Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung bei ihm einzureichen.
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 24.02.1987; Aktenzeichen 3 Ca 421/86) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 24. Februar 1987 – 3 Ca 421/86 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Berufungszug streiten die Parteien nur noch darüber, ob die Beklagte ihre befristete Kündigung vom 1.8.1986 damit sozial rechtfertigen kann, daß der Kläger ab 17.6.1986 seine 12-monatige Wehrpflicht in Jugoslawien abgeleistet hat.
Der am 1.10.1965 geborene, unverheiratete Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Seit 1.9.1982 stand er in den Diensten der Beklagten, und zwar zunächst aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages. Aufgrund eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 20.6.1985 übernahm die Beklagte den Kläger vom folgenden Tage an als Kundendienstassistent für ihn Geschäftsstelle in, wo der Kläger nach Wertstufe 17 mit einem Gehalt von 2.865,– DM anfing und in die zunächst erreichbare Eckstufe = Wertstufe 20 aufsteigen konnte.
Die Geschäftsstelle in hat etwa 70 Mitarbeiter und einen eigenen Betriebsrat. Dort wurde der Kläger ausschließlich im Lager eingesetzt, dem die Logistik und Ersatzteilversorgung für die Geschäftsstelle obliegt. Bevor der Kläger nach kam war in dem Lager ein Herr ständig tätig, der jedoch von anderen, wechselnden Mitarbeitern zusätzlich entlastet wurde.
Mit Einberufungsbescheid vom 12.5.1986 wurde der Kläger zu seinem 12-monatigen Wehrdienst in Jugoslawien ab 17.6.1986 geladen. Dies zeigte der Kläger mit Schreiben vom 14.5.1986 der Beklagten an und bat diese um Freistellung analog dem Arbeitsplatzschutzgesetz. Die Beklagte lehnte diesen Wunsch unter dem 23.5.1986 ab und regte eine Selbstkündigung des Klägers an. Mit Schreiben des DGB vom 6.6.1986 bestand der Kläger auf der von ihm beabsichtigten Freistellung und auf der Ablegung seiner Wehrpflicht, damit er jederzeit in sein Geburtsland einreisen könne, ohne sich dem Risiko einer Strafverfolgung wegen eines Wehrdeliktes aussetzen zu müssen. Unter dem 13.6.1986 drohte die Beklagte dem Kläger eine Kündigung an, falls er wegbleiben sollte. Ab 17.6.1986 trat der Kläger den Wehrdienst in Jugoslawien an.
Mit Schreiben vom 18.7.1986 unterrichtete die Beklagte ihren Betriebsrat Über diese Vorgeschichte und bat ihn, einer fristlosen und ersatzweise fristgerechten zum 30.9.1986 beabsichtigten Kündigung zuzustimmen (Wortlaut = Anlage zur Berufungsniederschrift). Dieses Schreiben lag dem Betriebsrat am 22.7.1986 vor.
Mit Schreiben vom 1.8.1986 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, vorsorglich befristet zum 30.9.1986 auf. Dagegen hat der Kläger am 21.8.1986 Feststellungs- und Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat ausgeführt, die streitige Kündigung sei als fristlose unwirksam und als befristete sozial nicht gerechtfertigt. Zum einen habe er nach dem wenigstens analog anwendbaren Arbeitsplatzschutzgesetz einen Anspruch auf Erhaltung seines Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitiger Freistellung von der Arbeitspflicht. Zum anderen sei sogar eine soziale Rechtfertigung der Kündigung schon deshalb ausgeschlossen, weil er vertragliche Pflichten nicht schuldhaft verletzt habe. Er befinde sich in einer unverschuldeten Kollision zwischen jugoslawischer, gesetzlicher Wehrpflicht und seiner vertraglichen Arbeitspflicht. Der Beklagten hingegen sei möglich und zumutbar gewesen, sein Fernbleiben wie früher oder durch Einstellung einer Aushilfskraft für 1 Jahr zu überbrücken. Deshalb sei die ausgesprochene Kündigung eine überzogene und unverhältnismäßige Überreaktion der Beklagten auf seine Wehrpflicht.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die fristlose und vorsorglich befristet zum 30.9.1986 erklärte Kündigung vom 1.8.1986 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eingewandt, der Kläger habe sich selbst in die von ihm beanspruchte Zwangslange gebracht, da er sich dem jugoslawischen Stellungbefehl leicht hätte entziehen können sei es durch Einbürgerung in die BRD, sei es durch einfaches Hierbleiben.
Eine vorübergehende Besetzung der vakanten Stelle des Kläger für 12 Monate sei nicht möglich gewesen. Deshalb habe sie ab 1.11.1986 die Stelle mit Herrn auf Dauer besetzen müssen, der vorher bereits im Lagerwesen ihres Mainzer Produktionswerkes tätig gewesen sei und nur nach Darmstadt wechseln wollte, wenn er dort auf Dauer bleiben und sich weiterentwickeln könnte.
Mit Urteil von 24.2.1987 hat das Arbeitsgericht festgestellt daß die streitige Kündigung fristlos unwirksam ist und das vorsorgliche Kündigungsschutzbegehren des Klägers abgewiesen Gegen das hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein Kündigungsschutzbegehren weiterverfolgt und überdies vorsorglich W...