungswahlrecht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG a.F., das ab 1999 durch das Wertaufholungsgebot (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002) abgelöst wurde.
BFH Urteil vom 22.05.2019 - XI R 44/17 (veröffentlicht am 12.09.2019)
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