Leitsatz (amtlich)
1. Führt der Heimfall eines Erbbaurechts zur Übertragung des Erbbaurechts auf den Grundstückseigentümer selbst, so unterliegt der Heimfall der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG.
2. Ist der Grundstückseigentümer berechtigt, den Heimfall eines Erbbaurechts an sich oder einen von ihm zu bezeichnenden Dritten zu verlangen, und wird das Erbbaurecht in Ausübung dieses Heimfallrechts unmittelbar auf den Dritten übertragen, so ist das der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsgeschäft das dem Erfüllungsakt vorangehende Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Dritten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG).
2. Daraus, daß der Dritte das Erbbaurecht des Heimfallverpflichteten auf Grund des Heimfallanspruchs des Grundstückseigentümers und auf Grund des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts des Dritten mit dem Grundstückseigentümer erworben hat, folgt jedoch nicht eine Grunderwerbsteuerpflicht des Grundstückseigentümers für den Heimfall aus einem - wie das FA annahm - Zwischenerwerbsgeschäft zwischen dem Heimfallverpflichteten und dem Grundstückseigentümer.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nrn. 1-2; GrEStSWG ND 1966 § 1 Nr. 5; GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 1; ErbbauVO § 2 Nr. 4, § 3
Gründe
Aus den Gründen:
II.
Die Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - des Beklagten ist im Ergebnis nicht begründet.
1. Allerdings kann der Senat die Auffassung des FG nicht teilen, grunderwerbsteuerrechtlich sei ein Anspruch auf Übertragung des Erbbaurechts auf die Klägerin überhaupt nicht entstanden, vielmehr habe der Dritte unmittelbar vom Heimfallverpflichteten erworben. Letzteres gilt - wie noch darzulegen ist - nur für die dingliche Übertragung des Erbbaurechts. Das GrEStG 1940 stellt aber - anders als das GrEStG 1919/1927 - in erster Linie auf das (schuldrechtliche) Verpflichtungsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 5, 6 GrEStG) und nur hilfsweise auf den (dinglichen) Übertragungsvorgang (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 GrEStG) ab. Wird eine Reihe mehrerer Verpflichtungsgeschäfte dadurch erfüllt, daß der Erstverpflichtete unmittelbar an den Letztberechtigten leistet, so unterliegt nicht das eine Erfüllungsgeschäft, sondern es unterliegen alle Verpflichtungsgeschäfte der Grunderwerbsteuer.
Der Heimfallanspruch stand nur der Klägerin als Grundstückseigentümerin zu (§ 2 Nr. 4 ErbbauVO). Er konnte vom Eigentum am Grundstück als dessen Bestandteil nicht getrennt werden (§ 3 Halbsatz 1 ErbbauVO; Ingenstau, Kommentar zur Erbbaurechts-Verordnung, 3. Aufl., § 2 Tz. 25, 26, 34; § 3 Tz. 2, 3; Baur bei Soergel-Siebert, 10. Aufl., Sachenrecht, Erbbaurechts-Verordnung, § 3 Tz. 1; Ring bei Staudinger, 11. Aufl., Sachenrecht, Erbbaurechts-Verordnung, § 2 Tz. 15). Mit dem Verlangen der Klägerin, das Erbbaurecht auf den von ihr bezeichneten Dritten zu übertragen (§ 3 Halbsatz 2 ErbbauVO), hatte dieser kein eigenes Recht gegen den Heimfallverpflichteten erworben (Ingenstau, a. a. O., § 3 Tz. 10; Ring, a. a. O., § 2 Tz. 18 zu Abs. 2). Durch die unmittelbare Übertragung des Erbbaurechts erfüllte zwar einerseits der Heimfallverpflichtete diese seine Verpflichtung gegenüber der Klägerin als der Grundstückseigentümerin; andererseits wurde zugleich deren schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Dritten eingelöst, diesem das Erbbaurecht zu verschaffen, ohne die der Dritte das Erbbaurecht ungerechtfertigt im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, § 816 Abs. 2 BGB erworben hätte.
