Infotainment für Steuerkanzlei-Mandanten
Einer der großen Mandantenwünsche, die in Mandantenbefragungen geäußert werden, lautet: "Ich möchte aktiv beraten werden". Die fehlende aktive Beratung ist mit einer der häufigsten Gründe für Unzufriedenheit. Geichzeitig verschicken viele Kanzleien monatliche Informationsrundschreiben, weisen bei Besprechungen auf steuerliche Sachverhalte hin und tun damit aus ihrer Sicht alles, um den Mandanten auf dem Laufenden zu halten. In Sachen Aufklärungspflicht und Haftung sind Sie sogar verpflichtet dazu, doch irgendwie kommt das beim Mandanten nicht an.
Mandanten fühlen sich nicht ausreichend informiert
So entstehen Situationen wie diese, die nahezu jeder Steuerberater in dieser oder ähnlicher Form schon einmal erlebt hat:
- Der Mandant trumpft bei der nächsten Bilanzbesprechung mit dem ultimativen Steuerspar-Tipp auf, den er vom Schwager gehört hat und fragt, warum Sie ihm das noch nicht erzählt haben. Und Sie wissen genau, dass dieser Tipp für die individuelle Situation des Unternehmers nicht passt.
- Sie entdecken in der Buchhaltung eine Rechnung für "Next Level Steuer Coaching" in Höhe von 10.000 EUR. Ihnen stehen die Haare zu Berge, weil der Mandant jetzt unbedingt eine Genossenschaft oder Holding gründen will, um seinen Urlaub von der Steuer abzusetzen. Früher war das die Rechnung des Unternehmensberaters für 5.000, EUR, der eine Liquiditätsplanung erstellt hat, die Sie qualitativ besser hinbekommen hätten.
- Die Mandantin mailt Ihnen einen den Link zum aktuellen Artikel "42 Tipps wie Unternehmer bis Jahresende noch Steuern sparen können" und fragt, ob Sie auch alle 42 Tipps berücksichtigt haben.
Die entscheidende Frage an dieser Stelle lautet: Warum entsteht bei Mandanten der Eindruck, dass Kanzleien sie nicht ausreichend mit aktuellen Steuer-Tipps versorgen und die Informationen, die sie erreichen, nicht auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind?
Zum einen liegt das daran, dass viele Mandantenrundschreiben nicht besonders leserfreundlich sind. Oder würden Sie von Ihrem Arzt gern monatlich ein eng beschriebenes 12-seitiges Rundschreiben erhalten, in dem es nur so von medizinischen Fachausdrücken wimmelt und Sie schon Schwierigkeiten haben, die Überschriften zu verstehen?
Tipp der Redaktion: Verständlich und prägnant formulierte Mandantenrundschreiben finden Sie im Haufe Steuer Office |
Zum anderen entsteht dieser Eindruck auch, weil Publikumszeitschriften wie z. B. "Impulse" oder "Handelsblatt" steuerrechtliche Sachverhalte aktuell und in einer Sprache veröffentlichen, die der Mandant versteht. Und jedes Mal, wenn dort wieder ein Steuer-Spar-Modell präsentiert wird, fragt sich der Mandant: "Warum hat mir das mein Steuerberater nicht gesagt?". Ob der Steuer-Tipp den Mandanten tatsächlich betrifft oder Sie in Ihrem letzten Rundschreiben auf der Seite 7, rechts unten, über das Thema bereits berichtet haben, ist nicht entscheidend. Der Mandant fühlt sich einfach nicht ausreichend informiert.
Tipp: Service für Mandanten Abonnieren Sie die relevanten Zeitungen oder Zeitschriften, die Ihre Mandanten lesen. Und wenn der Titelaufhänger ein Steuerspar-Thema ist, schicken Sie Ihren Mandanten eine Mail mit folgendem Inhalt: Für Sie gelesen – die aktuelle Ausgabe Impulse mit Steuerspar-Tipps "...vielleicht haben Sie es schon gesehen: in der aktuellen Ausgabe von "xy" werden 42 Steuer-Spar-Tipps für Unternehmer vorgestellt. Wir haben sie für Sie durchgesehen und können Sie beruhigen: Sämtliche relevanten Tipps werden automatisch von uns bei Ihrer Buchhaltung und Ihrem Jahresabschluss berücksichtigt. Einige passen nicht zu Ihrer individuellen Situation und finden deshalb keine Anwendung. Wenn Sie das Gefühl haben, dass an der einen oder anderen Stellschraube doch etwas geht, melden Sie sich. Gerne führen wir mit Ihnen ein individuelles Steuer-Spar-Gespräch." |
Ganz zu schweigen von den "Steuer-Gurus", die zurzeit vor allem in den sozialen Medien lautstark die Werbetrommel rühren und mit Holding-Konstrukten & Co. das Blaue vom Steuerhimmel versprechen. Auch hier können Sie mit einem Mandantenrundschreiben aktiv werden.
