Zwischen zwei Welten: ESG-Backlash in den USA

Der umfassende politische Kurswechsel, den die Trump-Administration seit ihrem Amtsantritt im Januar verfolgt, ist tiefgreifend, deregulierend und hat erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Durch die Konsequenzen auf globale Unternehmen und Lieferketten sind auch deutsche Unternehmen mit der Frage konfrontiert, in welcher Form das Nachhaltigkeitsmanagement künftig in den USA bestehen kann und wird.

Die politische Lage in den USA

Demonstrativ und medienwirksam zeigt die Trump-Administration ihre Einstellung zur Nachhaltigkeit. Anfang März 2025 wurden in einer Rede vor der UN-Generalversammlung die Agenda 2030 sowie die Sustainable Development Goals öffentlich angeprangert und eine zukünftige Unterstützung beider abgesprochen. In der gleichen Woche ist zudem der Rückzug aus der Leitung des UN-Klimaschadensfonds bekannt gegeben worden (vgl. ESG Dive).

Für Unternehmen mit US-Standorten in mehreren Bundesstaaten stellt die zunehmende Polarisierung des Nachhaltigkeitsthemas schon länger eine Herausforderung dar. Denn die politischen Rahmenbedingungen und Grundeinstellungen zu Nachhaltigkeit und ESG waren schon immer durch unterschiedliche Regelungen auf Ebene der Bundesstaaten stark fragmentiert und in ihrer Ausgestaltung von der regierenden Partei bedingt. Staaten wie Kalifornien, New York oder Minnesota haben in den letzten Jahren mehr Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen gelegt und entsprechende ESG-Gesetze auf den Weg gebracht. Ermöglicht wird dies durch Anträge bei der EPA auf Ausnahmeregelung, nach deren Bewilligung lokal strengere Standards und Vorschriften geltend gemacht werden können (vgl. Holland & Knight).

Vor allem in republikanisch geführten Staaten wie Florida oder Texas kann man hingegen die Folgen des immer stärker werdenden Anti-ESG Trends beobachten (vgl. Pleiades Strategy). Wirtschaftliche und politische Akteure sprechen sich für umfassende Lockerungen, bis hin zum Verbot von Klimaschutzauflagen aus – dies passiert aber auch zunehmend in demokratisch geführten Staaten. Es wird sich zeigen, wie groß der tatsächliche Druck der Trump Administration auf bestehende und geplante progressive Nachhaltigkeitsambitionen einzelner Bundesstaaten werden wird, und ob erfolgreich gegen neue Richtlinien und Verbote vorgegangen werden kann.

Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsmanagement deutscher Unternehmen

Deutsche Unternehmen mit US-Standorten stehen künftig vor der Herausforderung, diversifizierte Nachhaltigkeitsstrategien zu verfolgen und unterschiedliche Nachhaltigkeitsansätze und -anforderungen auszubalancieren. Das Zurückrudern bei ESG durch die US-Administration mag dazu verleiten, die Nachhaltigkeitsambitionen von Vertriebs- oder Produktionsstandorten in den USA zu reduzieren oder gar einzustellen, dem aktuellen Trend vieler amerikanischer Unternehmen folgend. Auf den ersten Blick zeichnet sich ein Risiko kurzfristiger Wettbewerbsnachteile für die Unternehmen ab, die weiterhin globale Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen und andernorts bestehenden ESG-Anforderungen gerecht werden müssen. Dennoch gibt es zahlreiche Gründe, sich auch in den USA gegen eine Abkehr von nachhaltigem Wirtschaften zu entscheiden. Deutsche und europäische Unternehmen sollen und müssen auch in der Zukunft Kapazitäten für das Nachhaltigkeitsmanagement vor Ort bereitstellen.

Vor allem in Europa bleibt der regulatorische Druck für Nachhaltigkeit hoch. Unternehmen, die unter die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fallen, sind zur Offenlegung zahlreicher Nachhaltigkeitsaspekte verpflichtet. So müssen auch Informationen über globale Standorte und Tochterunternehmen offengelegt werden. Dies verdeutlicht das Mindestlevel an Ressourcen, das nach wie vor an allen US-Standorten für ESG zur Verfügung stehen muss, um den Anforderungen der Berichtspflichten nachzukommen.

Anforderungen europäisches Nachhaltigkeitsmanagement

Es geht nicht um Berichte, sondern um eine Klima- und Resilienzstrategie

Infolge der im Green New Deal gefassten Nachhaltigkeitsambitionen der EU wird eine Klimaneutralität bis 2050 gefordert, daher ist eine langfristige und ambitionierte Klimastrategie des gesamten Unternehmens notwendig. Das Verständnis, dass es nicht um Berichte, sondern um eine Klima- und Resilienzstrategie für das Unternehmen geht, ist essenziell für verantwortungsbewusstes Unternehmertum. Die in der CSRD integrierten Maßnahmen wie das Erstellen eines Übergangsplanes für den Klimaschutz oder das Durchführen einer Klimarisikoanalyse garantieren die Basis für den Aufbau von umfassend nachhaltigen Strategien und Zielen. Damit gehen eine Analyse und Verbesserung der Resilienz des eigenen Unternehmens einher, zur Absicherung der mittel- und langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Zudem erwartet eine Vielzahl von Stakeholdern von Unternehmen, dass sie in der Lage sind, weltweit nachhaltigkeitsbezogene Informationen erheben und liefern zu können. Der Entfall regulatorischer Förderung von ESG und Klimaschutzmaßnahmen in den USA erfordert mehr Eigeninitiative, um europäische Compliance-Standards zu wahren und strategische Ressourcen geschickt zu verteilen. Auch wenn ESG-Themen im lokalen US-Markt weniger Gewicht haben oder höhere Kosten verursachen, bleibt ihre Bedeutung für global agierende Unternehmen bestehen.