Handwerksfehler, große Zweifel und ein chancenloses Gesetz
Energie und Nachhaltigkeit. Grundsteuer. Wirtschaft und Soziales. In diese drei Themenkomplexe lassen sich die wichtigsten Veränderungen dieses Steuerjahres einordnen. Doch viel mehr als das, was 2023 kam, gilt es darauf zu warten, was 2024 noch kommen wird. Bühne frei für das Wachstumschancengesetz.
Energie und Nachhaltigkeit: Steuerliche Handwerksfehler
Das Jahr 2022 endete mit der Sorge über einen kalten Winter: Aufgrund des russischen Angriffskriegs war es im politischen Interesse, die Energieversorgung zu sichern und Gaspreise zu deckeln. Die Dezemberhilfe war geboren: Der Staat übernahm Gaskosten für den Dezember 2022 und unterstützte auch bei Fernwärme. Zunächst war geplant, dass diese Hilfe steuerpflichtig ist, entgegen des gängigen Zufluss-Abfluss-Prinzips aber erst 2023. Der Verwaltungsaufwand dahinter wäre riesig und die Praxistauglichkeit fraglich gewesen, denn: Woher wüsste der Staat, wer zum Beispiel wie in einer Mietwohnung heizt und entlastet wurde?
Das Wachstumschancengesetz sollte diesen Handwerksfehler ausbügeln — dazu später mehr.
Eine Notwendigkeit, gerade hinsichtlich der Energiewende, waren die Gesetzesänderungen für kleinere Photovoltaikanlagen, wie sie etwa auf Einfamilienhäusern vorkommen. Die Einkommensteuer entfiel ab 2022, die Umsatzsteuer wird ab 2023 auf null gesetzt. Das macht Leben und Steuererklärung für viele leichter, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel zu tun ist. Wenn Fördertöpfe wie dem für „Solarstrom bei Elektroautos” innerhalb eines Tages ausgeschöpft sind, kann man die übergeordnete Strategie des Maßnahmenkatalogs hinterfragen.
Grundsteuer: Es hätte alles so viel einfacher sein können
Nach erteilter Verlängerung zog sich der Abgabe-Endspurt für die Grundsteuererklärungen bis in den Januar 2023. In Bayern, nach nochmaliger Fristverlängerung, sogar bis Ende April. Was von der Grundsteuerreform bleibt, ist ein Spiegelbild der defizitären Digitalisierung Deutschlands in den vergangenen Dekaden. Dieser Verwaltungsaufwand bei Bürger:innen, Steuerberater:innen und Behörden wäre so nicht nötig gewesen, da dem Staat eigentlich alle notwendigen Daten vorlagen – nur eben nicht gebündelt.
Auch die unterschiedlichen Modelle der Reform je nach Bundesland legen nahe: So richtig zufrieden kann wohl niemand mit dieser Reform sein, mit der Durchführung aber noch weniger. Dass nun das Finanzgericht Rheinland-Pfalz an der Verfassungsmäßigkeit zweifelt, illustriert das leider nur zu deutlich.
Das Wachstumschancengesetz war 2023 chancenlos
Eigentlich wäre noch das Wachstumschancengesetz zu erwähnen. Zumindest standen die Zeichen lange gut, dass es Ende 2023 kommt. Vieles war vorgesehen: Unterschiedlichste Freigrenzen sollten angepasst werden, von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bis hin zu Geschenken. Die Option zur Körperschaftsbesteuerung war genauso geplant wie die Befreiung von Kleinunternehmern von der Umsatzsteuererklärung. Und auch die eingangs erwähnten Dezemberhilfen sollten im Zuge des Wachstumschancengesetzes steuerfrei gestellt werden.
Allerdings wird es 2023 nicht mehr kommen. Nachdem das Gesetz Ende November in den Vermittlungsausschuss des Bundesrats geschoben wurde und nach dem Karlsruher Urteil ein Milliardenloch im Haushalt entstanden ist, zeichnet sich bis zum Jahresende keine Lösung mehr ab. Als Notlösung wurden nun Teile des Wachstumschancengesetzes, unter anderem die Steuerbefreiung der Dezemberhilfe, im Kreditzweitmarktförderungsgesetz ergänzt, das vor Weihnachten doch noch Bundestag und Bundesrat passieren konnte.
Wie das Wachstumschancengesetzes 2024 umgesetzt werden wird, lässt sich bisher nur erahnen. Gelänge es, die politisch gewollten Investitionen anzuregen und gleichzeitig die Steuerbürokratie zu entschlacken, wäre das ein Meisterstück. Zwar weckt 2023 dafür wenig Zuversicht, doch es sind die falschen Zeiten, um die Hoffnung zu verlieren.
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