Zwar sind die Tatsachen, auf denen die letztgenannte Verpflichtung beruht, nicht ausdrücklich festgestellt. Aus der festgestellten Tatsache, daß die Klägerin beim Übertragungsakt anwesend war und mitgewirkt hat, ergibt sich aber zwangsläufig die Vereinbarung der Klägerin mit dem Dritten, daß das Erbbaurecht auf ihn übergehen sollte. Das der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsgeschäft hinsichtlich des Übergangs des Erbbaurechts war somit bereits das dem Erfüllungsakt vorangehende Verpflichtungsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) zwischen der Klägerin und dem Dritten. Damit ist allerdings die zeitlich vorangehende Besteuerung der dinglichen Übertragung des Erbbaurechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG) von dem im Steuerbescheid 1 als Veräußerer bezeichneten Heimfallverpflichteten auf den Dritten schon deshalb unzutreffend, weil § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG voraussetzt, daß der Auflassung (hier wegen des Ausschlusses des § 925 BGB durch § 11 Abs. 1 Nr. 1 ErbbauVO: der dinglichen Einigung) kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Diese Besteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG widerspricht auch dem jetzigen Standpunkt des Beklagten; denn wenn der Dritte das Erbbaurecht auf Grund eines Heimfallanspruchs der Klägerin, also von dieser erworben hat, so kann er es nicht zugleich unmittelbar vom Heimfallverpflichteten erworben haben. In der unzutreffenden Besteuerung des dinglichen Geschäfts kann aber, sofern der erwerbende Dritte mit Erfolg zur Steuer herangezogen worden ist, die Besteuerung des schuldrechtlichen Geschäfts zwischen der Klägerin und dem Dritten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erblickt werden. Das ist allerdings nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
2. Daraus, daß der Dritte das Erbbaurecht des Heimfallverpflichteten auf Grund des Heimfallanspruchs der Klägerin und auf Grund des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts des Dritten mit der Klägerin erworben hat, folgt jedoch noch nicht eine Grunderwerbsteuerpflicht der Klägerin für den Heimfall aus einem, vom Beklagten angenommenen Zwischenerwerbsgeschäft zwischen dem Heimfallverpflichteten und der Klägerin.
Der Heimfall unterliegt der Grunderwerbsteuer, wenn er zur Übertragung des Erbbaurechts auf den Eigentümer selbst führt (§ 2 Nr. 4, § 3 Halbsatz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO, § 873 Abs. 1 BGB), und zwar durch Besteuerung nicht schon gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, sondern erst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Die Ausübung des Heimfalls in der Form, daß der (jeweilige) Grundstückseigentümer die Übertragung des Erbbaurechts auf den von ihm bezeichneten Dritten verlangt (§ 3 Halbsatz 2 ErbbauVO), wird nicht von den in § 1 Abs. 1 GrEStG normierten Tatbeständen und auch nicht von § 1 Abs. 2 GrEStG erfaßt.
Der Grundstückseigentümer kann mit Ausübung seines Heimfallrechts die Übertragung des Erbbaurechts beanspruchen (§ 2 Nr. 4 ErbbauVO). Eine Besteuerung gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG scheidet somit schon deshalb aus, weil diese Vorschrift voraussetzt, daß ein Anspruch auf Übereignung nicht begründet worden ist. Aber auch § 1 Abs. 1, insbesondere die in Betracht zu ziehende Nr. 1 GrEStG, ist nicht anwendbar. Das auf die Entstehung des Heimfallanspruchs gegründete Heimfallverlangen unterscheidet sich grundlegend von dem in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG angesprochenen Typus des "Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet". Anders z. B. als bei dem auch dinglichen Vorkaufsrecht (§§ 504 ff., 1094 ff., 505 Abs. 2 BGB), bei dem mit der Ausübung ein selbständiger Kaufvertrag zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten zustande kommt (vgl. Baur, a. a. O., § 1098 Tz. 3; Ingenstau, a. a. O., § 2 Tz. 35; Ring, a. a. O., § 2 Tz. 20), erwächst der Heimfallanspruch, wenn seine tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind, allein aus dem dinglichen Inhalt des Erbbaurechts selbst zugunsten des jeweiligen Eigentümers (§ 2 Nr. 4 ErbbauVO). Das Heimfallverlangen ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (Ingenstau, a. a. O., § 3 Tz. 9; Ring, a. a. O., Anm. zu § 3); es führt - wiederum anders als der Vorkauf - nicht zu einem verpflichtenden Vertrag (vgl. "Vertragsteile" in § 15 Nr. 1 GrEStG).
