Kritik an den Auslegungen des EuGH-Generalanwalts zum angeblichen "Steuerberater-Privileg"
Der EuGH-Generalanwalt hat in dem anhängigen Verfahren zur Befugnis einer ausländischen Steuerberatungsgesellschaft seine Schlussanträge vorgelegt. Im Streitfall geht es um eine Steuerberatungsgesellschaft nach englischem Recht mit Niederlassungen in den Niederlanden und Belgien. Diese hatte für ein in Deutschland niedergelassenes Unternehmen die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 erstellt. Der EuGH-Generalanwalt vertritt die Auffassung, dass die deutsche Regelung gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstößt, da sie eine Anerkennung der Gesellschaft als Steuerberatungsgesellschaft in Deutschland verlange.
BStBK-Präsident Dr. Raoul Riedlinger:
"Von einem angeblichen "Steuerberater-Privileg" kann keine Rede sein. Der Kläger hätte einfach eine vollständige Meldung über seine Tätigkeit in Deutschland abgeben müssen. Nun von einem Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit zu reden ist nicht haltbar. Das Steuerberatungsgesetz regelt ausdrücklich eine steuerliche Beratung über die Grenze hinweg."
Riedlinger weist auch den Vorwurf des EuGH-Generalanwalts zurück, dass das Steuerberatungsgesetz inkohärent sei. Kritisiert wurde hier, dass das Steuerberatungsgesetz auch andere Personen zur Steuerberatung ermächtigt – und dies ohne vergleichbare Qualifikation wie Steuerberater. Riedlinger:
"Dieser Personenkreis verfügt nur über eine sehr eingeschränkte Befugnis, die sich ausschließlich auf die Abwicklung der eigenen Geschäftstätigkeit bezieht. Entsprechend dieser beschränkten Befugnis besteht eine bereichsspezifische steuerliche Kompetenz. So dürfen z. B. Banken zu Fragen der Besteuerung von Kapitaleinkünften beraten; sie sind aber nicht umfassend zur Steuerberatung befugt."
Ferner zeigt sich Riedlinger davon überrascht, dass mit dem Votum des EuGH-Generalanwalts die Interessen eines Geschäftsführers gefördert werden, der ein ehemaliger Steuerberater ist, dessen Bestellung aber wegen Vermögensverfalls und Beihilfe zur Steuerhinterziehung widerrufen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch – wie im vorliegenden Fall – beabsichtigt wird, das Steuerberatungsgesetz zu umgehen.
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