Anfechtung einer Kapitalertragsteuer-Anmeldung durch den Vergütungsgläubiger
Hintergrund: Einbehalt von Kapitalertragsteuer wegen "Entflechtung (Spin-off)" von Aktien
Der Kläger (K) war Inhaber von Aktien eines amerikanischen Unternehmens. Aufgrund einer "Entflechtung (Spin-off)" dieser Aktien behielt das Kreditinstitut B Kapitalertragsteuer ein und meldete diese beim FA an.
Einspruch und Klage gegen Steueranmeldung erfolglos
K wandte sich gegen diese Steueranmeldung und machte beim FA geltend, dass die Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer rechtswidrig sei, weil der "Spin-off" der Aktien nicht zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führe. Das FA sah den Einspruch des K als unzulässig an, weil das für die Einkommensteuerveranlagung des K zuständige FA C bereits aufgrund eines Antrags des K auf Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG einen Einkommensteuerbescheid erlassen hatte, in den die Kapitalerträge einbezogen waren. Das FG wies die Klage ab (EFG 2016 S. 93).
Entscheidung: Rechtsschutzbedürfnis für Drittanfechtungsklage war entfallen
Der BFH bestätigte die Auffassung des FA und wies die Revision des K gegen das finanzgerichtliche Urteil mit der Begründung ab, dass die Klage (Drittanfechtungsklage) gegen die Steueranmeldung mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig war.
K war zwar grundsätzlich befugt, die Kapitalertragsteuer-Anmeldung anzufechten, weil durch diese auch seine rechtlich geschützten Interessen als Gläubiger der Kapitalerträge berührt waren. Da sich die Kapitalertragsteuer-Anmeldung jedoch bereits vor der Erhebung der Klage durch den Erlass des Einkommensteuerbescheids durch das FA C erledigt hatte, war insoweit das Rechtsschutzinteresse des K entfallen.
Aufgrund des Antrags des K nach § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG i.V.m. § 32d Abs. 4 EStG auf Überprüfung des Steuereinbehalts durch das FA C sind die von dem amerikanischen Unternehmen angemeldeten Kapitalerträge in die Steuerfestsetzung einbezogen und die abgeführte Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die hierfür festgesetzte Steuer angerechnet worden. Der Einkommensteuerbescheid hat damit die Kapitalertragsteuer- Anmeldung als Rechtsgrundlage für die einbehaltene Kapitalertragsteuer abgelöst, womit sich die Kapitalertragsteuer- Anmeldung nach § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise erledigt hatte.
Hinweis: Kläger hat falsches Verfahren gewählt
Unabhängig von der Unzulässigkeit seiner Klage hätte die von K aufgeworfene Frage, ob der sog. Spin-off der Aktien zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führt oder nicht, im Verfahren gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung nicht endgültig geklärt werden können. Denn die Überprüfung der Steueranmeldung beschränkt sich in diesem Verfahren darauf, ob der Vergütungsschuldner die Steueranmeldung vornehmen durfte. Das ist aber bereits dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen für den Steuereinbehalt zweifelhaft und nicht eindeutig rechtswidrig waren (vgl. BFH, Urteil v. 12.12.2012, I R 27/12, BStBl II 2013 S. 682, Rz 10). Abgesehen davon wäre eine Entscheidung in diesem Verfahren nicht bindend für die Einkommenbesteuerung, da mangels gesetzlicher Regelung ein Grundlage-/ Folgebescheid-Verhältnis zwischen der Kapitalertragsteuer-Anmeldung und der Einkommensteuerfestsetzung nicht besteht.
Klärung der Rechtsfrage im Verfahren gegen den Einkommensteuerbescheid
Die Frage, ob der Spin-off der Aktien zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften geführt hat, kann in einem Verfahren gegen den Einkommensteuerbescheid eigenständig beurteilt werden. Da K im vorliegenden Fall gegen den Einkommensteuerbescheid, dem die Kapitalerträge aufgrund seines Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG zugrunde gelegt worden sind, Einspruch eingelegt hat, über den bislang noch nicht entschieden ist, kann er hier sein Klageziel weiter verfolgen.
BFH Urteil vom 20.11.2018 - VIII R 45/15 (veröffentlicht am 10.04.2019)
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