Wert der Steuerkanzlei

Auch wenn Sie Ihre Kanzlei in absehbarer Zeit nicht verkaufen wollen, können Sie sich im Folgenden Anregungen für die Entwicklung Ihrer Kanzlei und deren Wert holen.

Eine komplette Bewertungsanleitung für Kanzleien kann dieser Beitrag zwar nicht liefern. Sie erhalten aber einen guten Überblick über die Faktoren, die Sie bei der Bewertung einer Kanzlei einbeziehen sollten.

Honorardurchschnitt der letzten 3 Jahre x 0,8 bis 1,2 = Kaufpreis

So sieht in etwa die gängige Formel für die Bewertung einer Steuerberatungskanzlei aus. Auch wenn die meisten von uns im Studium oder der Fortbildung gelernt haben, dass Unternehmensbewertung eigentlich ganz anders aussieht.

Wenn Sie einen Mandanten beim Kauf eines Unternehmens beraten, legen Sie sicher Wert auf eine der Größe des Unternehmens angemessene Due Diligence. Und dann wenden Sie wahrscheinlich ein Ertragswertverfahren an. Zum Beispiel:

EBITDA x 8 bis 12 = Kaufpreis

Egal, ob Sie die professionelle Unternehmensbewertung oder die Faustformel nutzen. Das Ergebnis ist immer abhängig davon, welchen Faktor Sie auf die Ausgangsgröße anwenden. Und damit sind wir beim Kern der Sache: Was beeinflusst die Höhe des Faktors? Eindeutig die Bewertung der einzelnen "Assets" der Kanzlei. Wir geben hier einen Überblick, welche Bereiche der Kanzlei zur Due Dilligence zählen und wie diese Bereiche aussehen sollten, damit eine Kanzlei einen möglichst hohe Wert hat.

Honorar: Auf die Details kommt es an

Hier geht es nur auf den ersten Blick um die Gesamthöhe. Entscheidend ist vielmehr zunächst die Zusammensetzung nach Auftragsarten.

Die Entwicklung der Honorare in der Zukunft ist kein Geheimnis mehr: Die Umsätze für Fibu werden in der Zukunft sicher nicht steigen; die Beratungsumsätze sollen das auf Dauer auffangen. Viele Kanzleien stehen hier noch am Anfang. Meist sind die ausgewiesenen Beratungsumsätze unter 10 % des Gesamthonorars. Hat die Kanzlei zusätzlich einen Fibu-Anteil über 30 %, fällt der Kaufpreisfaktor auf jeden Fall unter 1,0.

Ein weiteres Kriterium ist, wer in der Kanzlei die Umsätze erzielt. Was "hängt" am Chef oder an bestimmten Mitarbeitern? Und es geht um die Mandantenzusammensetzung – dazu später mehr.

Gewinn: Quote ist nicht alles

Hier geht es zum einen um die Gewinnquote vom Umsatz. Ein Wert von unter 40 % führt hier zur Abwertung.

Zum anderen geht es um die absolute Höhe des Gewinns. Der Käufer muss davon schließlich nicht nur seinen Lebensunterhalt bestreiten, sondern in der Regel auch den Kapitaldienst und seine Altersvorsorge erwirtschaften. Hat die Kanzlei einen Gewinn pro Partner von unter 180.000 EUR vor Steuern, wird das schwierig.

Mandantenstamm

Die Mandantenliste ist der Dreh- und Angelpunkt der Bewertung. Sie sollte folgende Merkmale der einzelnen Mandate aufzeigen:

  • Umsatz,
  • Gesellschaftsform,
  • Branche,
  • Honorar pro Auftragsart p.a. (insbesondere Beratungsumsatz),
  • Gesamthonorar p.a.,
  • Digitalisierungsgrad,
  • Alter,
  • Seit wann betreut – Punkt Neumandatsgewinnung!
  • Nachfolge klar?

Die Kennzahl "Honorar p. a." ist besonders interessant. Es macht einen deutlichen Unterschied, ob die Kanzlei ihren Umsatz von zum Beispiel 450.000 EUR mit 150 Mandaten á 3.000 EUR Jahreshonorar oder mit 100 Mandaten á 4.500 EUR Jahreshonorar erzielt – bei dieser Berechnung bleiben die reinen privaten Einkommensteuermandate eher unberücksichtigt.

