Dr. Josef Baumüller, Prof. Dr. Kerstin Lopatta
Rz. 162
ESRS 1 erlaubt den Einsatz von Verweisen bzw. ermutigt zu diesem sogar, um Redundanzen in der Berichterstattung zu vermeiden. Einzig die Lesbarkeit der gesamten Nachhaltigkeitserklärung darf nicht beeinträchtigt werden, indem diese etwa durch eine zu große Zahl an Verweisen fragmentiert wird (ESRS 1.122). Innerhalb der Nachhaltigkeitserklärung sind solche Verweise auch unproblematisch und an keine weiteren Vorgaben geknüpft (Rz 159). Sofern sich die Verweise jedoch auf andere Berichte beziehen sollten, besteht die Gefahr, dass abweichende regulatorische Rahmenbedingungen (etwa zur Intensität einer externen Prüfung bzw. zu abgedeckten Berichtsgrenzen) zu Konflikten mit den Anforderungen der qualitativen Merkmale gem. ESRS 1 führen. Daher wird in Kap. 9.1 von ESRS 1 (ESRS 1.119 ff.) genau definiert, auf welche anderen Berichte unter welchen Voraussetzungen verwiesen werden darf.
Verweise, wie sie im dargestellten Sinn von ESRS 1 gemeint sind, haben als Wesenseigenschaft, dass Inhalte aus der Nachhaltigkeitserklärung ausgespart werden, da sie in einem anderen Bericht angeführt sind (und bleiben sollen). Es ist aber unproblematisch und außerhalb des Rahmens der in ESRS 1, Kap. 9.1 dargestellten Vorgaben immer möglich, für weiterführende, z. B. vertiefende Informationen auf weitere Dokumente hinzuweisen, die einen bestimmten Aspekt vertiefen und z. B. online zur Verfügung gestellt werden. Solche Hinweise sind v.a. dort unumgänglich, wo die Informationen außerhalb der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht den qualitativen Merkmalen gem. ESRS entsprechen, z. B. weil sie nach den Maßstäben von ESRS 1 nicht wesentlich sind.
Rz. 163
An grds. Anforderungen an einen Verweis, der gem. ESRS 1 zulässig ist, sind folgende Punkte vorgesehen; diese sind kumulativ zu erfüllen (ESRS 1.120):
- Die Information, auf die sich der Verweis bezieht, kann im verwiesenen Bericht klar identifiziert werden. Weiterhin ist klar, welche Angabepflicht oder welcher Datenpunkt gem. ESRS mit dieser Information, auf die sich der Verweis bezieht, erfüllt wird – d. h., es ist in dem Dokument, auf das verwiesen wird, eine entsprechend klare Kennzeichnung erforderlich, die den Zusammenhang mit der Angabepflicht oder dem Datenpunkt gem. ESRS herstellt.
- Die Information (und damit faktisch der Bericht, in dem diese Information enthalten ist), muss vor oder spätestens zeitgleich mit der Nachhaltigkeitserklärung veröffentlicht werden.
- Die verwiesene Information (nicht allerdings der gesamte verwiesene Bericht) muss einer externen Prüfung unterzogen worden sein, die nach derselben Prüfungsintensität durchgeführt wurde, wie sie für die Nachhaltigkeitserklärung gefordert ist.
- Die verwiesene Information muss in derselben Sprache vorliegen, in der auch die Nachhaltigkeitserklärung verfasst wurde.
- Die verwiesene Information muss auf dieselbe technische Weise digitalisiert vorliegen, wie es Informationen in der Nachhaltigkeitserklärung müssen.
Ein Praxis-Beispiel für einen Verweis im dargestellten Sinn findet sich im Folgenden, der zusätzlich einen weiterführenden Hinweis auf ein vertiefendes "Fokuspapier", wie in Rz 162 dargestellt, enthält. Da das verwiesene "Fokuspapier" augenscheinlich nicht auch die Anforderungen an einen verweisbaren Bericht erfüllt, wäre noch gesondert zu prüfen, ob durch den gesetzten Hinweis eine Pflichtangabe gem. ESRS ausgelagert wurde. Der Verweis in ein anderes Kapitel der Nachhaltigkeitserklärung ist demgegenüber unproblematisch.
Praxis-Beispiel Lenzing
„Förderung des gesellschaftlichen Wohls
Eine Karte der Lenzing Gruppe mit ihren Standorten finden Sie im Kapitel ‚Standorte der Lenzing Gruppe’. Die Förderung des gesellschaftlichen Wohls ist ein Eckpfeiler der Nachhaltigkeitsstrategie ‚Naturally Positive’ und ist weit mehr als die bloße gesellschaftliche Akzeptanz der unternehmerischen Aktivitäten. Die Standorte haben Strukturen im Bereich Corporate Citizenship eingerichtet, um soziale und Umweltschutzprojekte sowie lokale Aktivitäten in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung zu unterstützen.
Im Berichtsjahr wurden für die einzelnen Standorte die für die Beziehungen zu den Gemeinschaften verantwortlichen Lenzing Mitarbeiter:innen bestimmt. Das soll nachfolgend zu einem besseren konzernweiten Networking und einem entsprechenden Austausch führen. Diese strukturiertere Methode ist für die kommenden Jahre geplant. Daneben ist auch die Erstellung von einer Bewertung der Auswirkungen und eines Umsetzungsplans geplant.
Weitere Informationen finden Sie im Fokuspapier ‚Community engagement’. Details zum Umgang von Lenzing mit Beschwerden finden Sie im Kapitel ‚Unternehmenspolitik’.”
Rz. 164
ESRS 1 spezifiziert in weiterer Folge, bei welchen Berichten, die auf EU-Regulatorik begründet sind, ein solcher Verweis jedenfalls möglich ist (ESRS 1.119):
- dem Einzel- bzw. Konzernabschluss,
- dem (Konzern-)Lagebericht (konkret: dessen weiteren Abschnitten neben der Nachhaltigkeitserklärung),
- dem Corporate-Governance-Bericht, sofern er ...