Tz. 143
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Eine Aufdeckung der stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen erfolgt gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG, wenn "der AE dies beantragt". Es treten gem § 21 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 UmwStG die Rechtsfolgen ein, als wenn der AE die Anteile mit Wirksamkeit des Antrags (s Tz 200–201) zum gW veräußert hätte. Im Unterschied zur entgeltlichen Übertragung behält der AE jedoch seine Gesellschaftsrechte; die Anteile sind nunmehr nach den allg Besteuerungsgrundsätzen zu beurteilen (s §§ 4–6, 17 oder 23 EStG; s Tz 207–208). Die Antragsversteuerung bedeutet eine Durchbrechung des Realisationsprinzips (dh es kommt zu einer Versteuerung, ohne dass ein Gewinn durch einen Umsatzakt oder dem vergleichbaren Vorgang realisiert worden ist).
Der Antrag gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG bezieht sich gegenständlich auf einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 UmwStG (s Tz 138a, s Tz 149). Zum Zeitpunkt, zu dem der Antrag wirksam werden soll, müssen also Anteile im Status des § 21 UmwStG vorhanden sein. § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG gilt für Anteile des PV und BV gleichermaßen. Wird vorher ein Veräußerungstatbestand oder ein Ersatztatbestand gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 2 bis 4 UmwStG realisiert (und damit die Beteiligung – ggf auch tw – nach § 21 UmwStG "enthaftet"), ist das Antragsrecht verwirkt.
Folge der Antragsversteuerung ist einerseits die Aufdeckung der stillen Reserven/stillen Lasten der Anteile (Entstrickungsgewinn, s Tz 181ff; Entstrickungsverlust, s Tz 147, s Tz 182) und andererseits die Beendigung der besonderen St-Verstrickung gem § 21 UmwStG (Behandlung der Anteile nach allg Grundsätzen mit dem der Entstrickung zugrunde gelegten gW als "AK" der Anteile, s Tz 207). Im Übrigen werden durch die Antragsentstrickung die stlichen Rahmenbedingungen nicht berührt. Insbes bleibt die Zugehörigkeit der Anteile zu einem BV (ebenso die Eigenschaft als AV oder UV) erhalten und die Besteuerung der lfd Erträge (Ausschüttungen) aus den Anteilen unterliegt keinen Veränderungen.
Die Antragsentstrickung führt zu den Rechtsfolgen des § 21 Abs 1 S 1 UmwStG (s § 21 Abs 2 S 1 Einleitungssatz UmwStG). Beim Entstrickungsgewinn/-verlust gelten also grds die Besteuerungsregeln wie beim VG (s Tz 103ff). Entsteht ein Gewinn und damit Eink aus L + F, Gew oder selbständiger Tätigkeit, ist allerdings str, ob das Halb-/Teileink-Verfahren zu beachten ist (s Tz 120 und s Schlagheck, GStB 2021, 469). Dies gilt auch im Fall eines Verlusts. Ist der Bw einbringungsgeborener Anteile im BV als Folge einer voll gewinnmindernden Tw-Abschr (oder § 6b EStG-RL) niedriger als die stlichen AK iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG, ist uE der Gewinn iHd Differenz zwischen AK und niedrigerem Bw in keinem Fall vom Halb-/Teileink-Verfahren begünstigt. Denn die Fiktion eines Gewinns iSd § 16 EStG gilt nur für den nach § 21 Abs 1 S 1 UmwStG ermittelten Gewinn unter Berücksichtigung der stlichen AK gem § 20 Abs 4 UmwStG (zuz nachträglicher AK; ebenso s Widmann, in W/M, Anh 15 Rn 281).
Tz. 143a
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Nach der Besteuerungskonzeption der §§ 20, 21 UmwStG erfolgt eine Realisierung der stillen Reserven regelmäßig bei Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile, sodass die Wertzuwächse ab der Sacheinlage ebenfalls der St-Verstrickung unterliegen. Der stliche Vorteil der aufgeschobenen Versteuerung bei Einbringung würde nachträglich rückgängig gemacht, wenn bei Anteilen, die im PV gehalten werden, die nach der Sacheinlage angewachsenen stillen Reserven ohne die besondere St-Verhaftung nach § 21 Abs 1 UmwStG nicht stpfl gewesen wären (weil die Beteiligung die damalige "Wesentlichkeitsgrenze" des § 17 EStG iHv 25 % Beteiligungshöhe nicht erreicht). Der Ges-Geber hat somit bereits im UmwStG 1969 in den Ersatztatbeständen des § 21 Abs 2 S 1 UmwStG (entspr § 18 Abs 2 S 1 UmwStG 1969) eine Regelung über eine Antragsversteuerung aufgenommen; diese "gibt deshalb dem AE die Möglichkeit, jederzeit die Realisierung der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven auch ohne die Veräußerung der Anteile herbeizuführen und damit eine spätere Erfassung von Wertsteigerungen, die nach dem allg ESt-Recht (s § 17 EStG) nicht stpfl wären, zu vermeiden." (Regierungsbegr zum UmwStG 1969, s BR-Drs 292/68 zu § 18 Abs 2).
Obwohl der Grund für die Einführung des § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG durch die späteren Änderungen des ESt-Rechts betr die St-Verhaftung von im PV gehaltenen Anteilen an Kap-Ges entfallen ist (s Tz 150), hat der Ges-Geber die Antragsentstrickung trotz ihres Sonderstatus in § 21 UmwStG bis zur (letzten) Fassung in der Bekanntmachung v 15.10.2002, BGBl I 2003, 660 beibehalten und damit die St-Gestaltung für alle späteren Zeiträume festgeschrieben (s § 27 Abs 3 Nr 3 S 1 UmwStG idF ab SEStEG).
Tz. 143b
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Da der Antrag nach § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG jederzeit möglich ist und der Gesetzgeber neben der Vorlage des Antrags keine weiteren Anforderungen an den Tatbestand der Ersatzrealisation stellt, scheidet ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichke...