Generative KI in der Steuerberatung

Generative Künstliche Intelligenz revolutioniert die Steuerberatung. Von administrativen Aufgaben bis hin zu spezialisierten Anwendungen – die Möglichkeiten sind vielfältig, aber auch mit Herausforderungen verbunden. Erfahren Sie, wie Technologien wie ChatGPT und Microsoft 365 CoPilot die Branche verändern und welche Schritte Kanzleien jetzt unternehmen sollten.

Steuerberatung im Wandel: Die Rolle generativer KI

Die fortschreitende Digitalisierung hat auch die Steuerberatungsbranche erfasst und steht vor einem Paradigmenwechsel, getrieben durch die Potenziale generativer Künstlicher Intelligenz (KI). Plattformen wie ChatGPT repräsentieren eine neue Generation von Technologien, die nicht nur die Interaktion mit den Mandanten verändern, sondern auch interne Prozesse revolutionieren könnten. Diese KI-Systeme generieren Antworten, die kontextbasiert und auf die spezifischen Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind. Dadurch bieten sie eine dynamischere Anpassungsfähigkeit als traditionelle Automatisierungsprogramme wie Robotic Process Automation (RPA).

Schnell hat sich gezeigt, dass ChatGPT für administrative Aufgaben in der Kanzlei genutzt werden kann, etwa im Marketing, in der Kommunikation und im Recruiting. Dies eröffnet neue Effizienzpotenziale, bringt jedoch auch neue Herausforderungen mit sich. Während die Branche sich auf die digitalen Möglichkeiten freut, müssen Datenschutz und die Integrität der Informationen sorgfältig abgewogen werden. Generative KI ist nicht immun gegen das Phänomen der "Halluzinationen", bei dem sie plausible, aber faktisch inkorrekte Inhalte generiert. So haben ältere Modelle wie GPT-3.5 von OpenAI oft überzeugend klingende, jedoch völlig falsche Antworten generiert, wenn spezifische Anfragen gestellt wurden.

Noch kritischer wird es, wenn man die Datenschutzbedenken berücksichtigt, die sich aus der Nutzung personenbezogener Daten für das Training der KI-Modelle und der Speicherung dieser Daten in globalen Cloud-Diensten ergeben. OpenAI behält sich in seinen Nutzungsbedingungen das Recht vor, die Eingaben der Nutzer für das Training neuer Modelle zu verwenden. Dies könnte problematisch werden, wenn sensible Mandantendaten eingegeben werden, wie zum Beispiel Einkommensteuerbescheide oder andere persönliche Informationen. Daher ist die Nutzung von ChatGPT und ähnlichen Modellen für personenbezogene Daten oft nicht möglich.

Spezialisierte Anwendungen und Integration in Systeme

Neben den generischen Modellen wie ChatGPT bieten spezialisierte KI-Modelle neue Möglichkeiten für die Steuerberatung. Die Weiterentwicklung von KI bietet Fachverlagen und Datenbankanbietern die Chance, ihre Systeme zu optimieren. Spezialisierte KI-Modelle, die auf steuerrechtlichem Fachwissen aufbauen, versprechen, die Recherche für Steuerberater zu erleichtern. Ein Beispiel dafür ist Haufes CoPilot Tax, der auf steuerrechtliches Fachwissen trainiert ist und die Recherchearbeit erheblich erleichtern soll.

Doch auch hier gibt es ein Aber: Trotz der Genauigkeit, mit der diese KI-Modelle arbeiten, bleibt beim Einsatz von KI stets eine gewisse Unsicherheit präsent. Dies liegt daran, dass KI-Modelle stochastisch arbeiten und kreative Ausführungen der KI nicht vollständig auszuschließen sind. Die bloße Angabe von Quellen innerhalb einer KI-generierten Antwort bedeutet nicht, dass die Antwort zwingend richtig ist. Es gibt derzeit (noch) keine KI, die fehlerlos arbeitet.

Integration von generativer KI in bestehende Systeme: Der MS 365 CoPilot

Dennoch sind diese spezialisierten Anwendungen bereits vielversprechend. Die wahre Effizienzsteigerung für Kanzleien liegt allerdings in der Integration generativer KI in die täglich genutzte Software von Steuerkanzleien. Microsoft 365 CoPilot und ähnliche Initiativen zeigen, wie KI die Arbeit in Kanzleien unterstützen kann, von der automatisierten Beantwortung von Mandanten-E-Mails bis hin zur Erstellung von Dokumenten. Diese Integrationen sind noch in den Kinderschuhen, aber sie bieten einen spannenden Ausblick auf das Potenzial dieser Technologien.

Beispiele für diese Integrationen sind KI-generierte Antworten auf Mandantenmails, die Zusammenfassung von Mitarbeitermeetings und die automatisierte Erstellung von PowerPoint-Präsentationen. Auch hier gibt es jedoch zahlreiche Kinderkrankheiten und weiterhin Halluzinationen. Dennoch besteht ein hohes Potenzial zur Effizienzsteigerung in Kanzleien, wenn sich Microsoft CoPilot und ähnliche Systeme weiter verbessern.

Ausblick: Was kommt als Nächstes?

Es bleibt abzuwarten, wie Systemanbieter wie DATEV auf diese Entwicklungen reagieren werden. Da in diesen Systemen die meisten Kanzleiprozesse abgebildet werden, sind hier die Automatisierungspotenziale für generative KI am höchsten. Es ist davon auszugehen, dass sich die Technologie weiterentwickelt und damit die Anwendungsfelder verbessern, beispielsweise durch präzisere Antworten von Verlagslösungen.

Fazit

Generative KI bietet schon heute zahlreiche Hilfestellungen, insbesondere im administrativen Bereich. Dennoch darf man sich nicht vom Hype blenden lassen und muss verstehen, dass sich diese Technologie noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet. Da sie jedoch disruptiven Charakter hat, empfiehlt es sich, dass jede Kanzlei sich mit dem Thema befasst, die Limitationen kennt und die Entwicklungen am Markt im Auge behält.


Über den Autor

Als Geschäftsführer der Digital Durchblick GmbH widmet sich Ole Thalmann der Entwicklung von KI-Softwarelösungen für den Steuerberatungssektor. Zusätzlich klärt er Steuerberater und deren Mitarbeiter über moderne KI-Tools wie ChatGPT auf.