Tipp: Formulierungsvorschlag "...Sie zahlen Jahr für Jahr Ihre Steuern und wir tun alles, damit Ihre Steuerlast im Rahmen des Legalen so gering wie möglich ist. Oftmals läuft das im Hintergrund. Dabei prüfen wir beispielsweise, ob ein Investitionsabzugsbetrag für Sie in Frage kommt oder welche Abschreibungsregelungen am vorteilhaftesten sind. Erst wenn wir einen Vorteil für Sie erkennen, sprechen wir Sie an. Einige Mandanten sind jedoch jetzt auf uns zu gekommen, um die verschiedenen Steuergestaltungsmodelle für Sie prüfen zu lassen. In den sozialen Medien treten immer wieder Berater ins Rampenlicht, die hohe Steuerersparnisse versprechen bis hin zu Aussagen, dass der Urlaub und der Hund bei richtiger Gestaltung steuerlich absetzbar sind. Stichworte: Holding und Genossenschaft. Dieses Steuerspargespräch bieten wir Ihnen gerne an. Am besten kreuzen Sie an, welche Themen Sie besonders interessieren, damit wir gleich eine individuelle Einschätzung während des Termins abgeben können... Sie haben von Steuersparmodellen gehört, über die Sie gern mehr erfahren möchten? Dann teilen Sie uns diese einfach vor dem Beratungstermin mit. Sie investieren für dieses Beratungsgespräch ... EUR. Ihr Nutzen: Sie erfahren individuell auf Ihre Situation bezogen, was machbar ist und was Sinn macht und erhalten von uns konkrete Handlungsempfehlungen. Vereinbaren Sie Ihren persönlichen Termin gleich über unseren Online-Buchungskalender oder rufen Sie an. |
Entscheidend ist, zu signalisieren, dass Sie diese Themen auf dem Schirm haben – und schon nimmt Ihr Mandant Sie als aktiven Berater wahr. Übrigens: diese Steuer-Spar-Gespräche sind kostenpflichtige Beratung – außer Sie entscheiden bewusst, das als Gratis-Service anzubieten.
Auch wenn es abgedroschen klingt: Tu Gutes und sprich darüber ist eine der wichtigsten Umsetzungspunkte, um sich als Berater zu positionieren und zu zeigen, dass Sie die Themen, die die Mandanten bewegen, im Blick haben. Doch irgendetwas machen diese Medien und Anbieter richtig: sie bringen ein Thema auf den Punkt, verständlich und unterhaltsam rüber. Und das können Sie auch:
Die Überschrift – das A und O unabhängig vom Format
Das A und O eines guten Beitrags ist die Überschrift. Um die Aufmerksamkeit für einen Text oder den Klick auf ein Video zu bekommen, haben Sie nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit. Beobachten Sie einmal Ihr eigenes Leseverhalten. Was ermuntert Sie zum Weiterlesen oder Anklicken? Wann fühlen Sie sich angesprochen?
In einem Mandantenrundschreiben oder Video muss der Mandant sofort erfassen können, warum dieses Thema für ihn wichtig ist. Es lohnt sich also über eine prägnante und ansprechende Überschrift nachzudenken.
Die Überschrift "Verfassungsmäßigkeit des in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG enthaltenen Anwendungsbefehls, welcher die Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.1998 regelt" wird jeden Mandanten abschrecken, selbst wenn ihn das Thema betrifft.
Es handel sich um ein krasses Beispiel, aber viele Informationen sind so formuliert, dass sie den kritischen Blicken von Kollegen standhalten, anstatt den Nutzen oder die Maßnahme für den Mandanten in den Vordergrund zu stellen.
