Dr. Josef Baumüller, Astrid Leben
2.3.1 ESRS S1-5 – Ziele im Zusammenhang mit der Bewältigung wesentlicher negativer Auswirkungen, der Förderung positiver Auswirkungen und dem Umgang mit wesentlichen Risiken und Chancen
Rz. 62
Die Angabepflichten des ESRS S1-5 fordern, ein Verständnis darüber zu schaffen, inwieweit berichtspflichtige Unternehmen terminierte und ergebnisorientierte Ziele nutzen, um Fortschritte bei der Bewältigung wesentlicher negativer Auswirkungen bzw. Erzielung wesentlicher positiver Auswirkungen sowie bei der Steuerung wesentlicher Risiken und Chancen im Zusammenhang mit den Arbeitskräften des Unternehmens zu erzielen (ESRS S1.45). Dementsprechend müssen diese Unternehmen ihre terminierten (kurz-, mittel- oder langfristig, ESRS S1.AR51) und ergebnisorientierten Ziele darstellen, die gesetzt wurden im Hinblick auf:
- die Reduktion von negativen Auswirkungen auf die Arbeitskräfte des Unternehmens,
- die Erzielung positiver Auswirkungen auf die Arbeitskräfte des Unternehmens,
- die Steuerung wesentlicher Risiken und Chancen in Bezug auf die Arbeitskräfte des Unternehmens (ESRS S1.44).
Diese zusammenfassende Beschreibung der Ziele für das Management enthält die in ESRS 2 MDR-T festgelegten Informationsanforderungen (ESRS S1.46) und kann enthalten:
- die angestrebten Ergebnisse, die für eine bestimmte Zahl von Personen unter den Arbeitskräften des Unternehmens erzielt werden sollen,
- um eine Vergleichbarkeit im Zeitverlauf zu ermöglichen, die langfristige Stabilität der Ziele in Bezug auf Definitionen und Methoden,
- die Standards und Verpflichtungen, auf denen die Ziele beruhen (ESRS S1.AR49).
Die Ziele in Bezug auf Auswirkungen können, müssen aber nicht, dieselben sein wie für Risiken und Chancen zu einem Nachhaltigkeitsaspekt: "So könnte beispielsweise ein Ziel sein, eine angemessene Entlohnung für Fremdarbeitskräfte zu erreichen, sowohl die Auswirkungen auf diese Personen als auch die damit verbundenen unternehmerischen Risiken in Bezug auf die Qualität und Zuverlässigkeit ihrer Produktion zu verringern" (ESRS S1.AR50). Bei Änderung oder Ersetzung eines Ziels im Berichtszeitraum kann das Unternehmen dies durch Querverweise auf die Änderung des Geschäftsmodells oder auf umfassende Änderungen des akzeptierten Standards oder der Rechtsvorschrift, von dem bzw. der das Ziel abgeleitet wurde, tun, um Hintergrundinformationen gem. ESRS 2 BP-2 "Angaben im Zusammenhang mit spezifischen Umständen" bereitzustellen (ESRS S1.AR52). Jedenfalls lässt sich aus ESRS S1-5 keine Verpflichtung dazu ableiten, solche Ziele zu formulieren.
Rz. 63
Bei der erforderlichen Definition von Zielen ist Bedacht auf Klarheit, Messbarkeit und Referenz zu weiteren internationalen Standards bzw. Frameworks zu nehmen. Dabei ist u. E. zu berücksichtigen: Ziele sind dann terminiert, wenn sie unter präziser Fortschrittsmessung i. R. e. definierten Zeitraums (kurz-, mittel-, langfristig) erreicht werden; ergebnisorientierte Ziele sind demgegenüber durch das Erreichen eines spezifischen Ergebnisses unter Berücksichtigung der Entwicklung von Maßnahmen und Konzepte zur Zielerreichung charakterisiert.
Wie das folgende Praxis-Beispiel im Einklang mit den Konzernzielen erläutert, ist eine (angemessene) Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in den Anreizsystemen der Vorstandsvergütung als entscheidender Steuerungshebel für die Zielerreichung empfehlenswert (siehe zu den damit verbundenen Berichtspflichten Rz 149 ff. und § 4 Rz 62 ff.).
Rz. 64
Die Angabepflichten in ESRS S1-5 werden nur in knapper Form weiter konkretisiert. So wird zunächst gefordert, dass die Vorgaben des ESRS 2 MDR-T ("Nachverfolgung der Wirksamkeit von Konzepten und Maßnahmen durch Zielvorgaben") zu beachten sind (ESRS S1.46; § 4 Rz 140 ff.). Darüber hinaus wird gefordert, den Prozess der Festlegung von Zielen darzustellen. Dabei ist darauf einzugehen, ob bzw. in welcher Weise eine Einbeziehung der Arbeitskräfte des Unternehmens bzw. der Arbeitnehmervertreter erfolgt in der Festlegung von Zielen, in der Überwachung der Unternehmensleistung im Lichte dieser Ziele sowie in der Ableitung von Erkenntnissen aus dem Soll-Ist-Vergleich (ESRS S1.47). Die Anwendungsanforderungen enthalten darüber hinaus eine Vielzahl an Vorschlägen für eine erweiterte Berichterstattung.
Rz. 65
Anlage A.4 zu ESRS S1 enthält eine exemplarische Aufstellung von Zielen, die i. R. d. Angabepflichten von ESRS S1-5 dargestellt werden können.
Soziale und menschenrechtliche Belange |
Beispiele für Ziele |
Sichere Beschäftigung |
Erhöhung des Anteils der Arbeitskräfte mit Arbeitsverträgen (insbes. unbefristeten Verträgen) und soziale Absicherung |
Arbeitszeit |
Erhöhung des Anteils der Arbeitskräfte mit flexiblen Arbeitszeitregelungen |
Angemessene Entlohnung |
Sicherstellen, dass alle eigenen Arbeitskräfte eine angemessene Entlohnung erhalten |
Sozialer Dialog/Existenz von Betriebsräten/Rechte der Arbeitnehmer auf Information, Anhörung und Beteiligung |
Ausweitung des sozialen Dialogs auf weitere Betriebe und/oder Länder |
Vereinigungsfreiheit/Tarifverhandlungen einschl. der Quote der durch Tarifverträge abgedeckten Arbeitskräfte |
Erhöhung des Anteils der tarifvertraglich abgedeckten Arbeitskräfte des Unternehmens, Ausha... |