Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen als steuerfreie Einnahme
Sachverhalt: Erstattung nach Verbeamtung
Die Kläger wurden im VZ 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin hatte in den Veranlagungsjahren 2010, 2011 und 2013 Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Nachdem sie verbeamtet worden war, beantragte sie im Jahr 2016 die Erstattung dieser Beiträge gem. § 210 Abs. 1a SGB VI. Die Deutsche Rentenversicherung Bund erstattete ihr den vollen Betrag von rund 2.780 EUR mit Bescheid vom 24.3.2017 (Zufluss im Jahr 2017, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Im Einkommensteuerbescheid mit Datum vom 23.4.2018 berücksichtigte das Finanzamt den Erstattungsbetrag als Minderung der Altersvorsorgeaufwendungen der zusammenveranlagten Ehegatten.
Mit Einspruch vom 26.4.2018 machte die Klägerin geltend, dass es sich nicht um negative Sonderausgaben, sondern um eine steuerfreie Leistung gem. § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG handele.
Entscheidung des FG Düsseldorf: Steuerfreie Einnahme
Nach Auffassung des FG Düsseldorf ist die Erstattung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu Unrecht mit den geleisteten Altersvorsorgebeiträgen der Kläger verrechnet worden. Bei der Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen handele es sich grundsätzlich um eine steuerbare Einnahme. Steuerbar sei, was unter eine der Einkunftsarten fällt.
Die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen gehöre zu den sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG. Die Vorschrift erfasse Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, der landwirtschaftlichen Alterskasse, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen.
Jedoch sei die als steuerbare Einnahme zu qualifizierende Beitragserstattung i. S. d. § 210 Abs. 1a SGB VI gem. § 3 Nr. 3 b) EStG als steuerfrei zu bewerten. Dass es sich bei der Erstattung um eine steuerbare Einnahme handelt, lasse sich auch aus der Regelung des § 3 Nr. 3 b) EStG ableiten. Demnach sind u. a. "Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286 d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch" steuerfrei. Die Vorschrift sei explizit auf die hier in Rede stehende Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen zugeschnitten. Da sich die Steuerfreistellung ausdrücklich auch auf Erstattungen nach § 210 SGB VI beziehe, würde sie leerlaufen, wenn man diese Erstattungen nicht als Einnahmen qualifiziert. Dieser gesetzgeberischen Entscheidung würde widersprochen, wenn die Erstattung von vornherein als negative Sonderausgabe – und nicht als steuerbare Einnahme – verstanden würde.
Typologie der Beitragserstattungen
Die rechtliche Einordnung der Beitragserstattung als negative Sonderausgabe, wie im Urteilsfall seitens der Finanzverwaltung argumentiert, widerspricht der Rechtslogik des Einkommensteuergesetzes. Negative Sonderausgaben würden sich lediglich auf die Vorschrift des § 10 EStG beschränken (z. B. Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen). Bei den erstatteten Beiträgen der Deutschen Rentenversicherung Bund handelt es sich jedoch um eine Einkunft i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG, die wiederum aufgrund der vorrangig anzuwendenden Vorschrift des § 3 Nr. 1 Buchst. b) EStG steuerfrei zu stellen ist. Eine gleichzeitige Einordnung, einmal zum § 10 EStG als Sonderausgabe und zum anderen als Sonstige Einkunft i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG ist rechtslogisch widersprüchlich. Den Vorrang hat § 3 EStG, weshalb eine Qualifizierung als steuerbare Einnahme und nicht als negative Sonderausgabe der steuerlich korrekten Einordnung entspricht.
Noch keine höchstrichterliche Entscheidung
Gemäß den Ausführungen des FG Düsseldorf sollten betroffene Steuerpflichtige keine Verrechnung der Beitragserstattungen im Falle des § 210 Abs. 1a SGB VI mit anderen Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG vornehmen bzw. zulassen. Die hier aufgeworfene Rechtsfrage wurde höchstrichterlich noch nicht beantwortet, weshalb die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen war. Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 35/18 anhängig. Betroffene Steuerpflichtige können in vergleichbaren Fällen in anhängigen Einspruchsverfahren eine Verfahrensruhe nach Maßgabe des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO herbeiführen.
FG Düsseldorf, Urteil v. 22.11.2018, 14 K 1629/18 E, Haufe Index 12977908
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