Formulierungs-Tipps: Verzichten Sie grundsätzlich auf die Nennung von Paragrafen. Die müssen Sie kennen, für den Mandanten sind sie unerheblich. Achten Sie auf die Formulierung, wenn Sie über geplante Gesetzesänderungen informieren - und da gibt es heutzutage ja einige. Mit dem Begriff "Entwurf" wird der Leser indirekt aufgefordert, nicht weiterzulesen. Denn welcher Mandant will seine wertvolle Zeit mit Informationen "verschwenden", die noch in der Schwebe sind. Hier ist der Hinweis "Was Sie jetzt schon betrifft" hilfreich. Sprechen Sie den Leser direkt an - beispielsweise mit "Die neue Energiepreispausche - was Sie als Unternehmer jetzt wissen müssen". Am wirkungsvollsten sind Zahlen in der Überschrift z. B. "Die 7 besten Tipps, wie Sie als Unternehmer…" oder "Die 5 Stolpersteine, die Sie bei der Gründung einer GmbH viel Geld kosten". |
Vom Lesen und Hören
Schriftliche Informationen sind nach wie vor das meistgenutzte Medium von Steuerberatern.
Wählen Sie pro Monat 3 Tipps aus, die für die Mehrzahl Ihrer Mandanten Auswirkungen haben und machen Sie daraus eine gesonderte Info (z. B. "Die 3 Tipps im September, die Sie als Unternehmer weiterbringen"). Überlegen Sie für diese Tipps jeweils den größten Nutzen/Effekt und was konkret für die Umsetzung zu tun ist. Wenn Ihnen am Anfang monatlich dafür die Zeit fehlt, beginnen Sie vierteljährlich – nach und nach bekommen Sie darin Routine und können auf monatlich wechseln.
Geben Sie die Mandanteninformationen einem Steuerlaien zu lesen und lassen Sie sich die wichtigsten Punkte zusammenfassen. Ein befreundeter Unternehmer oder vielleicht sogar Auszubildende sind hier eine gute Adresse. Denn wenn die es nicht verstehen, versteht es der Mandant schon gleich gar nicht.
Tipp: Warum nicht ein Podcast? Gut geschriebene Informationen lassen sich relativ leicht als Sprachnachrichten oder Podcasts aufbereiten. Die dafür benötigte Technik ist überschaubar, doch unbedingt empfehlenswert ist ein Podcast-Mikrofon, dass es ab 60 EUR gibt und außerdem noch ein Tool für die Sprachaufnahme. |
Infotainment mit Videos
Videos sind ein hervorragendes Instrument, um im Web auf die Kanzlei und vorhandenes Expertenwissen aufmerksam zu machen. So wie ein Bild oft mehr als 1.000 Worte sagt, können Sie mit einem Erklär-Video komplexe Sachverhalte - im wahrsten Sinne des Wortes - anschaulich auf den Punkt bringen und neben sachlichen Aspekten auch Emotionen wie Sympathie, Vertrauen, Freude und Humor vermitteln.
Es geht dabei um "unterhaltsame Wissensvermittlung" Denn unabhängig von Inhalt und Zielgruppe, werden Videos nur gesehen, geliket und geteilt, wenn sie ansprechend gestaltet sind.
Was zeichnet ein gelungenes Video aus?
Je nach Einsatzzweck und Zielgruppe kommen unterschiedliche Überlegungen zum Tragen. Doch bei Erklär-Videos sollte sich die Länge im Rahmen von 3 bis 10 Minuten bewegen:
- mehr als 3 Minuten, da Sie sonst inhaltlich nichts rüberbringen (und mindestens 1 Minute, da Google kürzere Videos bei der Ergebnisplatzierung schlechter bewertet).
- maximal 10 Minuten, um die Interessenten nicht abzuschrecken.
Wenn ein Nutzer ein Video aufruft, dann schaut er meistens auf die Länge des Videos. Sind es nur ein paar Minuten ist das kein Problem. Bei 30 Minuten oder mehr wird zumindest ein Teil der Zuschauer abspringen. Vielleicht haben sie gerade nur 10 Minuten in der Bahn oder im Wartezimmer beim Arzt.
Generell werden kürzere Videos eher zu Ende geschaut, d.h. sie haben eine hohe durchschnittliche Wiedergabedauer.
Youtube ist nach Google die zweitgrößte Suchmaschine weltweit und wird besonders gern für Gebrauchsanweisungen, sog. Tutorials aller Art genutzt. Als Kanzlei können Sie mit diesem Format die "Dauerbrenner"-Fragen aufgreifen und in Form von FAQs (Frequently Asked Questions) die Antworten zur Verfügung stellen (z. B. 1 %-Regelung oder Fahrtenbuch, Bewirtungskosten, Kassenbuch). Oder Sie erklären die Vorteile der digitalen Zusammenarbeit. Anwendungsgebiete finden sich hier reichlich.
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