Betreuungspauschale für den Bedarfsfall als haushaltsnahe Dienstleistung absetzbar
Die Finanzverwaltung ist bislang der Auffassung, dass die als eigenständige Leistung vergütete Bereitschaft auf Erbringung einer Leistung im Bedarfsfall grundsätzlich keine begünstigte haushaltsnahe Dienstleistung darstellt. Wenn die Kosten für einen Bereitschaftsdienst aber als Nebenleistungen zu einer übergeordneten begünstigten Hauptleistung (Mietvertrag) anfallen, was bei einem Heimvertrag im Sinne der Heimgesetze (z. B. in einem Altenwohnheim, Pflegeheim oder Wohnstift) regelmäßig der Fall ist, erkennt die Finanzverwaltung die Betreuungspauschale als haushaltsnahe Dienstleistung an (BMF v. 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 75 Rz. 7, 17 und 29).
Dies ist zurückzuführen auf eine Entscheidung des BFH, der verschiedene Vorhaltensleistungen zur Pflege- und Betreuung in einem Wohnstift als haushaltsnahe Dienstleistungen anerkannt hat, weil die Erbringung von Betreuungsleistungen zu den Tätigkeiten gehöre, die im Allgemeinen auch durch Familienmitglieder bzw. Angehörige erbracht werden und damit eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. damit im Zusammenhang stehen (Urteil vom 29.1.2009, BStBl. 2010 II S. 166).
Da aber z. B. das betreute Wohnen als Wohnform nicht zu den Heimen im Sinne des Heimgesetzes gehört und Miet- und Dienstleistungsvertrag rechtlich selbstständige gleichwertige Verträge darstellen, ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass der Dienstleistungsvertrag nicht Nebenleistung zu einer übergeordneten Hauptleistung Mietvertrag ist, sodass ein Berücksichtigung der Betreuungspauschale als haushaltsnahe Dienstleistung ausscheide.
Beispiel: Der 85-jährige B lebt in einer Seniorenresidenz im Rahmen des betreuten Wohnens in einer Vier-Zimmer-Wohnung. Neben dem Mietvertrag für die Wohnung schloss er mit dem Betreiber der Residenz einen Seniorenbetreuungsvertrag ab. Im Vertrag wurde geregelt, dass B eine monatlich zu entrichtende Betreuungspauschale von 170 EUR (2014 = 2.040 EUR) zu entrichten hat um folgende Leistungen im Bedarfsfall in Anspruch nehmen zu können: das Vorhalten eines 24-Stunden-Bereitschaftsdienstes, die Soforthilfe im Notfall, die hauswirtschaftliche Versorgung im Krankheitsfall und die Pflege bei kurzzeitiger Erkrankung. Der Betreuungsvertrag ist nur in Verbindung mit der Wohnung kündbar.
Das FG Nürnberg hat hierzu entschieden (Urteil v. 13.2.2014, 6 K 1026/13), dass die Betreuungspauschale auch beim betreuten Wohnen nach § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG als haushaltsnahe Dienstleistung zu berücksichtigen ist (hier 20 % von 2.040 EUR = 408 EUR). Der Heimbegriff nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sei unabhängig von den Heimgesetzen auch dann erfüllt, wenn das Wohnrecht bei einer Unterkunft in einer Seniorenanlage an verschiedene allgemeine Grundleistungen in dem Wohnkonzept ohne Wahlmöglichkeit gekoppelt ist. Dies ist z. B. dann gegeben, wenn der neben dem Mietvertrag gesondert abgeschlossene Vertrag über die Seniorenbetreuung nicht ohne Auswirkung auf den Vertrag über Wohnraum kündbar ist.
Auch stellen die in der Betreuungspauschale enthaltenen Leistungen mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbare Dienstleistungen dar. Denn die Bereitschaft sich um einen älteren Angehörigen zu kümmern und die Erbringung kleinerer Betreuungsleistungen sind den Tätigkeiten zuzurechnen, die im Allgemeinen durch Familienmitglieder bzw. durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden. Sie fallen im Haushalt eines älteren Menschen immer wieder an. Die Leistungen werden auch tatsächlich in Anspruch genommen, weil bereits durch das Vorhalten der Leistung – auch ohne konkrete Inanspruchnahme – eine haushaltsnahe Dienstleistung erbracht wird. Die Gewissheit im Notfall sofort Hilfe zu bekommen, bedeutet für ältere Bürger ein hohes Sicherheitsgefühl. Und so sind bereits der 24-Stunden-Notruf und das Vorhalten der Leistung zur Betreuung alter Menschen wertvolle Dienstleistungen.
Praxis-Tipp: Das FG Nürnberg hat die Revision gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Beantwortung der Frage, ob Steuerpflichtige in Wohnformen, die keine von den Heimgesetzen erfasste Einrichtungen sind, von der Steueremäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG profitieren, aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit im allgemeinen Interesse liegt. Die Revision wurde zwischenzeitlich auch eingelegt (Az. der Revision VI R 18/14). Es ist nicht davon auszugehen das der BFH eine abweichende Auffassung vertritt, weil m. E. kein Grund dafür besteht, die Berücksichtigung der Betreuungspauschale von den Wohnformen nach den Heimgesetzen abhängig zu machen. Im Zuge dessen bleibt darauf hinzuweisen, dass bei einer Nichtberücksichtigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG die Pauschale nach 35a Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt werden müsste, weil die Dienstleistung dann im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. Dies gilt auch dann, wenn die die Notfallbetreuung – zwar nicht in der Wohnung (bei § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG im Wohnhaus des Heims) aber – (z. B.) in einem anderen Gebäude auf dem Grundstück untergebracht ist. Einschlägige Fälle sollten daher offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat.
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