Vertraglich festgelegter Vorabgewinn ist umsatzsteuerbar
Überlassung von Vieheinheiten
Der Kläger ist hauptberuflicher Land- und Forstwirt und innerhalb seines landwirtschaftlichen Betriebs als Einzelunternehmer tätig. Er versteuert seine Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG. Außerdem ist er Komplementär einer aus ihm (Kapitalanteil 97 %) und einem Kommanditisten (Kapitalanteil 3 %) bestehenden KG. Diese betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb in Form einer Tierhaltungskooperation.
Im Gesellschaftsvertrag der KG ist unter anderem geregelt, dass der Kläger der KG 140 Vieheinheiten zur Nutzung zur Verfügung stellt und daher einen Vorabgewinn von je 5 EUR je überlassener Vieheinheit erhält. Die hieraus erzielten Einnahmen unterwarf er nicht der Umsatzsteuer, da es sich nach seiner Auffassung um nicht umsatzsteuerbare gewinnabhängige Vergütungen als Form der Gewinnverteilung handelte. Das Finanzamt sah in der Überlassung der Vieheinheiten gegen Vorabgewinnanteile einen umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch und sah insoweit auch keinen Raum für eine Pauschalierung nach § 24 UStG.
Überlassung gegen Vorabgewinn
Die Klage hatte insoweit keinen Erfolg. Ob ein Gesellschafter gegenüber einer Gesellschaft aufgrund eines gesonderten, schuldrechtlichen Austauschverhältnisses tätig wird oder allein auf gesellschaftsvertraglicher Ebene, unterliegt im Wesentlichen der tatrichterlichen Würdigung. Im Streitfall hat der Kläger mit seiner KG konkrete Regelungen für die Überlassung der Vieheinheiten getroffen und die Zahlung des Entgelts (Vorabgewinn von je 5 EUR) konkret in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung gestellt. Die Gegenleistung ist danach ausdrücklich abhängig vom Umfang des jeweiligen Leistungsbetrags, denn der Kläger sollte für seine Gesellschafterleistung "Überlassung von 140 Vieheinheiten" grundsätzlich einen "Vorabgewinn" von 700 EUR pro Wirtschaftsjahr erhalten. Eine entsprechende Regelung wurde mit dem Kommanditisten getroffen, der allerdings 380 Vieheinheiten zu überlassen hatte. Dementsprechend erhielt dieser auch einen höheren Vorabgewinn.
Der Umstand, dass dieser "Vorabgewinn" im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander nicht als Aufwand behandelt wird und nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages auch keine Betriebsausgabe der Gesellschaft darstellen soll, steht einer Würdigung der Zahlungen als Sonderentgelt im Sinne der Umsatzsteuer nicht entgegen. Die Nichtsteuerbarkeit von Gesellschafterbeiträgen beruht auf der Vergütung der Gesellschafterleistung durch die Gewinn- und Verlust-Beteiligung im Rahmen einer sogenannten Leistungsvereinigung und damit auf dem Vorliegen einer Chancen- und Risikogemeinschaft. Daran fehlt es aber, wenn die Gewinnverteilung nicht auf den vermuteten, sondern auf den tatsächlich erbrachten Gesellschafterbeiträgen beruht.
Richtlinienkonforme Auslegung der Durchschnittsbesteuerung
§ 24 Abs. 1 Satz 1 UStG gilt zwar seinem Wortlaut nach für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze". Dies ist aber in richtlinienkonformer Auslegung dahingehend zu verstehen, dass damit nur die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen gemeint ist, auf die die Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger gemäß Art. 295 ff. MwStSystRL Anwendung findet.
Vorliegen eines Leistungsaustauschs
Die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft abgegolten werden oder um Leistungen, die gegen Sonderentgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind. Maßgebend für das Vorliegen eines Leistungsaustausch ist, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht. Auf die Bezeichnung der Gegenleistung z. B. als Gewinn vorab/Vorabgewinn, als Vorwegvergütung, als Aufwendungsersatz, als Umsatzbeteiligung oder als Kostenerstattung kommt es dabei nicht an (vgl. Abschn. 1.6 Abs. 4 UStAE).
Im Streitfall erhielt der Kläger für die Überlassung der Vieheinheiten einen als Vorabgewinn bezeichneten und zumindest nach oben hin fest definierten Geldbetrag, der allerdings nur bezahlt werden sollte, wenn entsprechende Gewinne vorhanden sind. Die Tatsache, dass bei nicht ausreichend vorhandenen Gewinnen eine Kürzung des "Vorabgewinns" erfolgen konnte, sah das Finanzgericht nicht als entscheidungserheblich an. Vielmehr hat es aufgrund einer beispielhaften Gewinnverteilung dargelegt, dass die Zahlung der Vorabvergütung für die Überlassung der Vieheinheiten zu einer erheblich abweichenden Umverteilung des Gewinns im Vergleich zur Anwendung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels geführt hat.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde wurde die Revision zugelassen, Az beim BFH V R 22/19.
Betreffend die Nichtanwendung der Durchschnittssatzbesteuerung hat das FG darauf hingewiesen, dass das Überlassen von Vieheinheiten weder in Anhang VII der MwStSystRL als landwirtschaftliches Erzeugnis noch als landwirtschaftliche Dienstleistung in Anhang VIII der MwStSystRL genannt ist. Bei der gebotenen engen Auslegung handele sich bei der Überlassung einer Vieheinheit auch nicht um eine Leistung, die mit dem Hüten, Züchten und Mästen von Vieh (Anhang VIII Nr. 4 MwStSystRL) oder mit der Vermietung von "normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken" (Anhang VIII Nr. 5 MwStSystRL) vergleichbar ist.
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