Umsatzsteuerfreiheit eines ärztlichen Notfalldienstes

Die Leistungen eines ärztlichen Notfalldienstes werden als Einheit behandelt und sind bei einem Verein, der Mitglied eines anerkannten Wohlfahrtsverbands ist, umsatzsteuerfrei.

Hintergrund

Der eingetragene Verein ist Mitglied eines anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege. Er betrieb für eine kassenärztliche Vereinigung einen ärztlichen Notfalldienst. Dazu unterhielt er mit Funk ausgerüstete Fahrzeuge mit ausgebildeten Rettungshelfern als Fahrer zur Beförderung der Notfallärzte sowie eine Leitzentrale, die Notfallanrufe entgegennahm, an die diensthabenden Ärzte weiterleitete und ggf. Rettungs- oder Krankenfahrzeuge anforderte. Bei einem Einsatz wurde der diensthabende Arzt von seiner Wohnung oder Praxis abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes begleiteten die Fahrer ihn in die Wohnung des Patienten und assistierten.

Das FA unterwarf die Umsätze des Vereins der USt. Dem widersprach das FG und gab der Klage statt.

Entscheidung

Auch der BFH bejaht die Steuerbefreiung des Vereins als Mitglied eines amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG).

Zunächst führt der BFH aus, dass das von dem Verein ausgeführte Bündel von Leistungen einen einheitlichen Umsatz darstellt, da die einzelnen Handlungen so eng mit dem Betrieb eines Notfalldienstes verbunden sind, dass sie einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Sodann bejaht der BFH auch das Merkmal der Unmittelbarkeit, d. h. die Voraussetzung, dass die Leistung dem satzungsgemäß begünstigten Personenkreis selbst unmittelbar und nicht nur mittelbar zugute kommt. Entscheidend dafür ist nicht, wer Vertragspartner ist, sondern dass die Leistungen ohne Zwischenschaltung Dritter an die nach der Satzung begünstigten Personen selbst erbracht werden. Das ist hier der Fall. Denn der Verein tritt unmittelbar, im eigenen Namen und zusätzlich zu der Behandlungsleistung des Arztes gegenüber den Patienten in Erscheinung.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das sog. Abstandsgebot vor. Danach muss das Entgelt hinter den von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben. Wenn aber - wie im Streitfall - vergleichbare Leistungen von kaufmännisch kalkulierenden Unternehmen gar nicht angeboten werden, ist mangels eines Preisvergleichs der Entgeltbeschränkung gleichwohl genügt.

Hinweis

Zur Frage, ob mehrere Leistungen zu einem oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, verweist der BFH auf die Rechtsprechung des EuGH. Danach liegt ein einheitlicher Umsatz nicht nur bei Haupt- und Nebenleistung vor, sondern immer auch dann, wenn zwei oder mehrere Einzelleistungen für den Kunden einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden. Entscheidend dafür ist die Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Diese Würdigung, an die der BFH sodann gebunden ist, obliegt grundsätzlich dem FG. Hat aber das FG diese Würdigung nicht vorgenommen, kann sie, sofern - wie hier - das FG die dafür erforderlichen Feststellungen getroffen hat, auch vom BFH selbst vorgenommen werden. 

BFH, Urteil v. 8.8.2013, V R 13/12 (veröffentlicht am 20.11.2013)


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