Zweitwohnung im Rahmen der Ausnahmetatbestände bei privaten Veräußerungsgeschäften
Private Veräußerungsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). In diesem Zusammenhang ist des Öfteren die Auslegung der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ein Streitthema (vgl. z. B. News v. 18.8.2016). Aktuell hat sich das FG Köln mit der Frage beschäftigt, ob auch eine Zweitwohnung, welche im Wesentlichen für Erholungsaufenthalte vorgesehen ist, die Ausnahmetatbestände erfüllen kann.
Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Der Steuerpflichtige muss das Wirtschaftsgut zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder gemeinsam mit einem Dritten bewohnt hat. Unschädlich ist, wenn der Steuerpflichtige Teile des Wirtschaftsguts einem Dritten unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die dem Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken verbleibenden Räume müssen jedoch noch den Wohnungsbegriff erfüllen und ihm die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen.
Beispiel: Zweitwohnung in einem Feriengebiet
A ist Lehrer in Bayern und hat in 2008 eine Eigentumswohnung auf Sylt erworben. Die Wohnung steht ausschließlich für den Eigenbedarf zur Verfügung. In den Ferien hat sich A regelmäßig in der Wohnung in Sylt aufgehalten. In 2016 verkaufte er die Wohnung mit einem Veräußerungsgewinn i. H. v. 10.000 EUR.
FG Köln: Wohnung für Ferienaufenthalte nicht begünstigt
Das FG Köln vertritt aktuell die Auffassung (Urteil v. 18.10.2016, 8 K 3825/11) dass eine Eigennutzung i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil es sich – hier bei dem Objekt in Sylt – um eine Zweitwohnung handelt, die nicht aus beruflichen Gründen vorgehalten, sondern für Ferienaufenthalte genutzt wurde. Das FG hält es mit dem Gesetzeszweck nicht für vereinbar, auch solche Zweitwohnungen zu begünstigen, die nicht aus beruflichen Gründen – etwa im Wege der doppelten Haushaltführung – vorgehalten und zeitweise, ggf. auch nur kurzfristig genutzt werden, sondern im Wesentlichen für Erholungsaufenthalte vorgesehen sind.
Ziel des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber habe zur Begründung des Ausnahmetatbestands ausgeführt, zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z. B. wegen Arbeitsplatzwechsels) unterlägen Gewinne nicht der Besteuerung, soweit einer der beiden Alternativen erfüllt sei. Die erste Alternative ermögliche, von der Spekulationssteuer abzusehen, wenn das Wirtschaftsgut, z. B. wegen Arbeitsplatzwechsels, verhältnismäßig kurzfristig veräußert werde. Normzweck der Ausnahmetatbestände in seinen beiden Varianten sei mithin die Förderung der beruflichen Mobilität; die Steuerbegünstigung soll einen Umzug insbesondere infolge eines Arbeitsplatzwechsels nicht erschweren. Kann dieser Normzweck bei einer nur zeitweise, auch nur kurzfristigen Zweitwohnung, die aus beruflichem Anlass – etwa im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung – vorgehalten wird, als erfüllt angesehen werden, weil die fehlende steuerliche Begünstigung dann ein Hindernis für die berufliche Mobilität darstellen kann, sei dies bei einer zu Erholungszwecken vorgehaltenen Zweitwohnung nicht ersichtlich.
Praxis-Tipp: Auffassung der Finanzverwaltung
Zu dem Verfahren vor dem FG Köln ist es wohl nur gekommen, weil die Klägerin nach Auffassung des Finanzamtes nicht ausreichend nachgewiesen hat, dass das Objekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren (2. Alternative) zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Die Finanzverwaltung vertritt nämlich eigentlich die Auffassung (BMF, Schreiben v. 5.10.2000, BStBl 2000 I S. 1383 Rz 22), dass ein Wirtschaftsgut auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, wenn es vom Steuerpflichtigen nur zeitweise bewohnt wird, in der übrigen Zeit ihm jedoch als Wohnung zur Verfügung steht (z. B. Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung; auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien- oder Wochenendhäuser kommt es nicht an). Diese Auffassung findet auch in Teilen der Literatur Zustimmung.
Wie der BFH die Sache sieht, wird das anhängige Revisionsverfahren zeigen (IX R 37/16).
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