Dr. Josef Baumüller, Astrid Leben
Rz. 111
Die Angabepflichten gem. ESRS S1-11 sollen einen Überblick darüber geben, ob die Arbeitnehmer des Unternehmens gegen Verdienstausfälle aufgrund "schwerwiegender Lebensereignisse" (ESRS S1.AR75) abgesichert sind und, falls nicht, in welchen Ländern dies nicht der Fall ist (ESRS S1.72 f.):
Rz. 112
"Soziale Absicherung" wird definiert als eine Reihe von Maßnahmen, die darauf zielen, Armut und Schutzbedürftigkeit während des gesamten Lebenszyklus zu verringern und zu verhindern. Außerdem fallen unter diesen Begriff all jene Maßnahmen, die den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Einkommensunterstützung bei schwierigen Lebensereignissen wie dem Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit und dem Bedarf an medizinischer Versorgung, der Geburt und Erziehung eines Kindes oder dem Ruhestand und der Notwendigkeit einer Pension ermöglichen (ESRS S1.AR75).
Rz. 113
Gem. der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) stellt soziale Sicherheit ein Menschenrecht dar (ESRS S1.BC140). Dabei werden neun spezifische Zweige definiert – medizinische Versorgung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter, Arbeitsunfall, Familie, Mutterschaft, Invalidität und Hinterbliebenenleistungen –, wovon jedoch lediglich fünf für die Offenlegungserfordernisse gem. ESRS S1-11 berücksichtigt werden. Die Berichterstattung basiert zwar partiell auf GRI 401-2, sie konzentriert sich jedoch vorrangig auf eine grundlegende soziale Absicherung der "Arbeitskräfte im Unternehmen" (Arbeitnehmer und mit Einschränkungen auch Fremdarbeitskräfte; ESRS S1.BC142).
Rz. 114
Das Recht auf soziale Sicherheit ist in weiteren wichtigen Menschenrechtsinstrumenten enthalten:
- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (Art. 22),
- EU-Charta der Grundrechte (Art. 34),
- Europäische Sozialcharta (überarbeitet, Art. 12–14; ESRS S1.BC140),
- soziale Sicherheit ist ebenso im Prinzip 12 der EPSR verankert (ESRS S1.BC141).
Es ist im Hinblick auf die länderspezifischen Regelungen allerdings davon auszugehen, dass sich die soziale Absicherung von Land zu Land sowie damit zusammenhängend von Unternehmen zu Unternehmen unterscheidet. Der Begriff "soziale Absicherung" unterliegt folglich einem international uneinheitlichen Verständnis.
Rz. 115
In Deutschland umfasst die Sozialversicherung fünf gesetzliche Segmente: Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. In Österreich ist die Sozialversicherung wie folgt gegliedert: Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung; i. w. S. wird auch die Arbeitslosenversicherung hinzu gezählt. Über die Sozialversicherung hinaus stellen u. a. Universelle Leistungen, Bedarfsorientierte Leistungen, Sozialschutz für Beamte, Sozialentschädigung, Arbeitsrechtlicher Schutz, Betriebliche Formen der Altersvorsorge und Soziale Dienste weitere Elemente des Sozialschutzsystems dar.
Rz. 116
Die beiden folgenden Beispiele veranschaulichen, wie Unternehmen schon bisher über den Nachhaltigkeitsaspekt der sozialen Absicherung berichten. Dies umfasst sowohl quantitative wie qualitative Angaben. Besonderes Augenmerk wird auch auf Angaben zu Leistungen gelegt, die über den gesetzlich festgelegten Minimum-Sozialschutz hinausgehen und hier zu einer Besserstellung der umfassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen. Dies ist i. S. d. Gebots, auch über wesentliche positive Auswirkungen zu berichten, ebenso Bestandteil der Angabepflichten gem. ESRS S1-11.
Praxis-Beispiel EVN
„Betriebliche Zusatzleistungen
In vielen Unternehmen unserer Gruppe stehen den Mitarbeiter*innen unabhängig von Alter, Geschlecht und Beschäftigungsausmaß zusätzliche freiwillige betriebliche Leistungen zur Verfügung:
Krankenzusatzversicherung
Sowohl in Österreich als auch in Bulgarien bieten wir unseren Mitarbeiter*innen als freiwillige Sozialleistung die Möglichkeit zum begünstigten Abschluss einer Krankenzusatzversicherung. Entsprechende Rahmenverträge mit ausgewählten Versicherungsunternehmen in den jeweiligen Ländern sollen für alle teilnehmenden Mitarbeiter*innen eine optimale ärztliche Betreuung sicherstellen.
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Altersvorsorge
Alle Mitarbeiter*innen der EVN haben Anspruc...