Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Aufteilung des gesamthänderisch gebundenen Nachlasses unter Miterben
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ist nur der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Grunderwerbsbesteuerung ausgenommen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 3 Nr. 3; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit der die Grunderwerbbesteuerung ausnehmenden Vorschrift des § 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG).
Mit notariellem „Auseinandersetzungsvertrag“ vom 29. Dezember 2008 übertrug die Schwester der Klägerin, Frau A, auf diese ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von X verzeichneten (bebauten) Grundstücks. Gleichzeitig übertrug die Klägerin von ihrem 500/1000 Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von Y verzeichneten (bebauten) Grundstücks einen Miteigentumsanteil in Höhe von 270/1000 auf ihre Schwester, Frau A. Die Vertragsbeteiligten erklärten darüber hinaus die Auflassung hinsichtlich beider Grundstücksanteile. Als Ausgleich für die unterschiedlichen Werte verpflichtete sich die Schwester der Klägerin darüber hinaus einen Abfindungsbetrag in Höhe von 71.625,-- € zu zahlen und eine mit 28.375,-- € valutierende Darlehensschuld der Klägerin zu übernehmen. Auf den Inhalt der Notariatsurkunde im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.
Dem vorangegangen war, dass die Mutter der beiden Geschwister, Frau M, mit notariellen Verträgen vom 28. Dezember 1995 im Wege der Schenkung die vorbezeichneten Grundstücke zu je hälftigem ideellen Miteigentumsanteil auf ihre Töchter, d.h. die Klägerin und Frau A, übertragen hatte. In diesen notariellen Verträgen hatte sich die Mutter das mit ihrem Tode endende Nießbrauchsrecht an den Grundstücken vorbehalten sowie ein Rücktrittsrecht und Rückauflassungsrecht der Grundstücke für eine Vielzahl in den notariellen Verträgen näher bezeichneten Sachverhaltskonstellationen. Auf den Inhalt der Notariatsurkunden wird ergänzend Bezug genommen.
Aufgrund des notariellen Auseinandersetzungsvertrages vom 29. Dezember 2008 erlangte die Klägerin Alleineigentum an dem Grundstück in X, ihre Schwester unter Bildung von Wohnungseigentum 770/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück in Y. Die restlichen 230/1000 Miteigentumsanteil an diesem Grundstück verblieben bei der Klägerin.
Mit Bescheid vom 06. Februar 2009 setzte der Beklagte für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück in X gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 6.678,-- € fest. Dabei legte der Beklagte eine - zwischen den Beteiligten unstreitige - Bemessungsgrundlage in Höhe von 190.800,-- € unter zur Hilfenahme der so genannten Boruttau`schen Formel (Anlage zum Grunderwerbsteuerbescheid) der Besteuerung zu Grunde. Auf den Inhalt des Bescheides im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2009 als unbegründet zurückwies. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird ergänzend Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin fristgemäß Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück in X auf sie unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG falle.
Zum einen habe sich ihre Mutter im Zuge der Schenkung der ideellen Miteigentumsanteile auf ihre Töchter das Nießbrauchsrecht vorbehalten und sei damit wirtschaftliche Eigentümerin des Grundeigentums geblieben. Darüber hinaus seien umfangreiche Rückforderungsrechte der Mutter vereinbart worden. Das Nießbrauchsrecht und damit das wirtschaftliche Eigentum der Mutter als Übergeberin habe ferner erst mit dem Tod der Übergeberin erlöschen sollen. Damit sei das wirtschaftliche Volleigentum an den Grundstücken in X und Y auf sie und ihre Schwester erst mit dem Versterben der Mutter als Übergeberin übergegangen.
Zwar lasse sich der Lebenssachverhalt, dem Wortlaut nach nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG subsumieren. Allerdings seien die Befreiungsvorschriften in § 3 GrEStG auszulegen. Eine ausdehnende Auslegung von Befreiungsvorschriften sei möglich, sofern aus dem Gesetz selbst zum Ausdruck komme, dass der zur Entscheidung anstehende Lebenssachverhalt auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers begünstigt sein solle. Das sei vorliegend der Fall.
Zwar sei es richtig, dass auf die lebzeitige Übertragung der Miteigentumsanteile eine Grunderwerbsteuer nicht erhoben worden sei. Ein Grundstückserwerb von Todes wegen sei (ebenfalls) gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Auch wenn hier nicht ein Grundstückserwerb von Todes wegen im engeren Sinne vorläge, sei doch der Sachverhalt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einem Grundstückserwerb von Todes wegen vergleichbar. Aus diesem Grunde sei die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG in dem vorliegenden Fall ergänzend dahin auszulegen, dass...