Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasszugehörigkeit eines nach dem Erbfall in eine Personengesellschaft eingebrachten Grundstücks
Leitsatz (NV)
Ein zum Nachlass gehörendes Grundstück verliert die Nachlasszugehörigkeit durch die Einbringung in das Vermögen einer aus den Miterben bestehenden Personengesellschaft selbst dann, wenn der Erblasser die endgültige Auseinandersetzung hinsichtlich des Grundstücks davon abhängig gemacht hatte, dass es zuvor in das Vermögen der Personengesellschaft eingebracht wird. Der Erwerb von Alleineigentum an dem Grundstück durch einen Miterben nach der Einbringung ist deshalb nicht mehr nach § 3 Abs. 3 GrEStG 1983 von der Besteuerung ausgenommen.
Normenkette
GrEStG 1983 § 3 Abs. 3, § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; BGB § 718 Abs. 1, § 719 Abs. 1, § 2032 Abs. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zusammen mit seinem Bruder und dem Vater zu gleichen Teilen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Vater war Eigentümer mehrerer Grundstücke, die er der GbR zur Nutzung überlassen hatte und die deshalb ertragsteuerrechtlich als Sonderbetriebsvermögen des Vaters galten. Mit dem Tode des Vaters im September 1978 wurden der Kläger und der Bruder Miterben je zur Hälfte. In der fortbestehenden GbR erhöhte sich ihre Beteiligung auf jeweils 50 v.H. Der Vater hatte testamentarisch bestimmt, den Erben werde die Verpflichtung auferlegt, den schon bisher der GbR dienenden Grundbesitz in die Gesellschaft einzubringen. Solange diese Verpflichtung nicht erfüllt sei, schließe er bezüglich der Grundstücke die Auseinandersetzung seines Nachlasses aus.
In Erfüllung dieser Verpflichtung übertrugen der Kläger und sein Bruder durch notariell beurkundeten Einbringungsvertrag vom 5. Februar 1980 die Grundstücke auf die GbR. Der Kläger und sein Bruder wurden daraufhin als neue Eigentümer in Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen. Am 4. Juni 1993 übernahm jeder der beiden Brüder in notarieller Urkunde "im Wege der teilweisen Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts" eine aus einem der in die GbR eingebrachten Grundstücke gebildete Teilfläche zu Alleineigentum. Zum Ausgleich des Wertunterschiedes zwischen den Gebäuden auf den jeweils übernommenen Teilflächen verpflichtete sich der Kläger, an seinen Bruder 360 000 DM zu zahlen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte hinsichtlich dieses Erwerbs durch Bescheid vom 7. Dezember 1993 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 7 200 DM fest. Damit hatte der Kläger nur die auf die Ausgleichszahlung entfallende Grunderwerbsteuer zu entrichten. Im Übrigen blieb der Erwerb gemäß § 7 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 steuerfrei.
Einspruch und Klage, mit denen der Kläger unter Hinweis auf § 3 Nr. 3 GrEStG 1983 die vollständige Befreiung seines Erwerbs von der Grunderwerbsteuer verlangte, blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG)
Baden-Württemberg vom 23. Juni 1998 11 K 121/94 und den Grunderwerbsteuerbescheid vom 7. Dezember 1993 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. April 1994 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Der Erwerb des Klägers aufgrund des Auseinandersetzungsvertrages vom 4. Juni 1993 unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer. § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG 1983 ist entgegen der Auffassung des Klägers auf diesen Erwerb nicht anwendbar.
Nach dieser Vorschrift ist der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung ausgenommen. Das Grundstück, aus dem die vom Kläger zu Alleineigentum übernommenen, durch Vermessung neu gebildeten Grundstücke hervorgegangen sind, gehörte bei Abschluss des Vertrags vom 4. Juni 1993 nicht mehr zum Nachlass des Erblassers.
Ein Vermögensgegenstand gehört, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, nur solange zum Nachlass, als er den Erben in dieser Eigenschaft in gesamthänderischer Verbundenheit zusteht (vgl. § 2032 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―). Wird die gesamthänderische Bindung ―etwa durch Umwandlung in Bruchteilseigentum (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB)― gelöst, so verliert der Gegenstand seine Eigenschaft als Teil des Nachlasses. Gleiches gilt, wenn er auf eine andere Gesamthand übertragen wird, an der die Erben zwar zu gleichen Anteilen wie am Nachlass beteiligt sind, jedoch in anderer, z.B. gesellschaftsrechtlicher Verbindung, denn die Mitberechtigung als Gesamthänder steht den Erben dann nicht mehr als Miterben (§ 2032 Abs. 1 BGB), sondern als Berechtigte am Gesellschaftsvermögen zu (§ 719 Abs. 1 BGB), dessen Bestandteil der Gegenstand geworden ist (§ 718 Abs. 1 BGB). Eine im Verhältnis zu einer Erbengemeinschaft personen- und beteiligungsidentische GbR stellt deshalb ungeachtet der Tatsache, dass die Rechtszuständigkeit sowohl für das Vermögen der Erbengemeinschaft als auch für das Vermögen der GbR bei denselben Personen liegt, ein anderes Zuordnungssubjekt dar als die Erbengemeinschaft (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. April 1974 III R 168/72, BFHE 112, 401, 405, BStBl II 1974, 598, 600, und vom 17. Juli 1975 II R 141/74, BFHE 117, 270, BStBl II 1976, 159). Im Streitfall ist es durch die Einbringung des später aufgeteilten Grundstücks in die GbR zu einer derartigen Übertragung und damit zur Aufhebung der Eigenschaft dieses Grundstücks als Teil des Nachlasses gekommen. Die Einbringung des Grundstücks erfolgte in das Vermögen der Gesellschaft und nicht nur dem Werte nach oder zur bloßen Gebrauchsüberlassung (vgl. dazu Ulmer, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ―MünchKomm―, 3. Aufl., § 706 Rdnr. 11 f.).
Die Befreiung könnte auch dann nicht gewährt werden, wenn die Übertragung des Grundstücks auf die GbR nur als Zwischenlösung auf dem Weg zur endgültigen Auseinandersetzung durch anteilige Übernahme des Grundstücks zu Alleineigentum gewollt war. § 3 Nr. 3 GrEStG 1983 begünstigt, wenn die Auseinandersetzung in mehreren Schritten erfolgt, nicht den Vorgang in seiner Gesamtheit, sondern nur den oder die Teilakte, durch den oder die die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlass gelöst wird. Befreit ist m.a.W. immer nur die Auseinandersetzung als solche, nicht auch ein Rechtsvorgang, der der in der Befreiungsvorschrift umschriebenen Auseinandersetzung nachfolgt (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 26. August 1943 II 186/41, RFHE 54, 548; BFH-Urteile vom 7. Dezember 1951 II 80/51 S, BFHE 56, 45, BStBl III 1952, 19; vom 28. April 1954 II 186/53 U, BFHE 58, 694, BStBl III 1954, 176; vom 15. Dezember 1972 II R 123/66, BFHE 108, 265, BStBl II 1973, 363, und vom 21. November 1974 II R 19/68, BFHE 114, 441, BStBl II 1975, 271; Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 3 Rn. 342, 344). Unerheblich ist zudem, dass für die Übertragung des Grundstücks von der Erbengemeinschaft auf die GbR auch ohne die Befreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG 1983 aufgrund der Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GrEStG 1983 keine Grunderwerbsteuer zu erheben gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1970 II 72/65, BFHE 101, 126, BStBl II 1971, 278).
Fundstellen
Haufe-Index 579101 |
BFH/NV 2001, 938 |
HFR 2001, 693 |