In den Fällen des § 3 Halbsatz 1 ErbbauVO - Verlangen des Heimfalls an den Grundstückseigentümer selbst - wird der Erfüllungsakt durch die (an die Stelle der Auflassung tretende) Einigung über die Übertragung des Erbbaurechts vollzogen (Ingenstau, a. a. O., § 2 Tz. 22; Ring, a. a. O., § 11 Tz. 10). Besteuerungstatbestand ist nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1, sondern § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
In den Fällen des § 3 Halbsatz 2 ErbbauVO - Verlangen des Grundstückseigentümers auf Übertragung des Erbbaurechts an einen Dritten - enthält die Bezeichnung des Dritten durch den Grundstückseigentümer dem Heimfallverpflichteten gegenüber eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, nicht aber eine "dinglich wirksame Vereinbarung eines Übertragungsanspruchs" (Ingenstau, a. a. O., § 3 Tz. 9). Zur Durchführung des Heimfallanspruchs bedarf der Dritte zwar mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 3 Halbsatz 1 ErbbauVO der Mitwirkung des Grundstückseigentümers, jedoch nur auf die vorbezeichnete Art. Der Heimfallverpflichtete ist aber nach dieser Bezeichnung des Dritten durch den Grundstückseigentümer verpflichtet, das Erbbaurecht unmittelbar auf den Dritten zu übertragen, der unmittelbarer Rechtsnachfolger des Heimfallverpflichteten und nicht etwa des Grundstückseigentümers wird. Der Erfüllungsvertrag vollzieht sich - auch grundbuchrechtlich - unmittelbar zwischen dem heimfallverpflichteten Erbbauberechtigten und dem Dritten (Ingenstau, a. a. O., § 3 Tz. 10, 12; Ring, a. a. O., § 2 Tz. 18). Diesem Vorgang (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) ist aber als Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, bereits der Verpflichtungsvertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Dritten als neuem Erbbauberechtigten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) vorausgegangen, aus dem die Grunderwerbsteuer zu erheben ist.
Die Ausübung des Heimfallrechtes beruht nicht auf dem Vertrag, durch den die Klägerin und der Erbbauberechtigte die Bestellung des Erbbaurechts mit bedingter Heimfallverpflichtung vereinbart hatten (§ 11 Abs. 2 ErbbauVO) und - unbeschadet des § 873 Abs. 1 BGB - auch nicht auf der Erbbaurechtsbestellung selbst. Vielmehr steht der kraft Einigung und Eintragung (§ 873 Abs. 1 BGB) als Inhalt des Erbbaurechts (§ 2 Nr. 4 ErbbauVO) bedingt entstandene Heimfallanspruch - wie gesagt - dem jeweiligen Eigentümer als solchem (§ 3 Halbsatz 1 ErbbauVO) und nicht kraft Vertrages zu (Ingenstau, a. a. O., § 3 Tz. 2; Ring, a. a. O., § 2 Tz. 15, Anm. zu § 3).
Somit ist § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auf den Heimfall nicht anwendbar. Denn die Verwertungsbefugnis (vgl. § 1 Abs. 2 GrEStG), die der Grundstückseigentümer unter den Voraussetzungen des Heimfalls erlangt, dient zunächst nur dazu, die notleidenden Rechte des Eigentümers aus dem Erbbaurechtsverhältnis (vgl. u. a. § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ErbbauVO) zu wahren (vgl. auch § 9 GrEStG). Nimmt er bei dieser Gelegenheit das Erbbaurecht zurück, so unterliegt dieser Vorgang - wie schon ausgeführt - der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG. Beschränkt er sich aber, wozu ihn § 3 Halbsatz 2 ErbbauVO ausdrücklich befugt, darauf, den Erbbauberechtigten auszuwechseln, so fehlt - wie das FG insoweit richtig erkannt hat - ein sachlicher Grund, in dem Recht, den neuen Erbbauberechtigten zu bestimmen, einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Durchgangserwerb zu sehen. Denn regelmäßig erlangt der Grundstückseigentümer dadurch keinen weiteren Vorteil als den, der ihm schon aus dem ursprünglichen Erbbaurechtsverhältnis zusteht (vgl. den Rechtsgedanken des nicht einschlägigen § 9 GrEStG); zusätzliche Vorteile werden durch die Besteuerung des Vertrags mit den neuen Berechtigten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) erfaßt.
Fundstellen
Haufe-Index 68856 |
BStBl II 1970, 130 |
BFHE 1970, 394 |