Diese sind meist am wenigsten werthaltig. Hier ist grundsätzlich zu einer Anwendung eines Faktors von 0,5 zu raten. Ab einem Alter von 70 Jahren sinkt dieser Wert kontinuierlich. Ausnahmen bestätigen hier wie immer die Regel. An dieser Stelle können Sie gar nicht tief genug in die Bewertung einsteigen.

Der Digitalisierungsgrad der Mandanten lässt sich indirekt an der Zusammenarbeit in Buchführung und Co. mit der Kanzlei ablesen.

Mitarbeiterstamm

Die Bewertung ist beim Mitarbeiterstamm besonders schwierig. Es gibt nur wenige "Hardfacts" wie Alter, Berufserfahrung, Kanzleizugehörigkeit und Gehalt. Diese Zahlen sind nur wenig aussagekräftig. Die Kennzahl Mitarbeiterkosten/Honorar sagt nur in der Kombination mit der Arbeitszeit des Chefs im operativen Bereich wirklich etwas aus. Die fachliche und digitale Qualifikation sowie die Soft Skills wie Kommunikation, Arbeitseinstellung und Selbstorganisation bis hin zur Motivation sind nur schwer von außen zu beurteilen.

Hier ist der Käufer auf die Aussagen des Verkäufers angewiesen. Die Erfahrung zeigt, dass mit einem neuen Chef zwangsläufig viele Veränderungen eintreten. Er wird anders führen und in verschiedenen Bereichen der Kanzlei andere Schwerpunkte setzen und gewohnte hinterfragen und ändern wollen. Und erst im Rahmen dieser Veränderungen wird der Käufer seine neuen Mitarbeiter gut kennenlernen.

Rolle des Inhabers

Jeder Steuerberater wünscht sich, dass die Kanzlei "in seinem Sinne" fortgeführt wird. Schließlich hat er ja damit für sich gute Erfahrungen gemacht. Das Besondere einer Freiberuflerpraxis ist der "persönliche Stempel" des Inhabers/der Inhaberin.

Fibu, Bilanz, Beratung und Co. kann prinzipiell jeder Steuerberater. Das Unterscheidungsmerkmal ist das "Wie" – und das hängt zwingend von der Persönlichkeit des Chefs oder der Chefin ab. Spannend ist wie sehr der Inhaber im operativen Geschäft eingebunden ist. Diese Information ist von außen ebenfalls schwer einzusehen.

Grundsätzlich stellt sich hier die Frage, wie gut eine Kanzlei auch unabhängig den ehemaligen Chef laufen kann. Dies gilt es in den Verkaufsgesprächen durch Fragen herauszufinden. Fragen Sie beispielsweise nach dem letzten Urlaub: Wie lange? Wo? Handy an oder aus? Vertretung?

Außenauftritt

Hier kann sich der Käufer schon vor den ersten Verhandlungen im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild machen. Dreh- und Angelpunkt ist beim Außenauftritt die Website der Kanzlei.

  • Wenn es sie gar nicht gibt, könnte das schon ein K.O.-Kriterium sein.
  • Wenn sie "vernachlässigt" wirkt – also vom Design her alt ist oder im aktuellen Bereich nicht gepflegt wurde, ist das sicherlich kein gutes Zeichen.

Gibt es die Kanzlei auf Facebook, Xing, LinkedIn und Co.? Gibt es Bewertungen auf Google und Co.?

Auch wenn es in unserem Beruf natürlich um die Qualität der Dienstleistungen geht – Website und Co. sind das Schaufenster für Mandanten und immer wichtiger, auch für die Personalstrategie der Kanzlei.

Digitalisierungsgrad und Prozessmanagement

Last but not least: Ohne Digitalisierung und Automatisierung läuft in unseren Kanzleien nichts mehr. Hat die Kanzlei hier einen "Investitionsstau", mindert sich ihr Wert deutlich.

Der Käufer wird hier besonders genau hinsehen. Welche "Features" der Kanzleisoftware werden bereits genutzt? Welche Mitarbeiter arbeiten aktiv damit? Teilweise gibt es bei den Softwarehäusern entsprechende Auswertungen bzw. "Siege", die hier einen ersten Eindruck geben.

Die Digitalisierung hängt entscheidend mit den in der Kanzlei definierten und dokumentierten Prozessen zusammen. Nicht zuletzt der neue Chef muss wissen, was er von seinen Mitarbeitern an dieser Stelle erwarten kann.