Unrichtiger Bilanzansatz in einer Prüferbilanz
Zwischen den Beteiligten war streitig, ob bzw. wann Ausgleichsansprüche des Organträgers im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (bei der die Rechtsvorgängerin der Steuerpflichtigen die Organgesellschaft war) gegenüber der Organgesellschaft als Verbindlichkeiten zu bilanzieren sind, nachdem aufgrund einer Betriebsprüfung beim Organträger geänderte Umsatzsteuerbescheide ergangen waren, die (zunächst) zu einer Rückzahlungsverpflichtung des Organträgers an das Finanzamt geführt hatten.
Hinsichtlich der Organgesellschaft war das Finanzamt der Auffassung, dass diese wegen der umsatzsteuerlichen Organschaft und der hieraus resultierenden Ausgleichspflicht in den Jahren 2003 bis 2005 entsprechende Verbindlichkeiten gegenüber der Organträgerin in Ihren Jahresabschlüssen passivieren müsse. Auf dieser Basis erließ das Finanzamt zugunsten der Organgesellschaft einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2005, gegen den diese keinen Einspruch einlegte.
Im Rahmen einer für die Folgejahre durchgeführten Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die Organgesellschaft die Feststellungen der Vor-Betriebsprüfung hinsichtlich der Umsatzsteuerverbindlichkeiten in ihren Bilanzen ab 2006 nicht fortgeführt hatte. Aufgrund der Korrektur der Gutschriften im Jahr 2008 und der Berücksichtigung des streitigen Vorsteuerbetrages bei der Umsatzsteuervoranmeldung der Organträgerin für den Monat Oktober 2008, habe die Steuerpflichtige zum 31.12.2008 eine Umsatzsteuerforderung gegenüber der Organträgerin in eben dieser Höhe zu aktivieren, wodurch die in gleicher Höhe in der Passivierung fortzuführende Umsatzsteuerverbindlichkeit entfalle. Insoweit sei der Gewinn für das Streitjahr zu erhöhen, wobei das Finanzamt von einem abweichenden Betrag ausging.
Prüferbilanz des Finanzamts
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt zu Unrecht in der Prüferbilanz zum 31.12.2005 eine Umsatzsteuer-Verbindlichkeit gegenüber der Organträgerin passiviert hatte. Da die Rechtsvorgängerin der Steuerpflichtigen diese Verbindlichkeit in ihren Bilanzen für 2006 bis 2008 nicht fortgeführt hatte, konnte der (unzutreffende) Bilanzansatz auch nicht für den Betriebsvermögensvergleich des Streitjahres 2008 herangezogen und gewinnerhöhend aufgelöst werden, denn die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs gelten insoweit nur zwischen Bilanzen, die der Steuerpflichtige selbst aufgestellt bzw. berichtigt hat und die der Veranlagung des Vorjahres zugrunde lagen.
Fehlerhafter Bilanzansatz
Der Besteuerung des Streitjahres war auch nicht aus Gründen des formellen Bilanzenzusammenhangs eine von der selbst erstellten Bilanz der Organgesellschaft des Vorjahres 2007 abweichende "Prüferbilanz" zugrunde zu legen, die die zum 31.12.2007 streitige Verbindlichkeit gegenüber der Organträgerin enthalten würde. Dieser Bilanzansatz war nämlich fehlerhaft. Die Organgesellschaft hatte ihn zutreffend nicht übernommen und in den Jahren 2006 bis 2008 fortgeführt. Der formelle Bilanzenzusammenhang, der gegebenenfalls zu einer gewinnerhöhenden Auflösung des unrichtigen Bilanzpostens im ersten noch nicht bestandskräftigen Jahr, dem Streitjahr 2008, führen könnte, greift daher nicht ein. Er gilt nur zwischen vom Steuerpflichtigen selbst aufgestellten bzw. berichtigten Bilanzen. Auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergab sich für den Streitfall nichts anderes.
Bilanzberichtigung muss der Steuerpflichtige vornehmen
Eine Bilanzberichtigung kann nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG nur der Steuerpflichtige selbst vornehmen. Dem Finanzamt ist eine derartige Berichtigung dagegen verwehrt.
Besteht die Verpflichtung zur Bilanzberichtigung nicht und weicht das Finanzamt fehlerhaft von der Bilanz des Steuerpflichtigen ab, wird dieser Bilanzierungsfehler nicht Teil der maßgeblichen Steuerbilanz, d.h. insoweit entsteht keine von der Bilanz des Steuerpflichtigen abweichende „Veranlagungsbilanz”, die in den Folgejahren über den Bilanzenzusammenhang korrigiert werden könnte.
Sind die Werte des Finanzamtes unzutreffend, übernimmt der Steuerpflichtige sie nicht und ist er auch nicht durch ein rechtskräftiges Urteil zur Übernahme der fehlerhaften Werte in die Bilanz verpflichtet, muss seine richtige Bilanz für den Betriebsvermögensvergleich im Folgejahr herangezogen werden. Daraus folgt, dass das fehlerhafte Abweichen von einer Bilanz des Steuerpflichtigen nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum korrigiert werden kann. Eine Korrektur kann nur in demselben Jahr erfolgen, soweit dies nach den Vorschriften der Abgabenordnung zulässig ist. Dies gilt in gleicher Weise für Fehler zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen.
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.2.2019, 3 K 972/14, Haufe Index 13007158
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