Stop-the-Clock: Anwendung von Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten wird verschoben

Der sogenannte „Stop-the-Clock“-Vorschlag wurde mit einer großen Mehrheit von 531 Ja-Stimmen zu 69 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen vom Europäischen Parlament angenommen.
Verschiebung der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen
Die Anwendung der CSRD wird damit für die zweite und dritte Welle der betroffenen Unternehmen um zwei Jahre verschoben. Das bedeutet:
- Große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern müssen erstmals im Jahr 2028 für das vorangegangene Geschäftsjahr über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit berichten.
- Börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen müssen ihren Nachhaltigkeitsbericht erst 2029 für das vorangegangene Geschäftsjahr vorlegen.
Für Unternehmen der „ersten Welle“, die im Jahr 2025 über das Geschäftsjahr 2024 berichten müssen, ändert sich nichts.
Sorgfaltspflichten in der Lieferkette: Verschiebung um ein Jahr
Auch die europäische Richtlinie über die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (CSDDD) wird sich verzögern. Die Mitgliedsstaaten erhalten ein weiteres Jahr Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, also bis zum 26. Juli 2027.
Damit hat die „erste Welle“ der Unternehmen, die unter das Gesetz fallen, ein Jahr mehr Zeit:
- EU-Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro (sowie Nicht-EU-Unternehmen mit entsprechendem Umsatz in der EU) müssen die Regelungen erst ab 2028 anwenden.
- Für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz in der EU von mehr als 900 Millionen Euro bleibt es bei der Anwendung ab 2028.

„Stop-the-clock“ als Teil des Omnibus-Pakets
Das Parlament hatte am Dienstag beschlossen, für den Vorschlag das Dringlichkeitsverfahren anzuwenden. Nun muss noch der Rat formell zustimmen, damit das Gesetz in Kraft treten kann. Dies dürfte eine reine Formsache sein, da der Rat bereits am 26. März seine Position zum „Stop-the-Clock“-Mechanismus festgelegt hat.
Die Verschiebung der Anwendung der Regeln zur Sorgfaltspflicht und zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ein Teil des Omnibus-Pakets. Dieses wurde am 26. Februar von der Europäischen Kommission vorgestellt und zielt auf eine Vereinfachung der Nachhaltigkeitsanforderungen ab. Neben der Verschiebung des Inkrafttretens der Pflichten enthält das Paket weitere weitreichende Änderungen. Dazu gehört die Anhebung der Schwellenwerte bei der CSRD auf 1.000 Mitarbeiter und entweder einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro - damit wären die meisten kleinen und mittleren Unternehmen von den Pflichten befreit. Wie weit die Änderungen an den Nachhaltigkeitsvorschriften letztendlich gehen werden, ist noch offen.
Internationale Stimmen zur Verschiebung
Andreas Rasche von der Copenhagen Business School betont, dass der Vorschlag auch ohne die rechtsextremen Parteien angenommen worden wäre. Er hatte zuvor davor gewarnt, auf Änderungsvorschläge der rechtsextremen Fraktion „Patrioten für Europa“ einzugehen, wenn eine Verabschiedung des Gesetzes nur mit deren Zustimmung möglich sei. Ein Änderungsantrag, der die Richtlinien komplett abschaffen wollte, wurde abgelehnt - eine Entscheidung, die von vielen Abgeordneten begrüßt wurde, wie der britische Nachhaltigkeitsberater Richard Howitt betonte.
Alberto Alemanno, Rechtsprofessor an der HEC Paris, bezeichnete die Abstimmung als „Pyrrhussieg“ für die Rechtssicherheit in Europa. Die weitere Ausgestaltung werde von der EU-Kommission bestimmt, während die Mitgliedsstaaten außen vor blieben. Der Umweltanwalt Marcelo F. Dias kommentierte, dass die breite politische Unterstützung eine pragmatische Entscheidungsfindung widerspiegele. Es sei jedoch „entscheidend, dass eine Verzögerung nicht die langfristigen regulatorischen Ambitionen Europas gefährdet“, so Dias.
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